Proteste am 1. Mai

Warum gibt es am Tag der Arbeit immer wieder Randale?

Vergangenes Jahr war es nach Polizeiangaben friedlich wie lange nicht in Berlin: Teilnehmer der „Revolutionären 1.-Mai-Demonstration“ ziehen durch Kreuzberg am Kottbusser Tor vorbei.

Vergangenes Jahr war es nach Polizeiangaben friedlich wie lange nicht in Berlin: Teilnehmer der „Revolutionären 1.-Mai-Demonstration“ ziehen durch Kreuzberg am Kottbusser Tor vorbei.

Wenn an diesem Montag die „Revolutionäre 1.-Mai-Demonstration“ durch Berlin zieht, ist die Polizei im Großeinsatz. Rund 6300 Polizistinnen und Polizisten stehen bereit, um eine Eskalation wie im Jahr 2021 zu verhindern. Bereits in der Nacht zum Tag der Arbeit sind etwa 3400 Einsatzkräfte vor Ort. Denn man kann fast schon von einer Tradition sprechen, dass in der Nacht zum 1. Mai Autos brennen und Fensterscheiben eingeworfen werden.

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„Krawalltouristen” kommen nach Berlin

Die erste schwere Straßenschlacht liegt mehrere Jahrzehnte zurück. Am Maifeiertag 1987 kam es in Berlin-Kreuzberg zu heftigen Zusammenstößen von Autonomen und Polizei. Als Auslöser gelten unter anderem die Volkszählung, die in der linken Szene kontrovers diskutiert wurde, und die Feiern zum 750. Berliner Stadtjubiläum, die der Senat plante.

Bei einem Straßenfest am Lausitzer Platz, das friedlich begonnen hatte, kam es zur Eskalation. Unbekannte stürzten einen leeren Streifenwagen um. Die Polizei versuchte, das Straßenfest aufzulösen. Dann flogen Steine. Autos wurden angezündet, Barrikaden brannten, es kam zu Plünderungen. Die Krawalle dauerten fast die ganze Nacht, Hunderte Menschen wurden verletzt, es gab 50 Festnahmen und Sachschäden in Millionenhöhe. Teilweise musste sich die Polizei zurückziehen. „Die Polizei verschwand tatsächlich, wir haben sie aus dem Stadtteil vertrieben“, erinnerte sich ein Autonomer, der damals dabei war. „Das war schon ein tolles Gefühl“, sagte der Mann dem ZDF in einem Interview.

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Berlin 1987: Am Rande des Straßenfestes am Lausitzer Platz in Kreuzberg kommt es zu Zusammenstößen mit der Polizei.

Berlin 1987: Am Rande des Straßenfestes am Lausitzer Platz in Kreuzberg kommt es zu Zusammenstößen mit der Polizei.

Seitdem gab es regelmäßig sogenannte Revolutionäre 1.-Mai-Demonstrationen in Berlin. Aber auch Hamburg wurde berüchtigt dafür, dass Autonome zum 1. Mai für Randale sorgten, vor allem im Schanzenviertel. Der Soziologe Dieter Rucht sagte dem ZDF, in den Jahren nach 1987 seien immer wieder „Krawalltouristen“ nach Berlin gekommen, Schaulustige, die darauf gehofft hätten, dass es zwischen Polizei und Demonstranten knallt. Damit sprach er an, was auch heute immer noch Gültigkeit hat. Neben Demonstrantinnen und Demonstranten, die tatsächlich für ein Ziel auf die Straße gehen, mischen sich auch gewaltbereite Anarchisten unter die Teilnehmerinnen und Teilnehmer solcher Protestzüge. Ihnen dürfte egal sein, dass Autos anzünden nicht die Schattenseiten des Kapitalismus beseitigen wird.

Vieles, was 1987 passierte, lässt sich auch danach beobachten: Die Wut über aktuelle Entwicklungen oder empfundene Ungerechtigkeiten, die Lust auf Zerstörung, die reine Freude am Chaos. 2021 ging es besonders heftig zu in Berlin. Obwohl die Corona-Auflagen noch in Kraft waren, zogen 10.000 Menschen durch Neukölln. Wie die „Welt“ berichtet, kam es dabei zu Verstößen gegen das Infektionsschutzgesetz, die Polizei griff ein. Auf der Sonnenallee flogen Flaschen und Steine, es dauerte rund eine Stunde, bis die Polizei die Lage wieder unter Kontrolle hatte. Dagegen war 2022 schon fast unspektakulär. Die Polizei sprach vom „friedlichsten 1. Mai seit Jahrzehnten in Berlin“. Rund 14.000 Menschen nahmen vergangenes Jahr an der Demonstration teil, die unter dem Motto „Yallah Klassenkampf – No war but class war“ durch die Stadtteile Neukölln und Kreuzberg führte. Es kam zu einzelnen Flaschenwürfen, ein Auto und ein Müllcontainer wurden angezündet, aber die große Eskalation blieb aus.

Dieses Jahr zählen Inflation, Ukraine-Krieg und Klimawandel zu den großen Themen, um die sich die Proteste drehen. Die Berliner Polizei erwartet nach Angaben des „Tagesspiegels“ 10.000 bis 15.000 Teilnehmer und Teilnehmerinnen bei der großen Demo. Der 1. Mai sei nach wie vor der Symboltag für die linksradikale Szene, sagte Polizeipräsidentin Barbara Slowik jüngst im RBB-Inforadio. Randale gab es dieses Mal bereits in der Nacht zum Samstag. Wie RBB berichtet, hätten schwarz gekleidete Personen in Berlin-Mitte 18 Autos beschädigt und Fensterscheiben eingeworfen. Zudem sei Graffiti an Hausfassaden aufgetaucht, der Slogan: „Hinaus zum 1. Mai.“

RND/dad

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