Wie Australien mit Kawa um den Pazifik buhlt
Bei der Kawa-Zeremonie müssen strenge Regeln befolgt werden.
© Quelle: Barbara Barkhausen
Sydney. Für Europäerinnen und Europäer ist Kawa auf den ersten Blick ein eher gewöhnungsbedürftiges Getränk. In kleinen Schüsseln serviert hat man den Eindruck, erdiges Wasser zu trinken. Auch geschmacklich ist Kawa wenig aufregend: Es schmeckt ganz einfach bitter und hinterlässt ein leicht taubes Gefühl auf der Zunge. Doch das Getränk, das man aus der pulverisierten Wurzel der Pfefferpflanze Piper methysticum anmischt, soll – in ausreichender Menge konsumiert – auch entspannen und Angstzustände lösen.
„Kawa ist ein fundamentaler Teil der Kultur Fidschis“, berichtete beispielsweise Sanaka Samarasinha, einer der UN-Koordinatoren in der Pazifikregion. Doch auch für etliche andere Inselstaaten im Pazifik spielt Kawa eine wichtige Rolle. Eine Kawa-Zeremonie bringt die Menschen in diesen Ländern zusammen. Man sitzt gemeinsam im Kreis zusammen und trinkt nacheinander Kawa, das mit kleinen Schalen aus einer großen Schüssel in der Mitte geschöpft wird. Selbst während der Pandemie brachten virtuelle Kawa Sessions auf Facebook Live die Menschen zusammen. Die Entscheidung Australiens, Kawa-Importe zu erlauben, sende deswegen eine wichtige, positive Botschaft für die Region, meinte Samarasinha.
Schadet Kawa der Leber?
Dabei war die Geschichte von Kawa in Australien nicht immer eine einfache: In den 1980er-Jahren war es schon einmal als Ersatz für Alkohol in indigenen australischen Gemeinden eingeführt worden. Doch nachdem übermäßiger Konsum in einigen Regionen zu Gesundheitsproblemen führte, wurde Kawa als Droge aufgeführt und durfte nicht mehr in kommerziellen Mengen importiert werden. Die Australian Drug Foundation warnte sogar davor, dass der Konsum von Kawa in Verbindung mit Alkohol zu Leberschäden führen könnte – ein Bedenken, das auch in Europa immer wieder angeführt wird. In Deutschland sind Kawa-Produkte deswegen nicht mehr zugelassen.
Kawa-Wurzeln liegen auf einem Tresen.
© Quelle: Barbara Barkhausen
Auch eine Studie der neuseeländischen University of Waikato, die im September veröffentlicht wurde, wies erneut darauf hin, dass das narkotische Getränk nicht ungefährlich ist. So zeigten die Forschungen der Wissenschaftler, dass das Trinken von Kawa beispielsweise Einfluss darauf nimmt, wie gut das Gehirn in der Lage ist, die richtige Reihenfolge von Ereignisse zu erkennen. Letzteres kann vor allem beim Autofahren gefährlich sein.
Kawa profitiert von Australien-China-Rivalität
Trotz dieser Bedenken wurde ein Verbot des kommerziellen Imports in Australien im Dezember nun aufgehoben. Die ersten Kawa-Lieferungen trafen bereits Anfang des Jahres auf dem fünften Kontinent ein. Der Kawa-Kult selbst ist dabei schon wesentlich früher über den Pazifik geschwappt. Das berauschende Gebräu wird seit einigen Jahren schon in coolen Bars in New York oder auch im neuseeländischen Auckland serviert. In Pillenform konnte man es bisher auch schon in Australien kaufen. Dass die Mixtur in Australien oder Neuseeland gefragt ist, hängt vor allem mit der relativ großen Gemeinde an Bewohnern aus den Pazifikstaaten zusammen. Dass das eher konservative und auf Sicherheit bedachte Australien die Einfuhr der berauschenden Kawa ermöglicht, hat aber auch mit dem Wunsch Canberras zu tun, engere Beziehungen zu den pazifischen Nachbarn knüpfen zu wollen. Letztere sind Australien aufgrund des eher dürftigen Engagements des Landes im Kampf gegen den Klimawandel nicht immer wohlgesonnen.
Mit der Kava-Entscheidung buhlt die australische Regierung deswegen eindeutig auch um Pluspunkte in der Region, auf die auch China ein Auge geworfen hat. Letzteres wurde zuletzt nach der Doppelkatastrophe in Tonga wieder deutlich, wo nach einem Vulkanausbruch und Tsunami neben Australien und Neuseeland auch Japan und China Hilfsgüter anlieferten. Diese Rivalität der Pazifikanrainer hat nun zumindest dazu beigetragen, dass die Bestimmungen in Australien gelockert wurden. Und tatsächlich hinterlasse der Schritt bei den Menschen in der Region „einen positiven Eindruck“, wie der UN-Mann Samarasinha bestätigte.
Großes Potenzial für Kawa-Farmer
Noch steckt der Kawa-Import in Australien in den Kinderschuhen und ist von einem kommerziell lukrativen Handel weit entfernt. Doch das Potenzial für Kawa-Bauern im Pazifik ist groß, denn die Kawa-Pflanze ist eine der wertvollsten Nutzpflanzen in der Region. Auf Fidschi allein gibt es mehr als 10.000 Kawa-Farmer. Damit diese wirtschaftlichen Vorteile realisiert werden können, müsse Fidschi Kawa jedoch von seiner rohen Form zu mehr standardisierten und sicheren Konsumgütern entwickeln, wie es in einem Bericht des australischen Senders ABC heißt.
Donny Yee Jason, Geschäftsführer des Kawa-Produzenten Lami Kawa, hofft, dass Kawa sich in Australien über kurz oder lang ähnlich gut etablieren wird wie in den USA. „Wir wollen es neben Tee und Kaffee platzieren – in Cafés, Supermärkten und Reformhäusern“, sagte er. In Amerika habe es ähnlich wie in Australien mit der Diaspora der pazifischen Inselbewohner begonnen. „Und dann hat es sich zu einem Getränk entwickelt, das der normale Amerikaner trinkt.“ Inzwischen gebe es über 300 Kawa-Bars in den USA. „Das wird hoffentlich auch in Australien passieren“, meinte er.