Kommentar zur Ampelkoalition

Zusammenhalt im Weltkrisen-Modus

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Gespräch mit Wirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen) und Finanzminister Christian Lindner (FDP).

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Gespräch mit Wirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen) und Finanzminister Christian Lindner (FDP).

Berlin. Es liegt in der Natur der Sache, dass Regierungsparteien in einem Koalitionsvertrag Krisen nicht vorempfinden können. Dass ihr Papier aber schon kurz nach Amtsübernahme Makulatur ist, weil ein Krieg in Europa sämtliche Pläne über den Haufen wirft, hat es auch noch nicht gegeben.

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Die Last der Ampelregierung bereits in den ersten 100 Tagen haben Vorgängerregierungen kaum in einer ganzen Wahlperiode getragen. Es geht um drei Weltkonflikte gleichzeitig: Klimawandel, Corona-Pandemie, Putins Angriffskrieg auf die Ukraine.

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Es ruckelte zum Start dieses Bündnisses, Risse wurden sichtbar. Das ist keine Überraschung, denn erstens gab es diese Zusammensetzung auf Bundesebene noch nie, zweitens kann eine neue Regierung nicht vom ersten Tag an alles können und drittens erst recht nicht in einer solch multiplen Konfliktlage. Klar ist jedoch: Keine der drei Krisen wird schnell gelöst werden. SPD, Grüne und FDP müssen deshalb vor allem eines können: zusammenhalten.

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Für viele Themen wird in dieser Legislaturperiode wenig Platz sein. Und das Schlimmste: Die Auswirkungen der Pandemie und des Krieges gegen die Ukraine sind so groß, dass der lebenswichtige Klimaschutz nicht mit der Wucht betrieben werden kann, den der Kampf gegen den Klimawandel bräuchte.

Diese Regierung wird deswegen nicht nur selbst zusammenstehen, sondern die Bevölkerung davon überzeugen müssen, auch selbst zusammenzuhalten. „Frieren für die Ukraine“ war ein überraschender und mitfühlender Aufruf vieler Bürgerinnen und Bürger, um russisches Gas abzubestellen, damit Moskau nicht noch täglich Hunderte Millionen Euro für seinen Angriffskrieg bekommt.

Stimmung könnte kippen

Bundeskanzler Olaf Scholz, Vizekanzler Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner ahnen aber, dass diese Stimmung kippen dürfte, wenn die Wohnung tatsächlich kalt bleibt. Sie überschätzen die Widerstandskraft der Wohlstandsgesellschaft nicht und halten deshalb an russischem Gas fest. Sie wissen, dass sie viele Wählerinnen und Wähler verlieren werden, wenn die Grundversorgung im Land nicht gewährleistet oder für viele Menschen nicht mehr bezahlbar ist.

Regierung ringt um weitere Entlastung beim Tanken und Heizen
Ein Preisvergleich des ADAC ergab: In Bremen ist Superbenzin der Sorte E10 derzeit fast neun Cent teurer als in Hamburg.

Die hohen Kosten beim Tanken und Heizen sollen abgefedert werden. Doch über das Wie ist sich die Ampel-Regierung kaum einig.

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Profilsüchtiges Vorpreschen wie Lindners Tankrabattvorstoß ist in solchen Zeiten Gift für eine Koalition. Habeck hielt derweil die Grünen davon ab, zur Schau zu stellen, wie Recht sie mit ihrer Kritik etwa an Scholz´ Energiepolitik und seinem langen Festhalten an Nord Stream 2 hatten.

Die Grünen erleben nach 1998 zum zweiten Mal den Eintritt in eine Bundesregierung, der mit einer Positionierung zum Krieg beginnt. Die jetzigen Waffenlieferungen an die Ukraine sind ein politischer Sprengsatz für die Partei, aber sie behält bisher die Nerven. Man hätte sich umgekehrt in der Corona-Politik gewünscht, dass die FDP nicht ihr Steckenpferd bei den Freiheitsrechten reitet. Ja, es werden Grundrechte zeitlich begrenzt eingeschränkt, aber nein, gestorben ist daran niemand. An Corona schon.

Mit seiner „Zeitenwende“-Rede hat Scholz hat nach einigen Anlaufschwierigkeiten Ende Februar Führung bewiesen. Für den großen Rest dieser Wahlperiode ist das die Messlatte. Die Moral, der Antrieb einer Bevölkerung richtet sich elementar an der Führung eines Landes aus – wie es jetzt in der Ukraine zu bewundern ist. Es kommt aber auch auf die Kraft und den Willen der Bürgerinnen und Bürger selbst an – wie es ebenfalls in der Ukraine zu bewundern ist.

Und wie stark ist Deutschland? Sind wir zu Verzicht bereit für Gesundheit, die Umwelt und den Frieden? Um nichts Geringeres muss sich Ampel kümmern. Ohne Unterstützung, vielleicht manchmal auch Nachsicht in der Bevölkerung, wird sie das kaum schaffen.

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