Der Papst auf dem Weg in einen Alptraum
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Papst Franziskus wird von George Arcand, Großhäuptling der Confederacy of Treaty Six First Nations begrüßt.
© Quelle: Nathan Denette/The Canadian Pres
„Ich komme als ein Mann, der Buße tun will“, sagte Papst Franziskus dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) auf dem Weg nach Edmonton in der päpstlichen Maschine. Das Oberhaupt von 1,1 Milliarden Katholiken weiß, dass ihm mit seiner 37. Auslandsreise eine seiner schwersten bevorsteht.
Deswegen warf der 85 Jahre alte Franziskus das Reiseprogramm auch radikal um. Statt wie seit Jahrzehnten im Vatikan üblich zunächst als erstes die Hauptstadt des besuchten Landes aufzusuchen und den protokollarischen Teil mit Besuchen der Staatsoberhäupter abzuarbeiten, wollte der Papst zu Beginn bei den Betroffenen sein. Premierminister Justin Trudeau musste zum Flughafen nach Edmonton kommen, um den Papst zu begrüßen.
Bei Edmonton liegt das St. Josephs Seminary in Maskwacis, wo der Papst an den Gräbern der Kinder beten will, die durch Krankheiten, Unterernährung und Gewalt zu Tode kamen.
Der Papst kennt das katastrophale Ausmaß das von der kanadischen Regierung als „Völkermord“ eingestufte Verbrechen. Über mehr als ein Jahrhundert wurden mehr als 150.000 indigene Kinder und Jugendliche der First Nation, der Metis und Inuit den Familien entrissen und unter katastrophalen Bedingungen in staatlichen, unterfinanzierten Schulen eingesperrt.
Der Papst in Kanada: Erinnerung an 6500 tote Kinder
Einfach wird das alles nicht. Auf dem Weg nach Edmonton prangten Plakate über den Straßen, auf denen „Überlebende“ dieser Massaker forderten: „Keine Entschuldigung.“ Vielen Betroffenen geht der Versuch des Papstes eine Aussöhnung zu wagen, nicht weit genug. Eine reine Entschuldigung für das Ausmaß des Massakers, dem nach Schätzungen etwa 6500 Kindern zum Opfer fielen, wirkt auf sie wie ein Hohn.
„Pilgerreise der Buße“ für den Papst
Papst Franziskus ist am Sonntag zu einer fünftägigen Reise nach Kanada aufgebrochen.
© Quelle: Reuters
Die Betroffenen werfen dem Papst vor allem vor, dass die katholische Kirche die Schuld bisher auf einige Täterinnen und Täter aus den eigenen Reihen schiebt. Dass hingegen weltweit die katholische Kirche in zahlreichen Ländern die Ureinwohner über Jahrhunderte im Namen Christi quälte und sogar auslöschte, gibt der Papst bisher nicht zu.
Franziskus wollte die Reise um jeden Preis
Im Vatikan gab es vor der Abreise keinen Zweifel, dass eine Menge Mut dazu gehört, nach Kanada zu fliegen. Der Papst wollte diese Reise um jeden Preis. Er hatte die seit einem halben Jahr vorbereitete Reise in den Kongo und den Süden des Sudan abgesagt, weil seine Ärzte ihm klar gemacht hatten, dass er gesundheitlich nur eine der beiden Reisen durchstehen kann: Entweder Afrika oder Kanada, er entschied sich für Kanada.
Missbrauch durch katholische Geistliche: Franziskus will in Kanada um Entschuldigung bitten
Er selbst hat es als „Pilgerreise der Buße“ bezeichnet. Am Sonntag ist Papst Franziskus am Flughafen von Edmonton in Kanada begrüßt worden.
© Quelle: Reuters
Die Stimmung in der päpstlichen Maschine war angesichts der zu erwartenden Proteste und dem Ausmaß des von der Kirche verursachten Leids, das der Papst wird einräumen müssen, entsprechend angespannt. Der Papst zwang sich zu einem Kraftakt, um zu zeigen, dass er sich nicht verstecken will. Trotz der starken Schmerzen im Bein sprach er mit jedem einzelnen der mitgereisten Journalisten und grüßte sie auf einen Stock gestützt.
Der Papst wird am Mittwoch nach Quebec weiterreisen und nach einem kurzen Abstecher am Nordpolarkreis in Iqaluit am Freitag, wo zahlreiche der betroffenen Inuit leben, nach Rom zurückfliegen.
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