Warum Indonesien ab Donnerstag kein Palmöl mehr exportiert
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Eine Luftaufnahme zeigt Palmölplantagen in Indonesien.
© Quelle: Bagus Indahono/EPA/dpa
Sydney. Indonesien wird diese Woche einen drastischen Schritt umsetzen: Das südostasiatische Land wird ab Donnerstag kein Palmöl mehr exportieren. Indonesien ist neben Malaysia der weltweit größte Produzent von Palmöl.
Palmöl wird in Indonesien in sehr großen Mengen produziert und größtenteils exportiert. Auf den lokalen Märkten wird es für etwa 0,83 US-Dollar pro Liter verkauft. Aufgrund der russischen Invasion in der Ukraine und der steigenden Lebensmittelpreise auf der ganzen Welt ist der lokale Preis in den letzten sechs Monaten jedoch auf über 1,15 US-Dollar pro Liter gestiegen. „In den meisten westlichen Ländern wäre dies ein großes Ärgernis – in Indonesien können die Menschen einfach kein Essen für ihre Familien kochen“, sagte Ross Taylor, Indonesien-Experte und Präsident des Indonesia Institute im westaustralischen Perth. Darüber hinaus seien die Vorräte an Palmöl in Indonesien aufgrund der hohen Nachfrage aus Übersee versiegt, beschrieb er die Lage in dem südostasiatischen Land. „Leere Regale in den Geschäften sind ganz normal geworden.“
Proteste wegen hoher Lebensmittelpreise
In den vergangenen Wochen mangelte es vor allem an Grundnahrungsmitteln wie Speiseöl, Zucker und Mehl. In der Hauptstadt Jakarta waren zahlreiche Menschen deswegen auf die Straße gegangen, um gegen die steigenden Öl- und Lebensmittelpreise zu protestieren. „Ist es nicht ironisch, dass das größte Palmöl produzierende Land der Welt eine Speiseölkrise hat?“, sagte Andreas Harsono, ein Menschenrechtsaktivist bei der Organisation Human Rights Watch in Indonesien.
Den Schritt der indonesischen Regierung, den Palmölexport auf unbegrenzte Zeit zu stoppen, um wieder mehr Waren zu erschwinglicheren Preisen in die heimischen Regale bringen, bezeichnete Harsono als „drastisch“. Es gehe dabei rein darum, „den Bedarf an Speiseöl im Land zu decken und das zum Kochen notwendige Öl für die heimischen Verbraucher bereitzustellen“. Doch mit etwa 110 Millionen Menschen in Indonesien, die von weniger als fünf US-Dollar pro Tag leben, sei der Preis von Lebensmitteln eben ein sehr großes Problem, wie der Experte Taylor erklärte. Und in diesem Fall seien die Speiseölpreise seit November um 40 Prozent gestiegen. „Da ist es nicht verwunderlich, dass der Preisanstieg zu einem wichtigen innenpolitischen Thema wird“, sagte er.
Zur Chefsache erklärt
Indonesiens Präsident Joko Widodo hat die Angelegenheit deswegen zur Chefsache erklärt. „Ich werde die Umsetzung dieser Politik weiterhin überwachen und bewerten, damit Speiseöl im Land reichlich und zu einem erschwinglichen Preis verfügbar ist“, sagte der Präsident in einer Erklärung.
Nach Taylors Schätzungen wird der Exportstopp, den der indonesische Regierungschef verhängt hat, die Wirtschaft etwa 3 Milliarden US-Dollar pro Monat kosten. So gut also die Nachricht für Verbraucher sei, so schrecklich sei sie für große Exporteure und die nationale Wirtschaft, meinte er. „Es wird in den kommenden Wochen ein sehr vorsichtiges Management des Präsidenten und seines Finanzministers erfordern.“
Unverzichtbares Gut
Viele Umweltschützer begrüßen dagegen den Stopp des Palmölexports. Denn aufgrund der Palmölplantagen werden in Südostasien Wälder gerodet. Das Überleben etlicher Tierarten ist deswegen inzwischen gefährdet – vor allem die Orang-Utans leiden unter dem Verlust ihres Habitats. Gesundheitsexperten weisen zudem darauf hin, dass Palmöl einen hohen Anteil an Transfettsäuren enthält, die aufgrund hoher Cholesterin- und Fettwerte zur schlechten Gesundheit des Menschen beitragen.
Doch Palmöl ist nach wie vor ein recht unverzichtbares Gut. Es ist das am meisten produzierte und gehandelte Speiseöl der Welt und ist in zahlreichen Lebensmitteln und Produkten wie Seife oder Lippenstift enthalten. Trotz Boykottkampagnen verbraucht die Welt mehr Palmöl als jedes andere Pflanzenöl. Im Jahr 2020 waren es über 73 Millionen Tonnen. Das liegt vor allem auch daran, dass Palmöl billig ist. Die Pflanze, aus der es hergestellt wird, die afrikanische Ölpalme, kann bis zu zehnmal mehr Öl pro Hektar produzieren als Sojabohnen.