Um Geld zu sparen: Schwimmbäder senken Temperatur
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Ein Schwimmbecken in einem Hallenbad.
© Quelle: Stefan Sauer/dpa
Schwimmbäder sind wahre Energiefresser. Die Schwimmbecken auf eine empfohlene Temperatur von 26 Grad bis 28 Grad zu heizen ist energieintensiv und kostet dementsprechend viel Geld. Wegen des Krieges in der Ukraine schießen die Energiepreise derzeit in die Höhe, was den Betrieb eines Schwimmbades noch teurer macht.
Die Deutsche Gesellschaft für das Badewesen (DGfdB) empfiehlt deshalb, die Wassertemperatur um zwei Grad abzusenken, sagte DGfdB-Sprecherin Ann-Christin von Kieter dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) am Mittwoch. Ein weiterer kritischer Punkt seien beheizte Außenbecken. „Das sind ganz große Energiefresser. Da gibt es Überlegungen, diese komplett geschlossen zu halten oder erst später zu eröffnen, wenn es wärmer ist und man nicht mehr so stark heizen muss“, erklärte die Sprecherin. Attraktionen wie Großrutschen oder Saunen könnten ebenfalls geschlossen bleiben, meldeten einige Schwimmbäder der Gesellschaft für das Badewesen.
Die Absenkung der Wassertemperatur sei aber zunächst das beste Mittel, um Energie zu sparen. „Da die Verdunstung von der Wasseroberfläche der größte Wärmefresser in einem Hallenbad ist, können so in etwa 25 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs eines Hallenbades eingespart werden“, teilte die DGfdB bereits Anfang April mit. Das helfe enorm, Gas zu sparen und sich auf den kommenden Winter vorzubereiten. Bei einem Stopp der Gaslieferungen aus Russland könnten die Schwimmbäder auch komplett schließen.
DGfdB veröffentlicht Leitfaden für Schwimmbäder
Die Gesellschaft hat am vergangenen Montag einen Leitfaden für die rund 6000 deutschen Hallen- und Freibäder veröffentlicht, auf den Sprecherin von Kieter verwies. Dieser soll die Betreiberinnen und Betreiber dabei unterstützen, sich auf die Bedingungen einer kommenden Energiekrise vorzubereiten.
In dem Szenario, dass die Energielieferungen an Schwimmbäder deutlich reduziert werden und ein Betrieb nur unter ganz spezifischen, sehr energiesparenden Bedingungen möglich ist, spricht die Gesellschaft Handlungsempfehlungen aus. Die Anpassung des Bäderbetriebs mit den möglichen Einschränkungen sollte demnach in der angegebenen Reihenfolge, sortiert nach ihrer energetischen Effizienz und ihrer Bedeutung für das Gemeinwohl vorgenommen werden, schreibt die DGfdB.
- Absenkung der Beckenwassertemperaturen
- Außerbetriebnahme ganzjährig beheizter Außenbecken
- Außerbetriebnahme von Attraktionen wie etwa Großrutschen, Saunen oder Warmbecken
- Außerbetriebnahme mit fossiler Energie beheizter Freibäder
- Schließung von Freizeitbädern ohne kommunale Pflichtaufgaben
- Schließung von Bädern mit Schul-/Vereinsschwimmen
- Schließung von unbeheizten/solarbeheizten Freibädern
- Schließung von Bädern in therapeutischen Einrichtungen/Kliniken
In einigen Schwimmbädern in Deutschland sei bereits Punkt drei erreicht worden. Wassertemperaturen wurden schon in zahlreichen Bädern gesenkt, jedoch nicht überall, wie Umfragen unter Schwimmbadbetreibern zeigen.
Kälteres Wasser in bayerischen Schwimmbädern
Die gestiegenen Energiepreise lassen das Wasser beispielsweise in manchen bayerischen Schwimmbädern kälter werden. Wegen eines befürchteten Gaslieferstopps haben einige Bäder die Temperatur in den Becken gesenkt, um Energie zu sparen. Das Westbad in Regensburg verringerte die Wassertemperatur im Wellenbecken auf 28 Grad und im Schwimmerbecken auf 26 Grad, wie ein Sprecher der Stadtwerke sagte. „Die Temperatur muss aber noch so sein, dass sich die Menschen länger im Wasser aufhalten.“ Familien hätten ein anderes Temperaturempfinden als Sportschwimmer.
In den Bädern in Würzburg werden die Temperaturen um zwei Grad vermindert, wie eine Sprecherin der Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH mitteilte. Würde es einen Stopp der russischen Gaslieferungen geben, müsste wahrscheinlich eines der beiden städtischen Schwimmbäder in Betrieb schließen, hieß es weiter. Das Wasser im anderen, ein Freibad, werde über eine Solaranlage beheizt. Allerdings würden dort dann die Duschen kalt bleiben.
Nicht überall ist es in den Becken schon merklich kälter: In München wird den Stadtwerken zufolge die Temperatur vorerst nicht abgesenkt. Sollte sich der Gasstreit mit Russland verschärfen, werde über Maßnahmen nachgedacht. Generell wollen sich die Schwimmhallen mit Solaranlagen und Ökostrom unabhängiger von Gas machen.
Sachsen: Dresdner Bäder senken Wassertemperatur
Die gestiegenen Energiekosten schlagen auch bei den Schwimmbädern in Sachsen heftig zu Buche. Die Dresdner Bäder haben daher beschlossen, die Wasser- und Lufttemperatur zu senken, wie Sprecher Lars Kühl mitteilte. In den Leipziger Sportbädern ist bislang nichts an den Temperaturen verändert worden. Für die Zukunft sei das jedoch nicht ausgeschlossen, teilte Sprecherin Katja Gläß mit. In Chemnitz gibt es dazu laut Stadt bisher keine Überlegungen.
„Der Ukraine-Krieg und dessen Auswirkungen auf den weltweiten Energiemarkt treffen uns sehr empfindlich“, erklärte der Dresdner Bädersprecher Kühl. Es sei nach Einsparpotenzialen gesucht und dabei ausführlich das Für und Wider abgewogen worden. Als Ergebnis wurde die Wassertemperatur in den Schwimm- und Erlebnisbecken sowie in den Lehrschwimmbecken um ein Grad gesenkt. Unverändert blieb das Wasser in den Kinderplanschbecken.
Die Schwimmbecken in Dresden seien im Schnitt 26 Grad warm, die Kursbecken 29 Grad. Damit bewege man sich weiter im Rahmen der Empfehlungen. In den Duschräumen in Dresden werde die Temperatur künftig 26 Grad betragen, in dem Umkleiden 23 Grad.
Wasser- und Lufttemperatur hätten einen „maßgeblichen Einfluss auf die einzusetzende Energiemenge und damit auch Energiekosten“, erklärte auch die Leipziger Sportbädersprecherin Gläß. Ein oder gar zwei Grad weniger Wassertemperatur wären „deutlich“ zu spüren in der Energiebilanz. Die Dresdner Bäder schätzen, dass ein Grad weniger in Luft und Wasser je nach Objekt bis zu 10 Prozent Einsparungen bringe.
Temperaturabsenkungen in niedersächsischen Bädern noch kein Thema
Von einer Absenkung der Wassertemperaturen ist in vielen niedersächsischen Schwimmbädern noch keine Rede. Eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur unter den Betreibern öffentlicher Bäder in den vier größten Städten des Landes ergab, dass es derzeit keine Entscheidungen gibt, die Temperaturen zu senken. Allerdings: Überlegungen, wie Energie eingespart werden kann, gibt es schon. „Der Gedanke ist da, eine Entscheidung ist noch nicht getroffen“, sagte Fabian Neubert, stellvertretender Geschäftsführer und Marketingleiter der Stadtbad Braunschweig GmbH. Eine geringere Wassertemperatur spare sicherlich Energie und Geld, eine solche Maßnahme könne aber auch nach hinten losgehen. „Wenn ich die Temperatur zu weit herunterdrehe, bleiben mir irgendwann auch die Gäste weg.“
Deswegen erarbeite das städtische Unternehmen derzeit verschiedene Konzepte, wie Energie gespart werden könne. „Bei den Schwimmkursen haben wir wegen der pandemiebedingten Schließungen einen großen Nachholbedarf“, sagte Neubert. Daher habe bei allen Einsparplänen die Beibehaltung der Schwimmkurse für Kinder eine hohe Priorität.
Auch in Osnabrück wollen die Stadtwerke in den von ihnen betriebenen Bädern die Temperaturen nicht absenken. Über diese Frage sei nachgedacht worden, sagte Sprecher Marco Hörmeyer. „Es gilt dabei abzuwägen zwischen wirtschaftlichen Gesichtspunkten und der Attraktivität unserer Bäder, zu der unter anderem auch die Wassertemperatur zählt“, sagte er. Nach dem Wegfall der Corona-Beschränkungen wollen die Bäder in Osnabrück erst einmal wieder Gäste locken. „Daher wägen wir sehr genau ab, ob ein Absenken der Wassertemperatur aktuell der richtige Weg ist.“ Sollte es zu einem Absenken kommen, werde sicherlich auch nicht die Temperatur überall gleich reduziert – denkbar sei das etwa für die Sportbecken. Ein Absenken der Temperaturen in Babyschwimmbecken wäre hingegen nicht zielführend, sagte Hörmeyer.
Ähnliche Antworten kommen aus Oldenburg, Hannover und aus Bremen. Eine Absenkung der Temperaturen werde derzeit nicht in Betracht gezogen, sagte der Sprecher der Bäderbetriebsgesellschaft Oldenburg, Dennis Ströh. „Wir können diese Maßnahme aufgrund der dynamischen Entwicklung aber für die Zukunft nicht ausschließen.“ Auch in Hannover gebe es derzeit keine Überlegungen in diese Richtung, hieß es aus dem Rathaus. Für die Geschäftsführung Bremer Bäder GmbH sagte Martina Baden, dass die Wassertemperaturen dem Bedarf angepasst seien. In vielen Bremer Bädern werde Fernwärme eingesetzt, sodass die Abhängigkeit von Gas geringer sei. Gleichwohl würden Optimierungen weiterhin geprüft.
Dass auch Hotels die Temperaturen in ihren Bädern aus Energiespargründen senken, könne er sich nicht vorstellen, sagte der Hauptgeschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbandes Niedersachsen (Dehoga), Rainer Balke. „Dem Gast ein Wohlfühlerlebnis im Schwimmbad versprechen und dann die Temperaturen senken, das wäre ja kontraproduktiv.“
Keine Einschränkungen in Hamburg vorgesehen
Die steigende Energiepreise haben derzeit keinen Einfluss auf das Schwimmen und Planschen in den Bädern in Hamburg. Es müsse in den Becken deshalb weder die Temperaturen gesenkt noch kalt geduscht werden, wie ein Bäderland-Sprecher der Deutschen Presse-Agentur in Hamburg sagte. Grund dafür seien vor allem längerfristig laufende Verträge, die demnächst auch nicht ausstehen. „Ganz akut sehen wir da keine Auswirkungen, um aus diesem Grund reagieren zu müssen. Deswegen haben wir erst mal weiterhin normalen Betrieb.“ Bäderland ist Europas zweitgrößter Schwimmbadbetreiber, in Hamburg ist er an 28 Standorten für Hallen- und Freibäder zuständig.
Mittelfristig könne das Energiesparen ein Thema werden, um im Winter volle Energiespeicher zu haben. Sollte es in dieser Hinsicht eine Ansage aus der Politik geben, könne das Unternehmen auf die Erfahrungen aus der Pandemiezeit zurückgreifen. „Wir wissen, wo wir schnell sparen können und dann entsprechend Angebote einschränken könnten.“ Allerdings müsse dann auch die Frage gestellt werden, „ob der Einspargewinn die Nachteile aufwiegen kann, wenn beispielsweise Kinder nicht mehr schwimmen lernen können, weil das Wasser zu kalt ist oder die Bäder geschlossen sind“.
Rheinland-Pfalz: Erlebnisbad in Bitburg erhöht Ticketpreise
In Rheinland-Pfalz machen die stark gestiegenen Energiepreise den Thermen, Bädern sowie ihren Trägern dagegen zu schaffen. So manchem Haus kommt zugute, dass schon in den vorangegangenen Betriebspausen in der Corona-Pandemie modernisiert und in energiesparende Techniken investiert wurde. Mancherorts sollen Eintrittspreise erhöht werden, oder es wird an anderen Stellschrauben gedreht – bis hin zur Wassertemperatur.
Ausgaben für Energie seien in einem Freizeitbad neben denen für Personal der zweite große Kostenpunkt, erklärte etwa die Geschäftsführerin des Cascade Erlebnisbades in Bitburg, Elfriede Grewe. Das Bad habe noch bis Ende 2023 einen Festpreis für Gas vereinbart, insofern wirkten sich die derzeitigen Preissteigerungen noch nicht unmittelbar aus. Beim Strom würden 95 Prozent des Bedarfs mit zwei Blockheizkraftwerken selbst produziert. „Dennoch spüren wir Kostensteigerungen in allen anderen Bereichen“, sagte Grewe. Daher sei geplant, die Eintrittspreise ab Mai zu erhöhen.
Auch die Vulkaneifel Therme in Bad Bertrich (Kreis Cochem-Zell) hat erst mal Sicherheit bei den Gaspreisen, wie Geschäftsführer Michael Krämer sagte. Der Vertag für Heizgas werde stets für mehrere Jahre ausgeschrieben, der aktuelle laufe noch bis Ende dieses Jahres. Preiserhöhungen seien nicht geplant – auch, weil die Besucher ohnehin gerade eher zurückhaltend seien. Das führt Krämer auf eine weitere Folge des Krieges zurück: die hohen Spritpreise. Viele Gäste kämen aus dem Umland und hätten teils Anfahrten von 40 bis 50 Kilometern. Ob sie die derzeit auf sich nähmen, werde schon genau überlegt. Denkbar sei aber ein Betrieb bei etwas geringerer Wassertemperatur. Es werde gerade geschaut, wie viel Gas sich mit zwei Grad weniger einsparen lasse.
Amsterdam senkt Wassertemperatur in Schwimmbädern
Nicht nur in Deutschland ist die Herabsenkung der Temperaturen des Wassers in Schwimmbädern ein Thema. Die Stadt Amsterdam hat bereits Ende März beschlossen, das Wasser in ihren Schwimmbädern um ein Grad weniger aufzuheizen. Das Thermostat sei seitdem heruntergedreht worden, um zu verhindern, dass die Bäder am Ende vor einer gigantischen Gasrechnung stehen, berichtete der öffentlich-rechtliche Sender NOS.
Bei den niederländischen Schwimmerinnen und Schwimmern stieß die Maßnahme auf unterschiedliche Resonanz. „Es ist so fast noch schöner, man fühlt sich nachher klasse“, sagte einer. Ein anderer Schwimmbadnutzer hingegen bibberte: „Ein Grad weniger? Das fühlt sich wie fünf Grad weniger an.“ Normalerweise wird das Wasser auf etwas über 25 Grad geheizt.
RND/nis mit dpa