Randale in Stuttgart: Was bisher bekannt ist

Das Logo von Bündnis 90/Die Grünen ist hinter einer beschädigten Scheibe der Eingangstür eines Hauses in Stuttgart, in dem sich die Landesgeschäftsstelle der baden-württembergischen Grünen befindet, zu sehen.

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Stuttgart. Die Stuttgarter Innenstadt wurde Samstagnacht zum Schauplatz scheinbar willkürlicher Gewaltexzesse. Fliegende Pflastersteine, zerbrochene Scheiben, geplünderte Geschäfte, Angriffe auf Polizisten: Hunderte Personen in kleinen gewaltbereiten Gruppen probten den Aufstand. “Die Situation ist völlig außer Kontrolle”, sagte ein Polizeisprecher. Vom Ein-Euro-Shop bis zum Juwelier, die Randalierer, vorwiegend junge Männer, machten keine Unterschiede. So stehen viele Unternehmer am Sonntagmorgen vor den Trümmern ihres Ladens und fragen sich: Warum?

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Was ist in Stuttgart passiert?

Bei schweren Auseinandersetzungen mit der Polizei haben Dutzende gewalttätige Kleingruppen in der Nacht zu Sonntag die Stuttgarter Innenstadt verwüstet und 19 Beamte verletzt – einer davon sei dienstunfähig. Die Zahl könne sich noch erhöhen, da die Beamten im Einsatz sich oft erst später mit Verletzungen meldeten, sagte Polizeivizepräsident Thomas Berger am Sonntag bei einer Pressekonferenz im Stuttgarter Rathaus.

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In der Nacht seien insgesamt 25 Personen vorläufig festgenommen worden.

Bundesinnenminister Horst Seehofer: Aus Worten werden Taten
22.06.2020, Baden-W��rttemberg, Stuttgart: Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) betrachtet w��hrend seines Besuchs ein Polizeiauto, das w��hrend der n��chtlichen Randale besch��digtet wurde.  Das Fahrzeug wurde f��r den Besuch an den Ort der Randale gebracht. Bei Auseinandersetzungen mit der Polizei hatten dutzende gewaltt��tige Kleingruppen in der Nacht zum 21. Juni die Innenstadt verw��stet und mehrere Beamte verletzt. Foto: Marijan Murat/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

400 bis 500 Menschen haben in der Stuttgarter Innenstadt randaliert. Bundesinnenminister Horst Seehofer fordert nun harte Strafen für die Verantwortlichen.

Mehr als 200 Polizisten aus dem Stuttgarter Umland wurden vorübergehend in die Landeshauptstadt beordert, um die Lage unter Kontrolle zu bekommen. Polizeihubschrauber flogen über die Stadt. Am Morgen sicherte die Polizei Spuren. Schwerpunkte seien der Schlossplatz und die benachbarte Königstraße gewesen, die als Stuttgarts Shoppingmeile bekannt ist.

Randale in Stuttgart: Polizei sieht keine politische Motivation
21.06.2020, Baden-W��rttemberg, Stuttgart: Besch��digt ist das Schaufenster eines Bekleidungsgesch��fts nach den schweren Ausschreitungen in der Nacht zum Sonntag. Bei Auseiandersetzungen mit der Polizei haben dutzende gewaltt��tige Kleingruppen die Innenstadt verw��stet und mehrere Beamte verletzt. Foto: Silas Stein/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Nach einer Drogenkontrolle in Stuttgart habe es schwere Randale in der Innenstadt gegeben. Dabei sei es zu Angriffen auf Polizei und Läden gekommen.

Was hat die Randale ausgelöst?

Während einer Kontrolle anlässlich eines Drogendelikts hätten sich viele Feiernde gegen die Polizisten solidarisiert, teilte die Polizei mit. Die Menschen, viele von ihnen vermummt, zogen demnach randalierend in Richtung Schlossplatz. Es flogen Pflastersteine auf vorbeifahrende Polizeiautos, Schaufenster wurden eingeschlagen und Geschäfte geplündert.

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Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) hat neben Alkohol auch das Geltungsbewusstsein in sozialen Medien als Grund für die Ausschreitungen in Stuttgart in der Nacht zu Sonntag genannt. Es könne nicht angehen, dass man aus welchen Gründen auch immer die Polizei angreife und Geschäfte plündere, sagte Kuhn bei einer Pressekonferenz am Sonntag. “Ein Grund wird Alkohol sein, ein anderer die Sucht, in sozialen Medien mit Filmchen zu kommen.” Wenn er Facebook-Filmchen nach dem Muster “Fuck the police” sehe, dann sei das etwas, das in Stuttgart nichts zu suchen habe, sagte Kuhn.

Wer sind die Drahtzieher?

Einem politischem Spektrum könnten die Tätergruppen nach aktuellem Ermittlungsstand nicht zugeordnet werden. “Wir können aus der momentanen Sicht der Dinge eine linkspolitische oder überhaupt eine politische Motivation für diese Gewalttaten ausschließen”, sagte der Stuttgarter Polizeipräsident Franz Lutz am Sonntag.

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“Es war heute Nacht eine nie dagewesene Dimension von offener Gewalt gegen Polizeibeamte und massive Sachbeschädigung bis hin zu Plünderungen.” An den Ausschreitungen auf dem Stuttgarter Schlossplatz waren nach Angaben der Polizei 400 bis 500 Personen beteiligt. Die Polizei habe gegen 23.30 Uhr einen 17-jährigen Deutschen im Schlossgarten wegen eines mutmaßlichen Drogendelikts kontrolliert, sagte Polizeivizepräsident Thomas Berger am Sonntag in Stuttgart. Sofort hätten sich 200 bis 300 Personen aus der Partyszene mit dem Jugendlichen solidarisiert und die Beamten vor Ort mit Steinen und Flaschenwürfen angegriffen.

Auf dem Schlossplatz hätten sich noch mehr beteiligt, die Gruppe sei auf 400 bis 500 Personen gewachsen.

Wie ist die aktuelle Lage in der Stadt?

Der Großteil der Einsatzkräfte, die aus anderen Teilen Baden-Württembergs in die Hauptstadt beordert worden waren, hat Stuttgart inzwischen wieder verlassen, wie ein Sprecher der Polizei am Morgen sagte. Zur Sicherheit bleibe die Polizei aber mit einem Großaufgebot in der Innenstadt präsent. Die Ermittler bitten nun Zeugen um Mithilfe, um die Gründe für die Ausschreitungen aufzuklären. “Zur Aufklärung der Straftaten benötigt die Polizei Bilder, Videos von den Ausschreitungen, Straftaten und mutmaßlichen Tatverdächtigen”, schreibt die Behörde auf einem Hinweisportal, das am Sonntagvormittag eingerichtet wurde.

“Wir wissen noch nicht genau, warum es zu solch massiven Ausschreitungen gekommen ist. Es ist jedoch nicht hinnehmbar, dass es massive Angriffe auf Kolleginnen und Kollegen gibt und zu Beschädigungen und Plünderungen von Ladengeschäften kommt. Das ist nicht nur ein Angriff auf Menschen und Sachen, sondern auch auf unseren Rechtsstaat”, teilte die Deutsche Polizeigewerkschaft mit.

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Warum sind die Ausschreitungen politisch relevant?

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Krawalle am Wochenende in Stuttgart scharf verurteilt. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Montag in Berlin, die Szenen seien “abscheulich” gewesen und mit nichts zu rechtfertigen. Sie seien gegen die Stadt und ihre Bürger gerichtet gewesen. Seibert dankte zugleich der Polizei. Die Bundesregierung wisse sehr wohl, was die Polizisten tagtäglich leisteten. Den Verletzten wünschte Seibert baldige Genesung.

Bundesinnenminister Horst Seehofer hat nach den Auseinandersetzungen in Stuttgart harte Strafen für die Randalierer verlangt. “Ich erwarte, dass die Justiz den Tätern, die gestellt werden konnten oder noch können, auch eine harte Strafe ausspricht”, sagte der CSU-Politiker am Montag in Stuttgart. “Da geht es auch um die Glaubwürdigkeit unseres Rechtsstaates.” Die Entwicklung vom Wochenende und auch in den Monaten zuvor sei ein “Alarmsignal für den Rechtsstaat”. Es gehe nicht nur um Gewalt gegen die Polizei, sondern auch um die Verunglimpfungen der Beamten mit Worten. “Aus Worten folgen immer auch dann Taten.”

Die Deutsche Polizeigewerkschaft erhob in dem Zusammenhang schwere Vorwürfe vor allem in Richtung von SPD und Grünen. Die pauschale Verunglimpfung und Verunsicherung der Polizei – auch durch Teile unserer Politiker – habe zu so einer Enthemmung beigetragen, sagte der Landesvorsitzende Ralf Kusterer. “So etwas wie heute Nacht gab es noch nie und das darf es auch nie wieder geben.”

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SPD-Chefin Saskia Esken sorgte Anfang des Jahres mit kontroversen Aussagen zu einem Polizeieinsatz im linken Leipziger Stadtviertel Connewitz für bundesweites Aufsehen. Zuletzt warf sie den Sicherheitsbehörden “latenten Rassismus” vor. Innerhalb der Polizei sorgte diese Kritik für Empörung. Die Vorfälle in Stuttgart bedauert sie via Twitter: “Was für eine sinnlose, blindwütige Randale in Stuttgart, die so viele verletzte Polizist*innen und zerstörte Ladengeschäfte zurücklässt. Die Gewalttäter müssen ermittelt und hart bestraft werden. Unbegreiflich, wie die Situation derart eskalieren konnte.”

Auch Grünen-Politiker Cem Özdemir nahm Stellung. Er schreibt: “Egal, aus welcher Richtung diese idiotische Zerstörungsgewalt kommt, es gibt dafür keine Rechtfertigung!” Zudem bedankte er sich bei den Einsatzkräften.

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Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) verurteilte die Ausschreitungen in der Stuttgarter Innenstadt scharf. “Eines muss klar sein: Es darf keine rechtsfreien Räume in Stuttgart geben”, teilte Kuhn am Sonntagmorgen auf Twitter mit. “Ich bin schockiert von dem Ausbruch an Gewalt, von den Angriffen auf die Polizei und den Zerstörungen in unserer Stadt. Das ist ein trauriger Sonntag für Stuttgart.”

FDP- und SPD-Fraktion kündigten eine Sondersitzung des Innenausschusses im Landtag für kommende Woche an. Innenminister Thomas Strobl (CDU) müsse dort ausführlich über die kriminelle Gewalt und seine Maßnahmen zum Schutz von Gesellschaft und Polizei berichten, forderte FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke.

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Auch der innenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Uli Sckerl, sagte, es sei geboten, dass sich der Landtag mit einer Sondersitzung des Innenausschusses ein Bild von der Lage mache. “Diese ist jetzt noch viel zu unübersichtlich, um aus der Ferne bereits voreilige Schlüsse zu ziehen und Schuldige zu benennen”, sagte er.

Sascha Binder, Innenexperte der SPD-Landtagsfraktion, sprach von bürgerkriegsähnlichen Zuständen. “Straßenschlachten solchen Ausmaßes kennen wir in Baden-Württemberg nicht, und der Innenminister muss alles dafür tun, damit dies nicht zur Normalität wird.”

Was ist auf Videos zu sehen?

Im Kurznachrichtendienst Twitter kursierten Videoaufzeichnungen von jungen Männern, die gegen Schaufensterscheiben von Geschäften traten oder Pflastersteine aus dem Boden rissen. Ein Polizeisprecher sagte: “Es wurde richtig randaliert.” Aufnahmen zeigen zudem, wie Einsatzkräfte aggressiv angegangen und getreten werden.

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Auf weiteren Aufnahmen ist zu hören, wie Polizisten beschimpft werden. Dabei fliegen Pflastersteine auf einen stehenden Streifenwagen. Ein unbekannter Mann ruft: “Es wurde Zeit!” Andere Videosequenzen zeigen zudem zerstörte Schaufenster und Gruppen, die Geschäfte plündern.

RND/ka/dpa

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