Tote und Verwüstungen nach Tornado in den USA: Warum sah niemand die Katastrophe kommen?

Ein Mann geht im US-Bundesstaat Kentucky über die Trümmer, die der Tornado von Freitagabend hinterlassen hat.

Ein Mann geht im US-Bundesstaat Kentucky über die Trümmer, die der Tornado von Freitagabend hinterlassen hat.

Es ist ein Bild der absoluten Zerstörung: Am Freitag richtet ein Sturm in insgesamt sechs US-Bundesstaaten immense Schäden an. Betroffen waren Kentucky, Mississippi, Missouri, Arkansas, Illinois und Tennessee. Genaue Zahlen zu Verletzen und Toten gibt es noch nicht, da immer noch nach Vermissten gesucht wird. Die Behörden gehen allerdings von bis zu 100 Menschen aus, die bei dem Sturm ihr Leben verloren haben. Zahlreiche weitere wurden verletzt.

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Diplom-Meteorologe Jürgen Schmidt vom Portal „Wetterkontor“ spricht unter Berufung auf US-Wetterbehörden von einem einzigen Tornado. „Es wird derzeit davon ausgegangen, dass es sich um einen Tornado gehandelt habe. Dieser hätte dann eine Zuglänge von 350 bis 400 Kilometern gehabt, was ein neuer Rekord wäre“, erklärt der Experte am Montag gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

Mühsame Aufräumarbeiten nach Tornados in USA
 December 12, 2021, Kentucky, USA: A man walks through the wrecked remains of houses in a neighborhood off Russellville Road after a tornado swept through Friday night in Bowling Green, Ky., Sunday, Dec. 12, 2021. USA - ZUMAm67_ 20211212_zaf_m67_038 Copyright: xSilasxWalkerx

Der Gouverneur von Kentucky, Andy Beshear, sprach am Sonntag von 80 bestätigten Toten allein in seinem Bundesstaat.

Schneise der Verwüstung

Kentucky wurde mit Abstand am härtesten getroffen. Bis das volle Ausmaß der Katastrophe bekannt wird, dürften Tage vergehen, sagte der Gouverneur des östlichen Bundesstaates, Andy Beshear, am Sonntag. Seinen Angaben zufolge richtete der Tornado eine Schneise der Verwüstung an. „Nichts, was in der direkten Linie dieses Tornados stand, steht noch“, sagte Beshear.

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Wurde die Lage unterschätzt?

Warum so viele Menschen durch den Wirbelsturm zu Schaden gekommen sind, erschließt sich für Schmidt nicht. „Die USA haben ein sehr ausgeprägtes Warnsystem für solche Fälle. Es gibt dort sogar einen eigenen Wetterkanal, der 24 Stunden auf Sendung ist“, erläutert Schmidt. Dass die Warnungen, die offenbar zu spät kamen, nicht alle Menschen erreicht hat, könne an der Uhrzeit liegen. Der Tornado fegte von 21 Uhr bis 23.20 Uhr über die US-Bundesstaaten hinweg. „Oder die Lage wurde schlichtweg völlig unterschätzt“, sagt Schmidt angesichts der immensen Zerstörungen. Was genau vorgefallen ist, sei aber noch unklar.

Die Wetterbehörden vor Ort geben für den Tornado die Stärke F3 bis F4 an. F5 ist die höchste Stärke in dieser Skala. Gemessen wurden Windgeschwindigkeiten von 250 bis 330 Stundenkilometern. Zum Vergleich: In Deutschland treten Wirbelstürme ab etwa 120 Stundenkilometern auf. Tornados mit dieser Stärke können bereits Hausdächer abdecken und Bäume entwurzeln, wie zuletzt Ende September in Kiel (F1-Tornado mit Windgeschwindigkeiten von 118 bis 180 Stundenkilometern).

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Menschen im betroffenen Gebiet eigentlich sensibilisiert

Ferner sei die Zahl der Opfer verwunderlich, da die Menschen in den betroffenen Bundesstaaten eigentlich sensibilisiert sind. „Die meisten Häuser haben Schutzräume. Gerade in diesem Gebiet der USA treten häufiger Tornados auf“, sagt Schmidt und führt aus: „Das Gebiet ist prädestiniert für die Bildung von Wirbelstürmen.“ Warme Luft aus dem Golf von Mexiko sowie Kaltluft aus dem Norden träfen dort mit hohen Geschwindigkeiten aufeinander. Es müsse nun ergründet werden, was beim Warnsystem schief gelaufen ist, so der Meteorologe.

Tödliche Naturgewalt: So entstehen Tornados

Wie entstehen eigentlich Tornados? Das zeigt diese Videografik.

Biden spricht von Folge des Klimawandels

Für die USA ist es die jüngste einer ganzen Reihe von Naturkatastrophen. Allein in diesem Jahr hatte es zuvor schon zahlreiche Stürme, Überflutungen und Waldbrände gegeben. Präsident Joe Biden sieht in der Häufung und Heftigkeit der Katastrophen eine Folge des Klimawandels, dessen Bekämpfung er zu einer seiner Topprioritäten gemacht hat. Jürgen Schmidt sieht allerdings keinen eindeutigen Zusammenhang. „Das kann man schlichtweg nicht sagen, es ist Spekulation. Dazu fehlen die entsprechenden Daten“, erklärt er.

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mit dpa

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