Nach Afghanistan-Rückzug: Gauck für mehr europäische Eigenverantwortung in Verteidigungspolitik
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/HWZXYMD53RFPHCP3GJ646AVE7M.jpeg)
Der frühere Bundespräsident Joachim Gauck hat eine klare Meinung, welche Lehren aus dem Afghanistan-Desaster gezogen werden müssen.
© Quelle: Christophe Gateau/dpa
Münster. Der frühere Bundespräsident Joachim Gauck hat mehr Eigenverantwortung von Deutschland und Europa in der Verteidigung- und Sicherheitspolitik gefordert. Der Rückzug der Nato aus Afghanistan habe gezeigt, dass es vor allem an „belastbaren Strategien“ gefehlt habe, sagte Gauck am Mittwochabend in Münster. Gauck bezeichnete es als „nicht friedensgefährdend“, wenn die Feinde des Friedens und der Demokratie bekämpft und man sich verteidige. Zudem würden Politiker benötigt, die in Krisenfällen zur richtigen Lagebeurteilung und schnellen Entscheidungen fähig seien.
Das Afghanistan-Desaster habe auch gezeigt, dass das transatlantische Bündnis weiterhin unverzichtbar sei, weil die militärischen Optionen Europas begrenzt seien, sagte Gauck in der Reihe „DomGedanken“ im Münsteraner Dom. Mit Blick auf die weitere Bekämpfung des Terrorismus, der die westliche Welt bedrohe wie auch viele muslimische Gesellschaften, bleibe die internationale Zusammenarbeit ein wichtiger Stützpfeiler der Außen-, Verteidigungs- und Sicherheitspolitik.
Gauck mahnt öffentliche Debatte über Bundeswehr an
Angesichts des Afghanistan-Desasters mahnte Gauck ein gemeinsames Vorgehen in Europa gegenüber Flüchtlingen und Migranten an. Dabei müsse sichergestellt sein, dass den Entwurzelten Unterstützung gewährt werde, ob in Europa oder in den flüchtlingsnahen Ländern. Anderseits müsse die unterschiedliche Aufnahmebereitschaft der Länder berücksichtigt werden. Hier müsse jedoch eine Lösung gefunden werden.
Für Deutschland mahnte Gauck eine erneute öffentliche Debatte „über die Rolle des Militärs in einer demokratischen Gesellschaft“ an. Im Unterschied zu den Bündnispartnern verfüge Deutschland über eine Parlamentsarmee, die einzig und allein den Auftrag habe, den Frieden zu sichern und die regelbasierte Ordnung zu verteidigen.
Es fehle in Deutschland „ein größeres und mit Herz und Verstand vorgetragenes Interesse an der Arbeit der Soldatinnen und Soldaten“, monierte Gauck. Eine Demokratie müsse willens und in der Lage sein, sich zu verteidigen, sagte Gauck weiter.
RND/epd