Agora-Energiewende

Hal Harvey: Wie ein amerikanischer Lobbyist auch in Deutschland fürs Klima kämpft

Der US-amerikanische Umwelt-Lobbyist Hal Harvey.

Der US-amerikanische Umwelt-Lobbyist Hal Harvey.

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Berlin. Nach den Filz-Vorwürfen kommen Robert Habeck (Grüne) und sein Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz nicht zur Ruhe. Im Fokus stand zunächst Habecks Staatssekretär Patrick Graichen, der an der Auswahl des neuen Geschäftsführers der Deutschen Energie-Agentur (Dena), Michael Schäfer, beteiligt war, obwohl dieser als sein Trauzeuge fungierte. Jetzt gerät auch Graichens alter Arbeitgeber, die Denkfabrik Agora Energiewende, in den Fokus.

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Es geht darum, wie groß der Einfluss des Lobby-Vereins auf Habecks Ministerium und die Grünen ist und welche Rolle der US-amerikanische Umwelt-Lobbyist Hal Harvey dabei einnimmt, der von der „Zeit“ einmal als „mächtigster Grüner der Welt“ bezeichnet wurde.

Fest steht: Agora Energiewende ist ein bestens finanzierter und vernetzter Lobbyverein. Laut Eigenaussage besteht sein Ziel darin, „wissenschaftlich fundierte und politisch umsetzbare Wege“ zu erarbeiten, „damit der Weg in Richtung Klimaneutralität gelingt“. Nicht nur für Graichen ging es von Agora Energiewende auf den Posten als Staatssekretär. Ähnlich lief das schon bei Graichens Vorgänger als Direktor des Vereins, Rainer Baake. Zweimal war Baake Staatsekretär. Zwischendurch war er Direktor bei Agora Energiewende, heute ist er Direktor der Stiftung Klimaneutralität.

19 Millionen Euro Einnahmen im Jahr

Beide Vereine – Agora Energiewende und die Stiftung Klimaneutralität – wurden von Hal Harvey mitgegründet und werden von einem Netz aus anderen Stiftungen und Lobbyvereinen finanziert, an denen Harvey ebenfalls in vielen Fällen beteiligt ist.

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Ihre Einnahmen macht Agora Energiewende auf seiner Webseite transparent und schlüsselt auch die Geldgeber auf. Knapp 19 Millionen Euro nahm der Lobbyverein demnach im letzten Jahr ein.

Geld gab es dabei auch vom Staat: Gut drei Millionen Euro zahlten 2022 mehrere Ministerien an Agora Energiewende. Mehr als die Hälfte kam von Habecks Wirtschafts- und Klimaschutzministerium.

Die Verbindungen in die Politik sind auch sonst zahlreich. Im „Rat der Agora“, dem zentralen Beratungsgremium des Vereins, kommen Abgeordnete und Staatssekretäre aus unterschiedlichen Ministerien und Parteien zusammen. So wie die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Julia Verlinden, oder der Staatsekretär im Entwicklungsministerium, Jochen Flasbarth von der SPD. Auch Abgeordnete von FDP und CDU sitzen in dem Gremium.

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Finanziert wird der Verein jedoch maßgeblich von der „Climate Imperative Foundation“, dem „Aspen Global Change Institute“ und der „European Climate Foundation“, die im letzten Jahr zusammen mehr als 12 Millionen Euro gespendet haben sollen. Allesamt Stiftungen, die von Hal Harvey mitinitiiert wurden oder denen er vorsteht.

Vom Ingenieur für Energieplanung mit Stanford-Abschluss zu einem der einflussreichsten Lobbyisten für Klima- und Umweltschutz weltweit: So lässt sich der Werdegang des 1961 in Aspen, Colorado, geborenen Hal Harvey in Kürze zusammenfassen. Im Rahmen seines mittlerweile mehr als drei Jahrzehnte währenden Engagements hat der US-Amerikaner nicht nur diverse Stiftungen und Denkfabriken gegründet oder geleitet. Darüber hinaus hat er Bücher und Artikel über Energiethemen verfasst sowie an politischen Beratungsgremien unter den US-Präsidenten Bush und Clinton mitgearbeitet.

Lobby-Experte: Engagement ins Verhältnis setzen

Zuletzt berichtete in Deutschland die Bild-Zeitung im Kontext der Trauzeugen-Affäre des Staatssekretärs Patrick Graichen über den Einfluss von Hal Harvey. Dieser stehe hinter „Graichen & Co.“, hieß es in der Bild. Diese Darstellung sei zwar weitgehend korrekt, erklärte Timo Lange vom Verein LobbyControl, der sich für mehr Transparenz in der politischen Interessenvertretung einsetzt, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

„Zugleich ist es bemerkenswert, dass diese bereits bekannten Informationen genau jetzt prominent platziert werden“, schreibt Lange. „Das muss auch im Zusammenhang mit der scharfen Kritik aus Opposition und verschiedenen Lobbyverbänden am aktuell diskutierten Gebäudeenergiegesetz gesehen werden.“

Auch müsse man das Engagement von Hal Harvey mit den Lobby-Aktivitäten anderer Akteure ins Verhältnis zu setzen. „Hier finanziert eine Einzelperson Anliegen, die dem Klimaschutz dienen sollen“, schreibt Timo Lange, „während Konzerne zugleich noch deutlich mehr Geld einsetzen, um ihre Geschäftsinteressen durchzusetzen.“

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Gleichwohl sei die Transparenz von Finanzierungen in jedem Fall wichtig, findet der Lobby-Experte und betont: „Dass Vermögende mehr Einfluss auf Politik nehmen können als Menschen mit wenig Geld, ist für die Demokratie an sich durchaus problematisch.“

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