Situation wie in Shanghai droht

Massentests und Hamsterkäufe: Auch Peking steht vor einem Lockdown

Anwohnerinnen und Anwohner kaufen in einem Supermarkt im Pekinger Stadtteil Chaoyang ein.

Anwohnerinnen und Anwohner kaufen in einem Supermarkt im Pekinger Stadtteil Chaoyang ein.

Peking. Lärmende Megafone weckten am Montagmorgen die Bewohner Chaoyangs, dem mit 3,5 Millionen Menschen größten Pekinger Stadtbezirk. Es waren die Nachbarschaftskomitees, die ab Sonnenaufgang zum ersten von mindestens drei Massentests aufriefen. Der Ermahnung hätte es jedoch gar nicht bedurft, die Hauptstädter strömten aus eigenen Stücken artig zu den Corona-Teststationen, in denen mit beeindruckender Effizienz riesige Menschenschlangen in Windeseile auf das Virus überprüft wurden.

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Doch mindestens ebenso lange Schlangen bildeten sich auch vor den Supermärkten. Dass die Staatsmedien auf ihren Titelseiten beschwichtigend von ausreichenden Lebensmittelvorräten schrieben, feuerte die Hamsterkäufe nur weiter an: Das Vertrauen in die offiziellen Stellen ist spätestens seit der anhaltenden Lockdowntragödie in Shanghai vollkommen vorüber. Und tatsächlich waren auch in Peking in mehreren Stadtvierteln die Gemüseregale der Supermärkte bereits über Nacht leergeräumt.

Die ganz Besorgten haben sich gar gleich langfristig für die bevorstehenden Dürrezeiten gerüstet – sie gaben Bestellungen für Tiefkühltruhen und Kühlschränke auf. Denn wenn es zum Lockdown kommt, entscheidet längst nicht mehr das Bankkonto übers eigene Wohlergehen, sondern die Größe der Vorratskammer. Nur diese hilft aus, wenn die staatlichen Essenslieferungen nicht regelmäßig ankommen.

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„Weitere Maßnahme werden entsprechend folgen“

Wie ein Damoklesschwert kreist der Lockdownhammer über der Stadt. Panikstimmung wäre zwar eine übertriebene Zuschreibung für den Status quo Pekings, doch zuletzt war die Anspannung in der Hauptstadt Ende Januar 2020 ähnlich hoch. Nun sind über zweieinhalb Jahre vergangen, doch in China, so scheint es, hat die Pandemie nach wie vor noch gar nicht richtig angefangen – sie wurde lediglich dank Grenzschließungen und Massentests aufgeschoben.

Anwohner nehmen an einem Corona-Massentest im Pekinger Stadtteil Chaoyang teil.

Anwohner nehmen an einem Corona-Massentest im Pekinger Stadtteil Chaoyang teil.

Nur rund 20 weitere Fälle hat Peking am Montag registriert, und dennoch ist die Lage mehr als ernst. Zum einen wollen die Behörden unter allen Umständen den „point of no return“ verpassen, bei dem das Virus nicht mehr einzudämmen ist. Und für das politische Machtzentrum der Volksrepublik, in dem sich Staatschef Xi Jinping im Herbst beim Parteikongress zur dritten Amtszeit krönen will, gelten ganz besonders strenge Vorgaben.

Zudem musste die Stadtregierung bereits am Sonntag einräumen, dass sich die Erreger schon eine Woche unbemerkt ausgebreitet hätten, unter anderem in einer Schule sowie bei einer Reisegruppe. Erst durch die gerade anlaufenden Massentests werde sich in den kommenden Tagen ein genaueres Bild vom Ausmaß der epidemischen Lage ergeben, heißt es in den Staatsmedien. „Weitere Maßnahmen werden entsprechend folgen“, sagte ein Experte des nationalen Gesundheitsamts nüchtern.

Aktienmärkte brechen ein

Die Aussicht, möglicherweise wie die 26 Millionen Einwohner und Einwohnerinnen Shanghais über Wochen hinweg in den eigenen Wohnungen eingesperrt zu sein, sorgte nicht nur unter den Pekingern für schlechte Stimmung. Auch die Aktienmärkte schmierten regelrecht ab: Die Handelsindexe von Shenzhen, Hongkong und Shanghai brachen deutlich ein, letzterer gar auf den niedrigsten Stand seit zwei Jahren. Auch der Wert des „Renminbi“, Chinas staatlicher Währung, hat deutlich gelitten.

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Und dennoch sind Peking und Shanghai nur die Spitze des Eisbergs. Hier leben die urbanen Eliten des Landes, die internationalen Expats und Diplomaten. In vielen anderen Gegenden, die ebenfalls im Lockdown sind, dringen die Stimmen der Abgeriegelten nur selten nach draußen. Insbesondere die Nachrichten aus dem abgelegenen Nordosten des Landes muten schockierend an: Dort haben bereits zu Beginn des Monats Studierende an örtlichen Universitäten berichtet, dass sie über mehrere Wochen in den Sechs-Betten-Zimmern ihres Wohnheims eingeschlossen gewesen seien – ohne die Möglichkeit, regelmäßig zu duschen.

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