AKK verzichtet auf Großreform des Beschaffungsamts

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer.

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer.

Koblenz. Mehr Entscheidungskompetenzen für das Beschaffungsamt und weniger Personalwechsel in den Abteilungen – das sind die ersten Schritte, mit denen Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer die Materialbeschaffung der Bundeswehr beschleunigen will. Auf einer Personalversammlung kündigte sie außerdem eine Überprüfung des gesamten Beschaffungswegs an – damit dürften auch Abteilungen und Arbeitsweisen des Ministeriums in den Blick geraten.

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In der Bundeswehr wird seit Jahren beklagt, dass es zu lange dauert, bis Standardausrüstungsgegenstände wie Stiefel oder Schutzwesten bestellt werden. Bei Großprojekten wie Schiffen kommt es immer wieder zu zum Teil jahrelangen Verzögerungen. Bei der Sanierung des Segelschulschiffs „Gorch Fock" explodierten die Kosten, ohne dass sich dafür bisher ein Verantwortlicher finden ließe.

Sie werde „keine Großreform angehen, die jahrelang dauert“, sagte Kramp-Karrenbauer auf der nicht öffentlichen Versammlung laut Redetext. Dies würde vermutlich dazu führen, dass die Reform noch nicht abgeschlossen sei, bevor die nächste beginne. Es sei besser, viele kleine Schritte zu machen als „eine Reform um der Reform willen“.

Beschaffungsamt soll mehr eigenständige Entscheidungen treffen können

Kramp-Karrenbauer sagte, die Beschaffung müsse auch deswegen „schneller, einfacher und zielgenauer“ werden, damit die Bundeswehr nicht „jeden Tag zum Gegenstand des Gespötts Deutschlands“ werde. Der öffentliche Eindruck sei bislang oft: „In der Bundeswehr fliegt nichts, fährt nichts, geht nichts zur See.“ Wenn die Ausrüstungsprozesse verbessert würden, sei es zudem leichter, die finanzielle Ausstattung der Bundeswehr zu verbessern. Gegner der Etaterweiterung argumentierten auch damit, dass zusätzliches Geld, mehr Soldaten und Material für die Bundeswehr nicht nötig seien, weil diese nicht fähig sei, „das organisatorisch zu stemmen“. Die Erweiterung der Bundeswehr sei aber wegen der verschärften internationalen Sicherheitslage nötig. „Das sollte nicht daran scheitern, dass man uns vorwirft, wir könnten das administrativ nicht beherrschen.“

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Kramp-Karrenbauer kündigte an, dass das Beschaffungsamt mehr eigenständige Entscheidungen treffen können solle. „Ich bin der festen Überzeugung, dass die Behörde die gleiche Organisationshoheit erhalten muss wie eine Kommandobehörde“, sagte sie. „Das gibt mehr Flexibilität, mehr Entscheidungsspielraum hier vor Ort, damit könnte schon einiges erreicht werden.“

Zudem sollten die Beförderungsbedingungen für die Mitarbeiter so geändert werden, dass ein regelmäßiger Postenwechsel nicht mehr die Voraussetzung für den beruflichen Aufstieg sei. Es sei kontraproduktiv, wenn sich Mitarbeiter jeweils nur kurz mit Beschaffungsprojekten beschäftigten. In der Behörde war beklagt worden, durch die bisherige Praxis gehe bei den technisch oft hochkomplexen Projekten wertvolle Expertise verloren. Die Behörde habe damit den Herstellerfirmen oft zu wenig entgegenzusetzen.

Kramp-Karrenbauer erteilt Privatisierung des Beschaffungsamtes klare Absage

Erhalten bleiben sollen die sogenannten Kompetenzpools, in denen Mitarbeiter für Großprojekte zusammengezogen werden. Diese hätten sich zum Teil als sehr positiv erwiesen, sagte Kramp-Karrenbauer. Personalvertreter hatten dies als zu wenig flexibel kritisiert, zumal die Behörde ohnehin unter Personalmangel leide. Rund ein Fünftel der Stellen des Beschaffungsamts sind unbesetzt.

Die Einkaufsabteilung der Behörde erhielt eine Art Schonfrist. Ministeriumsberater einer sogenannten „Task Force“ hatten empfohlen, diesen Bereich nach Art der Bestellungen aufzusplitten. Kramp-Karrenbauer sagte, der Bereich bleibe unter Beobachtung. Wenn er sich als effektiv erweise, „dann kann man den Einkauf so lassen, wie er ist“.

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Eine klare Absage erteilte die Ministerin einer Privatisierung der Behörde. „Das war nicht geplant, das ist nicht geplant, und das wird auch nicht meine Zustimmung und meine Unterschrift finden“, sagte sie. Die unter anderem in der Union favorisierte Umwandlung in eine Anstalt öffentlichen Rechts schloss sie nicht aus. Sie habe allerdings keine Priorität. Es solle zunächst geprüft werden, ob es anders möglich sei, bessere Gehälter und andere Karriereaussichten als bisher anzubieten. Von Befürwortern der Rechtsformänderung wird dies als nötig erachtet, um einfacher Fachkräfte gewinnen zu können.

Kramp-Karrenbauer betonte, es sei nicht allein Aufgabe des Beschaffungsamts, die Ausrüstung für die Bundeswehr „schneller, einfacher und zielgenauer“ zur Verfügung zu stellen. „Das ist Aufgabe der gesamten Prozesskette.“ Diese Prozesskette müsse man sich genau anschauen.

Die stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Agnieszka Brugger, lokalisierte das Problem vieler Beschaffungsprojekte in Berlin. Es müsse „Schluss mit politischen Prestigeprojekten“ sein, die im Ministerium schöngeredet würden und mit denen das Beschaffungsamt dann irgendwie zurechtkommen müsse, sagte Brugger der ARD.

Lesen Sie auch: Grüne dringen auf Stellenbesetzung im Beschaffungsamt

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