Adrian V., Enrico L. und Carina V.: Das sind die Verdächtigen im Missbrauchsfall Münster
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Die Laube ist einer der Tatorte des vermutlichen Haupttäters in dem Missbrauchsfall Münster.
© Quelle: Marcel Kusch/dpa
Münster/Finowfurt. Der Missbrauchsfall von Münster in Nordrhein-Westfalen sorgt für Entsetzen: Im Zuge der Ermittlungen stößt die Polizei auf ein Pädophilennetz, insgesamt elf Verdächtige aus mehreren Bundesländern nehmen die Ermittler fest. Sieben der Beschuldigten, sechs Männer und eine Frau, sitzen in Untersuchungshaft. Der Vorwurf: schwerer sexueller Missbrauch von Kindern.
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© Quelle: Reuters
Der Hauptbeschuldigte Adrian V. (27) und seine Mutter Carina V. (45) wohnen in Münster. Der Verdächtige Enrico L. (42) kommt aus dem brandenburgischen Finowfurt. Die vier weiteren Männer stammen aus Staufenberg, Hannover, Kassel und Köln. In zahlreichen Fällen von sexuellem Missbrauch wurden Video- und Bildmaterial angerfertigt, insgesamt 800 Terabyte. Das Material wurde über das Darknet verbreitet. “Selbst die erfahrensten Beamten sind an Grenzen des Erträglichen geraten”, sagt Rainer Furth, Polizeipräsident von Münster. Was bislang über die Beschuldigten bekannt ist.
Adrian V. ist Hauptverdächtiger im Missbrauchsfall in Münster
Der Hauptverdächtige Adrian V. arbeitete in einem landwirtschaftlichen Betrieb im Kreis Coesfeld für die IT-Technik. Über die IP-Adresse des Unternehmens kamen die Ermittler auf die Spur von V. In der Gartenlaube seiner Mutter sollen er und andere Männer mehrere Jungen teilweise stundenlang sexuell missbraucht und die Taten gefilmt haben. Eines der Opfer ist der zehnjährige Sohn der Lebensgefährtin von Adrian V., Sabrina K.
Adrian V. war in den Jahren 2015 und 2016 bereits zweimal wegen des Besitzes und Vertriebs von kinderpornografischen Daten verurteilt worden. Als IT-Experte habe er die Taten festgehalten, gespeichert und verteilt. Erschüttert zeigen sich die Ermittler über das planvolle, konspirative und versierte Vorgehen, was die Verschlüsselung, die Speicherung und die Verbreitung der Missbrauchsbilder auf Plattformen im Darknet betrifft. Einen Kellerraum in Münster hatte V. zu einem hochprofessionellen Serverraum mit Kühlung umgebaut.
Nachbarn beschreiben V. und seine Lebensgefährtin gegenüber der “Bild” als höflich und zurückhaltend. Kontakte im Wohnhaus habe von der Familie nie jemand gesucht. Adrian V. soll aber eine Vielzahl von Paketen bekommen haben. Etwas geahnt hätten die Nachbarn allerdings zu keinem Zeitpunkt.
Verdächtige Carina V. ist Erzieherin
Haupttatort des Missbrauchs ist nach derzeitigen Erkenntnissen eine Gartenlaube in Münster, die der Mutter von Adrian V., Carina V., gehört. Unter anderem dort sollen die Kinder jahrelang missbraucht worden sein. Aus dem ausgewerteten Material ging hervor, dass in der Gartenlaube erst vor Kurzem eine der Taten stattfand. Im April wurden ein Fünfjähriger und der Zehnjährige von vier Männern über Stunden missbraucht.
Carina V. soll über die Machenschaften ihres Sohnes Bescheid gewusst und ihm die Gartenlaube für die Taten zur Verfügung gestellt haben. Die Mutter des Hauptbeschuldigten soll bis zu ihrer Festnahme als Erzieherin gearbeitet haben. “Die Leitung der Kita wurde von uns informiert”, sagte Oberstaatsanwalt Martin Botzenhardt am Sonntag. Derzeit gebe es aber keine Hinweise auf Taten der 45-Jährigen im Kindergarten.
Auch zu Hause soll sie ab und an Kinder betreut haben, sagte eine Nachbarin der “Bild”-Zeitung: “Eigentlich hörte man nicht viel aus der Wohnung, aber dann kam es auch mal vor, dass kleine Kinder sich dort aufhielten und hörbar über Stunden hin und her liefen.” Adrian V. soll allerdings nicht sehr häufig bei seiner Mutter gewesen sein.
Verdächtiger im Missbrauchsfall: Enrico L. aus Brandenburg
Ein weiterer Beschuldigter ist Enrico L. aus dem brandenburgischen Finowfurt. Bereits in einem früheren Stadium der Ermittlungen hatte es Hinweise auf den Mann aus dem Schorfheider Ortsteil gegeben. Im Auto von Adrian V. sei seine Adresse gefunden worden. L. ist Vater von drei Kindern. Seine Frau arbeite wie er im Schichtdienst. Überführen konnten die Ermittler den 42-Jährigen durch eine Videoaufnahme, die ihn bei einer Tat in Münster zeigt.
Enrico L. ist der Vorsitzende eines Kleingartenvereins in Eberswalde, nur wenige Kilometer von Finowfurt entfernt. Dort besitzt L. eine Gartenlaube, ähnlich wie Adrian V. Die Polizei durchsuchte die Holzhütte. Bislang ist aber nicht bekannt, ob es dort auch Fälle von Kindesmissbrauch gab. In seinem Kleingarten habe Enrico L. außerdem gerade an einem kleinen Haus mit Betonwänden und einer massiven Metalltür gebaut, berichtet “Bild”.
Kindesmissbrauch Münster: Wer sind die Opfer?
Bisher sind drei Kinder als Opfer identifiziert worden. Die Jungen sind fünf, zehn und zwölf Jahre alt. Sie sollen teilweise stundenlang von mehreren Männern sexuell missbraucht worden sein – in einem Fall sogar vom eigenen Vater.
Der Zehnjährige ist der Sohn von Sabrina K., der Lebensgefährtin von Adrian V. Das fünfjährige Opfer ist der Sohn des Verdächtigen aus dem hessischen Staufenberg. Der Vater soll ihn selbst missbraucht und zum Missbrauch angeboten haben. Bei dem dritten Opfer handelt es sich den Ermittlern zufolge um den zwölfjährigen Neffen des Beschuldigten aus Kassel.
Polizei und Staatsanwaltschaft gehen allerdings davon aus, dass bislang nur ein kleiner Teil der mutmaßlichen Verbrechen bekannt geworden ist. Viele der Daten müssen noch entschlüsselt werden.
RND/nis