Wer ist der „Somerton Man“? Australier wollen Rätsel aus dem Jahr 1948 lösen

Die Stelle, an der die Leiche gefunden wurde.

Die Stelle, an der die Leiche gefunden wurde.

Sydney. War er ein Spion oder ein verprellter Liebhaber? Um den Toten, der einst an einem Strand in Adelaide in Südaustralien gefunden wurde, ranken sich auch über 70 Jahre nach seinem Tod noch wilde Spekulationen. Am Mittwoch wurde der Leichnam des bis heute unbekannten Mannes nun exhumiert. Die australischen Behörden hoffen, dass neue DNA-Methoden das Rätsel, das die Australier und Australierinnen bis heute in den Bann zieht, vielleicht doch noch aufklären können.

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Der tote Mann war am frühen Morgen des 1. Dezember 1948 an dem beliebten Somerton-Strand in Adelaide von Passanten und Passantinnen im Sand entdeckt worden. Auf den ersten Blick ließ sich keine Todesursache feststellen. Vermutet wird jedoch, dass der Mann keines natürlichen Todes gestorben, sondern möglicherweise vergiftet worden war.

Dass niemand in Australien ihn identifizieren konnte, führte zu etlichen Spekulationen, darunter, dass er ein Spion aus dem Ausland gewesen sein könnte. So kurz nach dem Zweiten Weltkrieg war dies durchaus im Bereich des Möglichen. Der rund 45 Jahre alte Tote hatte ein europäisches Aussehen, er war 1,80 Meter groß und gut gebaut. Der Anzug und das weiße Hemd mit Krawatte, das er trug, waren für den warmen Sommertag und einen Strandbesuch eher ungeeignet.

Rätselhafte Indizien und ein Code

Dass der mysteriöse Fall bis heute Amateurdetektive und -detektivinnen und Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen in den Bann zieht, liegt auch an den Dingen, die bei dem Toten und im Nachhinein noch aufgefunden wurden. Dazu gehören eine möglicherweise chiffrierte Nachricht sowie ein Stück Papier mit den persischen Worten „Tamam Shud“, was so viel bedeutet wie „Es ist fertig“ oder „Es ist beendet“. Dieses stammte aus einem Gedichtband namens „Rubaiyat“ des persischen Lyrikers Omar Chayyam. Tatsächlich meldete sich nur wenige Tage später ein Bürger bei der Polizei, der berichtete, dass eine Kopie des Buches von einer unbekannten Person auf dem Rücksitz seines Autos zurückgelassen worden sei. Die Seite mit den Worten „Tamam Shud“ war herausgerissen worden. Auf der Rückseite des Bucheinbands stieß die Polizei auf eine Ansammlung von Buchstaben, die jemand mit der Hand eingetragen hatte. Diese ähnelten einem verschlüsselten Code:

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  • W (oder M) RGOABABD
  • MLIAOI
  • W (oder M) TBIMPANETP
  • MLIABO AIAQC
  • I (oder V) TTMTSAMSTGAB

Die Bedeutung dieser Buchstabenkombination konnte bis heute nicht entschlüsselt werden. Zu weiteren Spekulationen führte der Fund eines Koffers am Bahnhof in Adelaide, in dem sich ähnliche Kleidungsstücke befanden, wie der Tote sie trug. Bei allen waren – wie auch bei dem Anzug, den er anhatte – die Etiketten entfernt worden. Auf einigen Gegenständen befand sich der Name „Keane“ oder „Kean“, doch auch dies konnte nicht zur Aufklärung des Falles beitragen.

In Formaldehyd einbalsamiert

Die südaustralische Polizei hofft nun, dass nach der Exhumierung DNA identifiziert und ein DNA-Profil hergestellt werden können. Die heutige Technologie sei „Lichtjahre weiter als die Techniken, die in den 1940ern zur Verfügung standen, als der Leichnam entdeckt wurde“, sagte die Forensikerin Anne Coxon dem australischen Sender ABC. „Tests dieser Art sind oft sehr komplex und werden einige Zeit in Anspruch nehmen“, meinte die Expertin. Man plane jedoch, alle zur Verfügung stehenden Methoden anzuwenden, um dieses langjährige Rätsel nun doch noch zu knacken.

Als problematisch könnte sich dabei herausstellen, dass der Mann in Formaldehyd einbalsamiert wurde, um seinen Körper zu erhalten, bevor er im Juni 1949 in Adelaide begraben wurde. Dieser Prozess könnte einen Großteil seiner DNA zerstört haben. Derek Abbott, ein Forscher der Universität von Adelaide, der sich intensiv mit dem Fall beschäftigt hat und glaubt, dass seine Frau ein Nachkomme des Mannes sein könnte, warnte zudem, dass es schwierig sein werde, eine DNA-Übereinstimmung mit einem Verwandten zu finden. Dafür seien möglicherweise bis zu 800.000 DNA-Marker nötig.

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In der Kategorie des „Zodiac Killer“

Der Fall des „Somerton Man“ fällt in eine ähnliche Kategorie wie das bisher ebenfalls ungelöste Rätsel um den sogenannten „Zodiac Killer“ in den USA, das ebenfalls bis heute viele Menschen in den Bann zieht. Der Verbrecher terrorisierte vor rund 50 Jahren den Norden Kaliforniens. Mindestens fünf Menschen hat er auf dem Gewissen, zwei weitere verletzte er schwer. Er selbst behauptete in Briefen gar, 37 Menschen umgebracht zu haben. Die Nachrichten schickte der Verbrecher an lokale Tageszeitungen und drohte, weitere Menschen zu ermorden, sollten die Medien seine Briefe und die darin enthaltenen Kryptogramme nicht veröffentlichen.

Die verschlüsselten Botschaften, die der Täter seinen Briefen neben blutigen Fetzen der Kleidung seiner Opfer beifügte, waren dabei ein fast ebenso großes Rätsel wie seine Identität. Zwar wurde ein Kryptogramm mit 408 Symbolen, das er im August 1969 an kalifornische Zeitungen geschickt hatte, innerhalb weniger Tage nach seiner Veröffentlichung gelöst, doch die berüchtigte sogenannte „340-Chiffre“ aus dem November desselben Jahres blieb über 50 Jahre ein Rätsel. Erst im Dezember gelang es dem australischen Mathematiker Sam Blake gemeinsam mit David Oranchak, einem Software­entwickler aus Virginia, und Jarl Van Eycke, einem belgischen Computerprogrammierer, die Botschaft zu knacken. Die Identität des Mörders oder der Mörderin verriet der Text aber leider nach wie vor nicht.

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