144 Menschen von Bord: „Humanity 1″ muss sizilianischen Hafen Catania verlassen
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Das von der SOS Humanity, einer Organisation aus Deutschland, betriebene Rettungsschiff Humanity 1 ist auf See vor der Küste Italiens zu sehen. (Archivbild)
© Quelle: Salvatore Cavalli/AP/dpa
Mailand. Nachdem das zivile Rettungsschiff „Humanity 1″ insgesamt 144 Gerettete in Catania von Bord bringen konnte, muss es den sizilianischen Hafen wieder verlassen. Das Schiff sei von den italienischen Behörden dazu aufgefordert worden, teilte die Organisation „SOS Humanity“ am Sonntag auf Anfrage mit. Den Angaben zufolge befinden sich noch 35 aus Seenot Gerettete an Bord, denen die Ausschiffung von den italienischen Behörden verweigert wird.
Der Kapitän der „Humanity 1″ habe die Aufforderung zurückgewiesen, den Hafen mit den 35 an Bord verbliebenden Geretteten zu verlassen, hieß es weiter. Dazu erklärt er laut „SOS Humanity“: „Es ist meine Pflicht, die Rettung der Menschen aus Seenot mit der Ausschiffung aller Überlebenden im Hafen von Catania als sicherem Ort abzuschließen. Ich kann den Hafen nicht verlassen, bevor nicht alle Überlebenden, die aus Seenot gerettet wurden, von Bord gegangen sind.“
Die bereits ausgeschifften Menschen befinden sich den Angaben zufolge wie die auf der „Humanity 1″ verbliebenen Überlebenden in einer Notlage: „Sie sind vor unmenschlichen Bedingungen aus Libyen geflohen und mussten seitdem über zwei Wochen auf dem Meer ausharren.“ Die 35 Überlebenden hätten das Recht auf einen Asylantrag und ein formales Asylverfahren, welches nur an Land durchgeführt werden kann.
Deutschland und Frankreich sagen Aufnahme von Migranten zu
Der einzige schwarze Abgeordnete des italienischen Parlaments, Abourbakar Soumahoro, hatte die „Humanity 1“ im Hafen von Catania in Empfang genommen. Er bezeichnete die Schließung der italienischen Häfen für NGO-Schiffe durch die Regierung als Schande.
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„Im Hafen von Catania ist gerade eine selektive Ausschiffung im Gange“, schrieb Soumahoro auf Twitter. Die Schiffbrüchigen seien von Kälte, Müdigkeit, Trauma und Folter erschöpft und würden nun von der Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni als Objekte betrachtet.
Innenminister Matteo Piantedosi sagte am Freitag, die „Humanity 1“ dürfe nur so lange in italienischen Gewässern bleiben, bis Minderjährige und Menschen, die dringend medizinische Hilfe benötigen, von Bord gegangen sein. Diese Entscheidung wurde getroffen, nachdem Deutschland und Frankreich Italien aufgefordert hatten, den Migranten einen sicheren Hafen zu gewähren. Die beiden Länder hatten mitgeteilt, sie wollten einen Teil der Migranten aufnehmen, damit Italien diese Aufgabe nicht allein zufalle.
„Wir warten seit zehn Tagen auf einen sicheren Ort“
Hunderte weitere Flüchtlinge und Migranten warteten auf der „Geo Barents“, der „Ocean Viking“ und der „Rise Above“ ebenfalls auf einen Hafen. In der Vergangenheit mussten private Seenotretter oft tagelang auf dem Mittelmeer warten, bis sie einen Hafen in Europa zugewiesen bekommen.
Für die anderen drei Schiffe gab es aktuell keine Angebote dieser Art. Die unter norwegischer Flagge fahrende „Geo Barents“ mit 572 Migranten an Bord und die „Rise Above“ der deutschen Organisation Mission Lifeline mit 93 Migranten liefen am Wochenende in italienische Gewässer östlich von Sizilien ein. Sie suchten dort Schutz vor schwerem Wetter, erhielten jedoch trotz wiederholter Bitten keine Erlaubnis zum Einlaufen in einen Hafen.
Die von der Hilfsorganisation SOS Méditerranée betriebene „Ocean Viking“ mit 234 Migranten blieb in internationalen Gewässern, südlich der Straße von Messina. Auch ihre Anfragen nach einem Hafen blieben bisher unbeantwortet.
„Wir warten seit zehn Tagen auf einen sicheren Ort, um die 572 Überlebenden an Land zu bringen“, sagte der Missionchef der „Geo Barents“ von Ärzte ohne Grenzen, Juan Matias Gil. Viele Menschen an Bord litten nach Angaben der Organisation an Haut- und Atemwegsinfektionen sowie unter dem Stress der langen Reise.
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Minister Salvini: „Wir wollen nicht länger Geisel sein“
Die italienische Regierung besteht darauf, dass die Länder, unter deren Flagge die privaten Rettungsschiffe fahren, die Migranten aufnehmen müssen. In einer Pressekonferenz am späten Freitag bezeichnete Innenminister Piantedosi solche Schiffe als Inseln, die unter die Zuständigkeit der Flaggenstaaten fallen.
Infrastrukturminister Matteo Salvini, der für seine migrationsfeindliche Haltung bekannt ist, begrüßte die neue Richtlinie im Umgang mit den Schiffen, die er zusammen mit dem Verteidigungs- und dem Innenminister unterzeichnete. „Wir wollen nicht länger Geisel dieser ausländischen und privaten NGOs sein, die die Routen, den Verkehr, den Transport und die Migrationspolitik organisieren“, sagte Salvini in einem Facebook-Video. Er bekräftigte, die Präsenz der Schiffe ermutige die Schleuser.
Nichtregierungsorganisationen weisen das zurück. Sie erklären, sie seien nach dem Seerecht verpflichtet, Menschen in Not zu retten. Küstenstaaten hätten wiederum die Pflicht, so schnell wie möglich einen sicheren Hafen bereitzustellen.
Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) kamen bei der Überquerung des Mittelmeers in diesem Jahr bereits 1.765 Flüchtlinge und Migranten ums Leben oder werden vermisst. Die Dunkelziffer dürfte viel höher liegen.
RND/AP/epd