Corona-Mutation auf Nerzfarmen: Nordjütland will alle Bewohner testen
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/J5RPBWZSO5FPFGVMFKVHCCHWAA.jpeg)
In Dänemark müssen bis zum 16. November 15 bis 17 Millionen Nerze getötet werden.
© Quelle: Mads Claus Rasmussen/Ritzau Scan
Kopenhagen. Es könnte „absolut entscheidend für unsere öffentliche Gesundheit in Dänemark und auf dem ganzen Planeten“ sein – mit diesen Worten richtete sich der dänische Gesundheitsminister Magnus Heunicke am Samstagnachmittag ans Volk – vor allem aber an die Einwohner von Nordjütland. Die sind besonders betroffen von dem mutierten Coronavirus, das seinen Ursprung auf Nerzfarmen in der Region hat. Der Cluster-5-Virustyp trat zunächst bei Nerzen auf, übertrug sich von den Tieren aber auf Menschen.
Deshalb sollen nun alle Einwohner Nordjütlands auf das mutierte Coronavirus getestet werden. Dadurch solle die Verbreitung des Cluster-5-Virustyps verhindert und das Virus zum Aussterben gebracht werden. Hierfür wird die Testkapazität in Nordjütland in den kommenden neun Tagen verdreifacht. Zudem sollen mehr Mitarbeiter im Gesundheitswesen beschäftigt werden, um Infektionen rechtzeitig zu erkennen. Täglich müssten nach Plan dann allein in dieser Region 18.500 Menschen auf Corona-Erreger getestet werden.
Mindestens fünf Nerzfarmen mit mutiertem Coronavirus
Laut Tyra Grove Krause von der staatlichen Gesundheitsbehörde sind die Hälfte aller Corona-Infektionen in Nordjütland auf die Nerze zurückzuführen, das sind 214 Fälle in Dänemark, davon 200 in Nordjütland. In Nordjütland sind mehr als 200 Personen mit Corona infiziert. Landesweit wurde Sars-CoV-2 bis Freitag in 216 Zuchtanlagen gefunden. Der von den Dänen als besorgniserregend eingestufte Cluster-5-Virustyp wurde bisher auf fünf Anlagen und bei zwölf Menschen festgestellt. Gemeinsam mit der Weltgesundheitsorganisation berate man, wie man weiter mit der neuen Variante verfahren solle.
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Twitter, Inc., der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.
Trotz weltweiter Kritik am Vorgehen sollen zudem alle Nerze in ganz Dänemark, rund 15 bis 17 Millionen Tiere, getötet werden – und zwar bis Montag, 16. November, wie Heunicke sagte. Das sei zumindest das Ziel der Regierung. Lebensmittelminister Mogens Jensen bezeichnete das Schlachten als „fast unerträgliche Aufgabe“, vor der die Nerzzüchter stünden. „Aber weil es die öffentliche Gesundheit bedroht, müsse sie gemacht werden“, sagte er. Da es eine große Aufgabe sei, könne derzeit nicht garantiert werden, dass am 16. November tatsächlich alle Nerze in Nordjütland getötet sein werden. „Ich verstehe, wenn Leute denken, dass das drastisch ist und dass viele unglücklich damit sind. Aber wenn wir etwas von anderen Ländern gelernt haben, dann, dass das Virus außer Kontrolle gerät, wenn man zu spät reagiert“, sagte Heunicke.
Dänemark: Mutiertes Coronavirus ist möglicherweise bereits ausgestorben
Über mögliche Kompensationen und Entschädigungen will die Regierung am Montag beraten. Den Nerzzüchtern, die nun ihr Lebenswerk verlieren, sprach Heunicke Mitgefühl aus. Ein dänischer Verband, in dem sich etwa 1500 Züchter organisieren, ist für 40 Prozent der globalen Nerzproduktion verantwortlich – die meisten Felle gehen nach China und in die Sonderverwaltungszone Hongkong.
RKI meldet 23.399 Neuinfektionen
Das Robert-Koch-Institut meldete am Samstag über 23.000 neue Fälle binnen eines Tages – so viele wie noch nie.
© Quelle: Reuters
Allerdings könnte es auch sein, dass die mutierte Variante bereits ausgestorben ist, so Anette Lykke Petri, Direktorin der dänischen Agentur für Patientensicherheit. Sie sagte, dass die letzten Corona-Infektionen mit dem Cluster 5 im September aufgetreten seien. „Es kann daher sein, dass es in Dänemark nicht mehr existiert.“ Da nicht bei allen Corona-Infizierten nachgewiesen werden kann, ob es sich um Cluster 5 handele, habe man keinen vollständigen Überblick über die Lage. „Wir können nicht ausschließen, dass es ausgestorben ist. Wir können nicht ausschließen, dass es existiert“, so Grove Krause.
Laut WHO gab es auch in Spanien, Schweden und den Niederlanden Mutationen
Allerdings könnten sich weitere Clustertypen bilden, insofern die Nerzzucht nicht beendet wird. Die Clustertypen seien zwar wohl nicht gefährlicher als das bekannte neuartige Covid-19, aber es bestehe das Risiko, dass die derzeit entwickelten Impfstoffe weniger gut gegen diese Variante wirken. Laut dem WHO-Regionaldirektor Hans Kluge kam Cluster 5 auch in anderen Ländern in Europa vor, unter anderem sei es in Spanien nachgewiesen worden. Andere Mutationen habe es in Schweden und den Niederlanden gegeben.
Die dänische Regierung hat nun auch für sieben Bezirke in Nordjütland einen Lockdown verhängt. Die Menschen sind aufgefordert, in ihren Kommunen zu bleiben. Der öffentliche Nahverkehr wird ab Montag eingestellt. Restaurants, Schwimmbäder und Fitnessstudios müssen schließen. Betroffen von den Beschränkungen sind die Kommunen Hjørring, Frederikshavn, Brønderslev, Jammerbugt, Thisted, Vesthimmerland und Læsø.
Großbritannien verhängt wegen Mutation bei Nerzen ein Einreiseverbot für Dänen
Auch Großbritannien hat auf die Nachricht der Mutation reagiert. Ab sofort gilt in Großbritannien ein Einreiseverbot für Menschen aus Dänemark. In der Begründung beziehen sich die Behörden auf die Mutation. Die dänische Gesundheitsbehörde fürchtet nun, so berichtet die Zeitung „Ekstrabladet“, dass diese Entscheidung einen Dominoeffekt hervorrufen wird und mehrere Länder ein Einreiseverbot für Dänen aussprechen.
RND/Miriam Keilbach (mit dpa/ap)