Nach Kritik der Grünen: SPD und FDP sehen Koalitionsverhandlungen im Zeitplan
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Eine Ampel vor der Kuppel des Reichstagsgebäudes leuchtet in einer Langzeitbelichtung in allen drei Phasen (Archivbild).
© Quelle: Christoph Soeder/dpa
Berlin. Die Ministerpräsidentin aus Rheinland-Pfalz will von Ärger bei den Koalitionsverhandlungen in Berlin eigentlich nichts hören. „Wir verhandeln in guter Atmosphäre. Und dass es ab und zu mal ruckelt, ist das Normalste von der Welt“, sagte die Sozialdemokratin am Freitagmorgen im ZDF.
Die SPD hat ein großes Interesse daran, dass möglichst wenig ruckelt und der ehrgeizige Zeitplan für den Weg zu einer Ampelkoalition eingehalten wird. Nur dann kann Olaf Scholz in der ersten Dezemberwoche im Bundestag zum Kanzler gewählt werden. Nur dann kann er als Regierungschef schon Mitte Dezember zum EU-Gipfel nach Brüssel reisen.
Dreyer, die zweimal erfolgreich eine Ampelkoalition auf Landesebene verhandelt hat und auch in den aktuellen Gesprächen in führender Position beteiligt ist, betonte zudem, die SPD sei zuversichtlich, dass es gelingen werde, Scholz wie anvisiert in der Nikolauswoche Anfang Dezember zum Kanzler zu wählen.
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Grüne stehen auf Bremse
Doch die Grünen stehen erst einmal auf der Bremse. Ihr Spitzenpersonal hat den Zeitplan infrage gestellt, weil es aus ihrer Sicht bisher nicht genug Fortschritt gibt. Der Zeitplan ist das einzige wirksame Druckmittel, das die Grünen haben, um die Themen voranzubringen, die ihnen wichtig sind – an erster Stelle die Klimapolitik.
Bei den Grünen gibt es inzwischen Gemurre, dass Scholz sich im Wahlkampf zwar als Klimakanzler habe plakatieren lassen, dass er dieses Versprechen in der Regierung aber nicht einlösen möchte.
Die Verhandlerinnen und Verhandler in den Arbeitsgruppen sind immer noch recht schweigsam. Doch wenn man das Puzzle zusammensetzt aus den Teilen, die dann doch hier und da rausgelassen werden, hakt es bei vielen Themen: Klima, Verkehr, Migration, Finanzen gehören zu den zentralen Streitpunkten. Bislang gibt es noch keine großen Themen, die tatsächlich geeint sind. Dabei sollten die Arbeitsgruppen schon am 10. November ihre Ergebnisse vorlegen. Noch sind die Papiere voll mit roter, grüner und gelber Schrift. Die unterschiedlichen Farben werden für die strittigen Punkte eingesetzt.
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Vor allem die Grünen stehen bei den Koalitionsverhandlungen mächtig unter Druck. Von Anfang an mussten sie sich den Vorwurf gefallen lassen, bei ihren Themen zu weiche Formulierungen im Sondierungspapier zugelassen zu haben, während SPD und FDP harte Punkte machen konnten.
Auch intern gibt es eben diese Kritik. Inzwischen haben sich acht Umweltverbände schriftlich zu Wort gemeldet und die Grünen gewarnt, das Klimaschutzgesetz mit seinen auf einzelne Jahre festgelegten Sektorenzielen aufzuweichen. „Eine Aufweichung des Gesetzes wäre ein katastrophaler Fehlstart“, schreiben die Umweltverbände.
Die Partei- und Fraktionsführung der Grünen räumt in einem Antwortschreiben ein: „An einigen Stellen lässt das Sondierungspapier es leider noch an der nötigen Klarheit fehlen.“ Zugleich bitten die Spitzen-Grünen die Umweltverbände, sie mögen Druck auf SPD und FDP ausüben.
FDP hält sich bedeckt
Die FDP hält sich mit Blick auf die Unmutsäußerungen der Grünen bedeckt. Man habe „keinen Zeitdruck“, heißt es aus den Reihen der Liberalen entspannt. Im Übrigen gelte: „Die machen ihre Öffentlichkeitsarbeit, wir machen unsere.“ Da könne sich jeder seinen Teil denken. Offizielle Stellungnahmen gibt es nicht.
Aus dem Verlauf der Gespräche lasse sich der grüne Unmut aber nicht herleiten, verlautet aus FDP-Verhandlungskreisen. Dort wird das Agieren von Parteichefin Annalena Baerbock und des Politischen Bundesgeschäftsführers Michael Kellner eher als Zeichen der Schwäche gedeutet – mit dem Ziel, Druck auf SPD und FDP auszuüben, um bereits getroffene Vereinbarungen wieder zurückzunehmen.
In der SPD wiederum ist das Bemühen groß, die Verhandlungen jetzt nicht zu erschweren, indem man hart auf die Kritik der Grünen reagieren würde. Die Leitlinie scheint zu sein: ruhig ein bisschen Verständnis haben, wenn jemand für die eigene Basis auch mal eine Botschaft setzen muss.
Während die Verhandlerinnen und Verhandler der Grünen zu den umstrittenen Details und den Diskussionsverläufen weitgehend schweigen, machen sie ihrem Unmut anders Luft: So setzte Konstantin von Notz, der für die Grünen die Arbeitsgruppe Innere Sicherheit leitet, am Donnerstag einen düsteren Tweet ab. Von Notz schreibt: „Stehen drei Leute am 15. April 1912 an Bord der Titanic auf ihrer Jungfernfahrt. Sagt der eine: ‚Wir sollten dem Eisberg ausweichen.‘ Antworten die anderen: ‚Was gibst du uns dafür?‘“