„Brutstätte von Terror“: Röttgen warnt vor Terrorismus und Bürgerkrieg in Afghanistan
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CDU-Außenexperte Norbert Röttgen fordert, den Taliban etwas entgegenzusetzen.
© Quelle: imago images/Christian Spicker
Hannover/Kabul. Binnen einer Woche haben die Taliban in Afghanistan mehr als 15 Provinzhauptstädte von der Regierung erobert. Mittlerweile ist die radikal-islamische Miliz bis auf 70 Kilometer an die Hauptstadt Kabul vorgerückt. Dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) sagt der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Norbert Röttgen (CDU): „Nach 20 Jahren Einsatz zu sagen, das sei eine afghanische Angelegenheit, ist wirklich absurd und beschämend.“
Es gehe nicht darum, aus Afghanistan eine moderne Demokratie zu machen. „Das fordert niemand“, betont Röttgen. „Aber man darf nicht dabei zuschauen, wie alles, wofür wir 20 Jahre gekämpft haben, zerfällt.” Die Entwicklung in Afghanistan sei dramatisch. „Wie Menschen, die uns lange verbunden waren, von den Taliban abgeschlachtet werden, wie Mädchen und Frauen alle hart erkämpften Rechte wieder verlieren. Das wäre eine massive Selbstbeschädigung unserer Glaubwürdigkeit.“, erklärt der CDU-Politiker.
Röttgen warnt vor Bürgerkrieg in Afghanistan
Gegenüber dem RND warnt Röttgen vor den Folgen, wenn der Westen nicht handelt: „In Afghanistan wird es einen Bürgerkrieg geben und die Menschen werden fliehen. Nicht nur Tausende, sondern Millionen”, so der CDU-Außenexperte. „Dass Afghanistan dann nicht wieder eine Brutstätte von Terror wird, der vor allem uns in Europa bedroht, ist nicht gesichert.”
Röttgen wolle den Truppenabzug aus Afghanistan nicht revidieren, trotzdem müsse man der Offensive der Taliban jetzt etwas entgegensetzen. „Aus der Verantwortung nach 20 Jahren Einsatz heraus und aufgrund unserer eigenen Sicherheitsinteressen. Es reicht nicht, dass wir immer nur amerikanische Entscheidungen abnicken – das sage ich als Transatlantiker.“
Röttgen: „Übereilter Abzug aus Afghanistan war ein Fehler“
„Der einseitige und übereilte Abzug aus Afghanistan war ein Fehler“, so Röttgen weiter. Dies müsse offen gegenüber den USA kommunizieren werden. Außerdem müsse man darauf drängen, dass die USA ihre Luftunterstützung der afghanischen Streitkräfte intensivieren. „Das können wir aber nur dann fordern, wenn wir auch selbst bereit sind, etwas zu leisten”, macht Röttgen klar.
Laut Röttgen bekomme man die Taliban erst dann wieder an den Verhandlungstisch, wenn man die Offensive der Miliz stoppe. „Jetzt geht es darum, den Taliban klarzumachen, dass es ihnen nicht gelingen wird, gegen den Willen der afghanischen Mehrheit und gegen den Willen der internationalen Gemeinschaft militärisch die Macht im Land zu ergreifen.” Momentan glaubten die Taliban zu Recht, dass sie nicht verhandeln müssten. Außerdem appelliert Röttgen dafür, den Druck auf Pakistan zu erhöhen „was den Taliban als Rückzugsgebiet dient und von wo sie mit Waffen versorgt werden. Das ist bisher viel zu wenig geschehen”, sagte Röttgen dem RND.
Inzwischen haben die Taliban fast die Hälfte der großen Provinzhauptstädte eingenommen und auch den Großteil der ländlichen Regionen unter ihrer Kontrolle. Der Vormarsch der Taliban setzt auch die Bundesregierung zunehmend unter Druck. Der Krisenstab im Auswärtigen Amt berät jetzt das weitere Vorgehen. Die Lage sei „sehr besorgniserregend”, sagt ein Sprecher.