Mehr als 100 Kilometer lang

Neue U-Bahn-Linie in London: ein Zug für die Queen

Neue Farbe für ein altes Logo: Die Elizabeth Line nimmt ihren Betrieb auf.

Neue Farbe für ein altes Logo: Die Elizabeth Line nimmt ihren Betrieb auf.

London. Wenn man die rund 100 Jahre alte U‑Bahn-Station im Londoner Viertel Farringdon verlässt, blickt man auf den im vergangenen Jahr fertiggestellten Farringdon-Crossrail-Bahnhof. Ein modern anmutendes, kastenartiges Gebäude, geprägt von Glas und Beton. Oberirdisch nur durch eine Straße getrennt, liegen technisch und historisch Welten zwischen den beiden Bauwerken im Osten der Londoner City mit ihrem jeweils zugehörigen Tunnelsystem. Hier viktorianische, teilweise stickige Enge; dort großzügige, unterirdische Hallen. Hier Ziegel und honigfarbene Backsteine; dort gut isolierte, geschwungene Wände.

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Erbaut wurde der neue Bahnhof in Farringdon als Teil der neuen Elizabeth-Linie, benannt nach Queen Elizabeth II. Die Zuglinie kann man sich als teilweise unterirdisch verlaufende S‑Bahn vorstellen. Sie wird sich über mehr als 100 Kilometer vom Flughafen Heathrow im Westen durch einen 22 Kilometer langen Tunnel im Zentrum Londons bis weit in den Südosten der Stadt erstrecken, mit 41 Stationen, zehn davon neu. Am 24. Mai wird der erste Streckenabschnitt der Linie, die dem U‑Bahn-System angeschlossen ist, für die Öffentlichkeit zugänglich.

Verspätete Fertigstellung

Geplant war dieses Datum nicht, gibt Mark Wild, Leiter des Transport­projektes Crossrail, zu. Eigentlich sollte die Linie schon 2018 fertig sein. Dann jedoch kam es Verspätungen. Zum einen durch den Tunnelbau, vorbei an bereits vorhandenen Linien im Untergrund, denen man „sich bis auf einen Meter“ genähert habe; und zum anderen durch die Digitalisierung der Signaltechnik. Auch die Kosten kletterten in die Höhe: Statt 14,8 Milliarden Pfund (17,5 Milliarden Euro) werden sie nun schätzungsweise fast 19 Milliarden Pfund (22,5 Milliarden Euro) betragen.

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Jetzt jedoch scheint zumindest das Timing aus Sicht der Betreiber perfekt. Denn schließlich werde die Zugstrecke zu einem Zeitpunkt eröffnet, zu dem „man die Pandemie hinter sich lässt“, und es ist das Jahr des 70-jährigen Thronjubiläums der Queen. Eben jene ließ es sich diese Woche nicht nehmen, die neue S‑Bahn-Linie persönlich zu besichtigen und zu eröffnen. Die 96-Jährige begleitete ihren Sohn Prinz Edward zu dem Termin am Londoner Bahnhof Paddington, gekleidet in einen hellgelben Mantel und mit einem strahlenden Lächeln auf dem Gesicht.

Geschmeidig, leise und schnell

Einer, der bei dem Besuch der Monarchin dabei war, ist Mark Dewhirst. Der 36-jährige Ingenieur ist für die zentralen Bahnhöfe der Linie verantwortlich. Die Königin zu treffen sei ein weiterer Höhepunkt in seiner Karriere gewesen. Auch bei der Beschreibung einer Fahrt mit der S‑Bahn gerät er ins Schwärmen. Geschmeidig sei sie, leise und schnell. Was sie von älteren U‑Bahnen in London unterscheide? „Wenn man die Circle Line nimmt, hat man häufig das Gefühl, dass man zwar fährt, aber eigentlich nicht vorankommt. Das ist hier anders“, sagt er. Denn das Londoner U‑Bahn-Netz ist zwar das größte und älteste Europas, aber sicherlich nicht das beliebteste. Gerade morgens und abends stehen Fahrgäste oft dicht gedrängt. Es ist heiß, die Luft schlecht.

Queen Elizabeth II. bei der Eröffnung der neuen Station Paddington.

Queen Elizabeth II. bei der Eröffnung der neuen Station Paddington.

Die neue S‑Bahn, die auf Karten und Schildern durch ein kräftiges Violett erkennbar ist, soll jedes Jahr rund 200 Millionen Menschen transportieren. „Die Kapazität der Elizabeth-Linie entspricht der des gesamten öffentlichen Nahverkehrs in Berlin“, erklärt Wild. Der Vergleich mit Deutschland kommt nicht von ungefähr. Denn tatsächlich spielten Technik und das Wissen aus der Bundesrepublik eine wichtige Rolle, zum Beispiel bei der Umsetzung der Signaltechnik.

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Für die Tourismusexpertin Tracy Halliwell jedenfalls ist die S‑Bahn, die doppelt so schnell wie eine U‑Bahn unter Hochhäusern, Museen und Theatern im Zentrum dahinrauscht, schon jetzt eine Attraktion an sich. Der östliche Teil des Zentrums werde dadurch beliebter, betonte auch Alexander Jan, Vorsitzender der Central District Alliance, einer Vereinigung von Unternehmen, Behörden und Verbänden. Menschen, die im Nordosten der Stadt wohnen, kommen in Zukunft schneller und günstiger ins Zentrum.

Anziehungspunkte im Osten des Stadtzentrums

Bis Besucher und Besucherinnen der Stadt für umgerechnet etwa 14 Euro von Heathrow aus in das U‑Bahn-Netz der Stadt eintauchen können, wird es jedoch noch eine Weile dauern, vermutlich bis Herbst. Bislang führt die S‑Bahn nur von Paddington in Richtung Südosten. Auch eine Station im Zentrum ist noch nicht betriebsbereit, wegen Problemen mit dem Tunnelbau.

Alexander Jan jedenfalls sieht auch darin noch etwas Gutes. Besucher, die die Elizabeth-Linie nutzen, fühlten sich in Zukunft vielleicht eher motiviert, das bekannte Theater- und Ausgehviertel West End links liegen zu lassen und Anziehungspunkte im Osten des Stadtzentrums zu erkunden. Darunter das British Museum sowie Hatton Garden, das historische Zentrum des britischen Schmuckhandels. Davon ist auch die Architektur der neuen Farringdon-Crossrail-Station inspiriert. Denn die Gestaltung der Decken erinnert mit ihren Streben entfernt an einen für diesen Teil der Stadt besonders wichtigen Edelstein: einen geschliffenen Diamanten.

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