Maas und USA sehen neue Taliban-Regierung kritisch - auch EU ist enttäuscht

Heiko Maas (SPD, r.), Bundesaußenminister, und Antony Blinken, Außenminister der USA. (Archivbild)

Heiko Maas (SPD, r.), Bundesaußenminister, und Antony Blinken, Außenminister der USA. (Archivbild)

Berlin. Bundesaußenminister Heiko Maas hat sich besorgt über die Entwicklung in Afghanistan geäußert. „Die Verkündung einer Übergangsregierung ohne Beteiligung anderer Gruppen und die gestrige Gewalt gegen Demonstrantinnen und Journalisten in Kabul sind nicht die Signale, die (...) optimistisch stimmen.“ Ähnlich äußerten sich die USA.

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Maas teilte seine Bedenken am Mittwoch vor einem Treffen mit seinem US-Kollegen Antony Blinken und einer Konferenzschaltung mit 20 Außenministern mit. Das Engagement des Westens werde aber vom Verhalten der Taliban abhängen. Diese hatten die Rückkehr der Diplomaten nach Kabul und die Wiederaufnahme der Entwicklungszusammenarbeit gefordert.

Maas: In Afghanistan droht dreifache humanitäre Krise

In Afghanistan droht nach Angaben von Maas eine dreifache humanitäre Krise. In vielen Teilen des Landes herrsche jetzt schon Nahrungsmittelknappheit aufgrund der Dürre. Gleichzeitig seien internationale Hilfszahlungen gestoppt worden, von denen viele Menschen abhängen. „Und wenn eine neue Regierung nicht in der Lage ist, die Staatsgeschäfte am Laufen zu halten, droht nach dem politischen der wirtschaftliche Kollaps – mit noch drastischeren humanitären Folgen“, warnte der SPD-Politiker. Das sei auch eine zentrale Sorge der Nachbarstaaten.

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Maas unterstrich vor dem Treffen mit Blinken auf dem US-Stützpunkt in Ramstein die Notwendigkeit einer engen Abstimmung mit den USA beim Thema Afghanistan. Er habe deshalb zusammen mit Blinken zu der virtuellen Außenministerkonferenz eingeladen. Dabei soll unter anderem erneut beraten werden, wie man mit den Taliban umgehen soll und weitere Menschen aus dem Land evakuieren kann. Die Taliban hatten am Dienstag eine Übergangsregierung ernannt.

USA ebenfalls besorgt

Die USA haben Besorgnis über die Übergangsregierung ausgedrückt. Auf der Liste der Kabinettsmitglieder stünden „ausschließlich Personen, die Mitglieder der Taliban oder ihrer enger Verbündeter sind, und keine Frauen“, erklärte ein Sprecher des Außenministeriums laut Medienberichten vom Dienstag (Ortszeit). „Wir haben unsere Erwartung klar geäußert, dass das afghanische Volk eine inklusive Regierung verdient“, zitierten die „Washington Post“ und andere Medien den Sprecher weiter.

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Zudem gäben die Verbindungen und die Vergangenheit einiger Personen der Übergangsregierung Anlass zur Sorge, hieß es ferner. So wurde etwa Siradschuddin Hakkani, der dritte Vizechef der Taliban und Chef des berüchtigten Hakkani-Netzwerkes, zum Innenminister ernannt.

Das Hakkani-Netzwerk wird für einige der grausamsten Anschläge in Afghanistan verantwortlich gemacht. Die USA suchen den etwa Mitte-40-jährigen Hakkani mit einem siebenstelligen Kopfgeld.

Auch EU kritisiert Übergangskabinett der Taliban

Auch die EU hat sich enttäuscht über das in Afghanistan von den Taliban eingesetzte Übergangskabinett geäußert. Nach einer ersten Analyse der bekannt gegebenen Namen erscheine es in Hinblick auf die reiche ethnische und religiöse Vielfalt des Landes nicht so inklusiv und repräsentativ wie erhofft, sagte ein Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell am Mittwoch in Brüssel. Zudem hätten die Taliban in den vergangenen Wochen auch andere Ankündigungen gemacht.

Der Sprecher wies darauf hin, dass die Bildung einer inklusiven und repräsentativen Übergangsregierung eine der fünf EU-Bedingungen für eine beschränkte Zusammenarbeit mit den militant-islamistischen Taliban ist. „Diese Inklusivität und Repräsentativität wird bei der Zusammensetzung einer künftigen Übergangsregierung erwartet“, sagte er. Die Übergangsregierung müsse das Ergebnis von Verhandlungen sein.

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Taliban-Vorgehen ein Rückschlag für schnelle Entwicklungshilfezahlungen

Die Taliban hatten am Dienstag 33 Regierungsmitglieder vorgestellt, darunter keine Frau, niemand aus einer anderen politischen Gruppierung und niemand etwa aus Minderheit der Hasara. Davor hatten sie davon gesprochen, eine „inklusive Regierung“ aufstellen zu wollen.

Für die EU ist das Vorgehen der neuen Machthaber unter anderem deswegen ein Rückschlag, weil sie eigentlich so schnell wie möglich wieder Entwicklungshilfezahlungen ermöglichen will. Damit sollen eine humanitäre Katastrophe und Fluchtbewegungen in Richtung Europa verhindert werden.

RND/Reuters/dpa

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