Jens Söring in Deutschland gelandet: „Der schönste Tag in meinem Leben“
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Jens Söring wird von einer Unterstützerin am Flughafen umarmt. Nach mehr als drei Jahrzehnten in Haft trifft der Diplomatensohn am Flughafen ein.
© Quelle: Andreas Arnold/dpa
Frankfurt. Jens Söring hat keine Zeit, den ersten Moment auf deutschem Boden nach 33 Jahren zu genießen. In einem hellgrauen Jogginganzug, weißen Turnschuhen und schwarzer Jacke tritt er aus der Eisentür am „VIP Tor 13“ des Frankfurter Flughafens, einem schmucklosen Seitenausgang zwischen den Terminals für Prominente aller Art. Er fährt nicht im schwarzen Van vor, er ist auch kein schillernder Star, der nicht gesehen werden möchte. Jens Söring ist ein verurteilter Doppelmörder, die Hauptfigur in einem Kriminalfall, der seit 1985 Menschen bewegt und einige Fragen womöglich für immer offen lässt. Und er hat etwas zu sagen.
Bevor er aber im Airport Conference Center dazu kommt, sein angekündigtes Statement abzugeben, blickt er am Ausgang in die Kameras von einem Dutzend Reporter. Knapp zwei Stunden stehen sie schon in Stellung, „Wer kommt denn?“, fragen Reisende, denen der Name Jens Söring meist dann doch nichts sagt. Stummes Blitzlichtgewitter und Kameraklicken begleiten den 53-Jährigen, als er endlich da ist. Sein Lächeln, eine Mischung aus Glück, Nervosität und Unsicherheit. Wem ginge es anders nach einem halben Leben im Gefängnis, rechtmäßig verurteilt und doch unschuldig für viele?
Jens Söring: Unterstützerkreis steht seit zehn Jahren an seiner Seite
So jedenfalls sieht es sein Unterstützerkreis in Deutschland, der „Freundeskreis Jens Söring“, bestehend aus 20 bis 30 Privatpersonen, die ihm teils seit zehn Jahren zur Seite stehen und seine Unschuld beteuern, teils ohne ihn je getroffen zu haben. Einige sind nach Frankfurt gekommen, jubeln, als er den Konferenzraum betritt, manche umarmen ihn zum ersten Mal, weinen. Minuten braucht es, bis sich all die Mikrophone sortieren und auch Söring selbst. „Wir begrüßen heute den deutschen Staatsbürger Jens Söring, herzlich willkommen Jens, schön, dass du da bist“, sagt CDU-Politiker Peter Beyer, seit zehn Jahren Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, der Söring zwei Mal in Haft besucht hat.
„Es ist alles ziemlich überwältigend hier“, sagt Söring, „ich freu mich so sehr, nach 33 Jahren, 6 Monaten und 25 Tagen endlich wieder in Deutschland zu sein, das ist so toll, es ist der schönste Tag meines Lebens.“ Er dankt seinen Unterstützern, ohne die er das „niemals geschafft hätte“, und nimmt die beiden Frauen hinter sich noch einmal in den Arm: Bernadette Faber, eine Lehrerin aus Bitburg, und Petra Hermanns, eine Literaturagentin aus Frankfurt, die an seinem Buch („Nicht schuldig!”) mitgewirkt hat. Auch eine Wohnung, ein Handy und Kleidung haben sie ihm besorgt.
Wo Söring sich niederlassen will, soll niemand erfahren
Wo Söring sich niederlassen wird, wie genau sein Leben in einem Land und einer Zeit aussehen soll, die er nur aus Erzählungen kennt, soll niemand erfahren. Mehrfach bittet Söring um Privatsphäre, zumindest für die kommenden Wochen. „Ich muss hier psychologisch und emotional ankommen in Deutschland“, sagt er. In Deutschland ist Jens Söring ein freier Mann. In die USA darf er nie wieder einreisen. Das zuständige Gremium in Virginia hatte im November zwar entschieden, ihn auf Bewährung freizulassen und abzuschieben. Begnadigt wurde er aber ausdrücklich nicht. Juristisch bleibt Söring der Mörder der Eltern seiner damaligen Freundin, Elizabeth Haysom. Auch die Kanadierin Haysom wurde aus der Haft zu entlassen und in ihre Heimat abgeschoben.
Festgenommen worden waren beide 1986 in Großbritannien. Dorthin war das junge Paar geflüchtet, nachdem beide unter Verdacht gerieten, die Eltern von ihr mit fast 50 Messerstichen im eigenen Haus ermordet zu haben. Der Fall erregte in den USA und international viel Aufmerksamkeit und polarisiert noch immer. Jens Söring hatte die Morde zunächst gestanden, später aber das Geständnis widerrufen. Er habe seine Freundin nur schützen wollen, in dem Glauben als Diplomatensohn Immunität zu genießen, behauptete er später. Bis heute beteuert er seine Unschuld.