„Politischer Blindflug muss enden“: Chef von Ernsting’s-Family will wegen neuer Corona-Regeln vor Gericht

Earnsting’s-Geschäftsführer platzt nach den Bund-Länder-Beschlüssen der Kragen.

Earnsting’s-Geschäftsführer platzt nach den Bund-Länder-Beschlüssen der Kragen.

Berlin. Timm Homann, Chef der Modekette Ernsting’s Family, ist wütend über den Beschluss des Bundes und der Länder, bundesweit eine 2G-Regel in weiten Teilen des Einzelhandels einzuführen, und findet klare Worte. „Der politische Blindflug muss enden, die Gerichte müssen jetzt aktiv werden und gegen diesen unfassbaren Dilettantismus der Verantwortungsträger antreten“, erklärte Homann am Freitag in einer Stellungnahme. Die Regelungen für den nicht relevanten Handel bezeichnete er als „demokratischen Treppenwitz“. Damit hätte die Politik in diesem Bereich „explizite Züge einer Bananenrepublik angenommen“, so Homann.

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Die Verschärfung der Corona-Bestimmungen durch Bund und Länder hat am Donnerstag für Aufregung in vielen Branchen gesorgt. Der Handelsverband Deutschland befürchtet durch die geplante bundesweite Einführung der 2G-Regel in weiten Teilen des Einzelhandels Umsatzeinbußen von bis zu 50 Prozent in den betroffenen Geschäften. Ausgenommen von der Verschärfung sind Läden des täglichen Bedarfs, also etwa Supermärkte. Bei 2G haben nur Geimpfte und Genesene Zutritt.

Ernsting’s Family will vor Gericht

Die Unterscheidung zwischen Läden des täglichen Bedarfs und nicht relevantem Handel sei juristisch nicht vorgesehen und daher nicht haltbar. „Natürlich wird sich unser Unternehmen auch in diesem Fall wieder juristisch gegen diesen Regelungsirrsinn wenden“, erklärte Homann.

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Gleichzeitig versicherte der Ernsting’s-Geschäftsführer, dass sein Unternehmen alles tue, um die Pandemie zu bekämpfen. „Wir impfen Mitarbeiter*innen, klären auf, spenden, stocken das Kurzarbeitergeld auf 100 Prozent auf, ermöglichen überall mobiles Arbeiten und investieren erheblich in Sicherheitskonzepte am Arbeitsplatz“, versicherte Homann. Nun dürfe der Handel nicht unter den Fehlern der Politik leiden.

Diese treffe Entscheidungen ohne fachliche Fundierung und rein willkürlich. Auch die Medien kritisiert Homann: „Medial wird ein völlig anderes Bild seitens der Politik vermittelt, mit der Realität hat es nichts zu tun. Das Bundesfinanzministerium manipuliert in unerträglichem Maße, die mediale Klarstellung erfolgt nicht.“

Acht-Punkte-Plan mit Forderungen

Der Politik legt Homann nun einen Acht-Punkte-Plan mit Forderungen vor, die für die Bekämpfung der Pandemie schnell umgesetzt werden müssten. Dazu gehört eine bundesweite Maßnahmenmatrix, die sich an der Hospitalisierungsrate orientiert. Gleichzeitig soll die Intensivkapazität ausgebaut werden.

Schließungen will Homann nur dort, wo Ansteckungen nachweislich sind. Dann müssten allerdings auch faire Entschädigungen an die Branchen gezahlt werden. Außerdem forderte Homann erfolgreiche Impfkampagnen und einen Ausbau der Impfinfrastruktur.

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Die Impfpflicht sieht Homann kritisch, Ungeimpfte sollten viel mehr durch die alltäglichen Rahmenbedingungen zur Impfung gebracht werden. Bei der Infektionsnachverfolgung müsse eine fundierte Datenstruktur gesichert werden, so Homann. „Die Datenlage des RKI ist ein Witz“, findet der Manager.

Nach den Versäumnissen der Politik vor der vierten Welle ist Homann enttäuscht, dass niemand Verantwortung übernehmen wolle: „Rücktritte? Merkel, Scholz, Spahn oder Seehofer, niemand übernimmt Verantwortung. Stattdessen werden einige dieser Protagonisten gewählt. Ein Drama!“

Erste Kritik schon im Februar

Homann ist für eine scharfe Kritik bekannt. Bereits im Februar meldete sich der Geschäftsführer zur damaligen Corona-Lage und übte Kritik an der Politik.

Doch Homann ist nicht der Einzige, der über die neuen Beschlüsse unglücklich ist. HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth bedauerte in Berlin, Bund und Länder versuchten „auf dem Rücken des Handels die Versäumnisse in der staatlichen Impfkampagne zu kaschieren“. Dabei sei die Ansteckungsgefahr in den Läden dank der funktionierenden Hygienekonzepte und der Maskenpflicht gering.

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Ausgerechnet in der umsatzstärksten Zeit würden viele Händler aus rein symbolischen Gründen massiv eingeschränkt. Er verlangte deshalb: „Die Bundesregierung muss die drohenden Verluste bei vielen stationären Händlern jetzt konsequent auffangen. Die bisherigen Fixkostenzuschüsse reichen dafür bei Weitem nicht aus.“

Textil- und Schuhhäuser in 2G-Regionen verzeichnen Umsatzeinbußen von 30 bis 50 Prozent.

Textil- und Schuhhäuser in 2G-Regionen verzeichnen Umsatzeinbußen von 30 bis 50 Prozent.

Umsatzeinbußen bis 50 Prozent

In den Regionen, wo jetzt schon die 2G-Regel gilt, also nur Geimpfte und Genesene in die Geschäfte dürfen, verzeichnen die Textil- und Schuhhäuser nach Angaben des Handelsverbandes Textil Schuhe und Lederwaren (BTE) Umsatzeinbußen von 30 bis 50 Prozent. Da die Kosten unverändert blieben, lande der betroffene Handel damit „zwangsläufig in den roten Zahlen“, klagte BTE-Präsident Steffen Jost. „Ein vollumfänglicher Ersatz des entstandenen Schadens ist vor diesem Hintergrund das Mindeste, was wir von der Politik verlangen!“, forderte er.

Auch aus Sicht von Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger belasten 2G-Regeln im Einzelhandel die Branche unverhältnismäßig. „Der Handel darf nicht ein rechtlich fragwürdiges Sonderopfer werden“, teilte Dulger am Donnerstag mit. „Eine 2G- oder 2G-plus-Regelung, die lediglich dazu dient, einen Lockdown als Begriff zu vermeiden, aber wie ein Lockdown wirkt, schafft eher Unsicherheit, aber kaum mehr Infektionsschutz.“

RND/dre/dpa

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