Ernst August von Hannover: „Das Geld ist weg“
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Ernst August Erbprinz von Hannover.
© Quelle: Holger Hollemann/dpa
Prinz Hannover, Sie möchten die Marienburg, die seit mehr als 150 Jahren im Besitz Ihrer Familie ist, für einen Euro verkaufen. Können Sie sich den Betrieb des Schlosses nicht mehr leisten?
Das Schloss ist ein Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung. Um es dauerhaft für die Öffentlichkeit zugänglich zu halten, sind erhebliche Investitionen nötig. Mein Einkommen reicht dafür bei Weitem nicht aus. Die Wirtschaftlichkeit des Betriebs hat sich zwar in den letzten Jahren deutlich verbessert – wir haben das Schloss ja auch mit einer Reihe von Investitionen für Besucher attraktiver gemacht. Aber für den Unterhalt der Gesamtanlage reicht es gerade so, und in den Büchern müssen noch immer erhebliche Verluste ausgeglichen werden. Mit meinen Mitteln lässt sich eine nachhaltige Sanierung schlicht nicht realisieren. Für mich ist die Grenze des finanziell Machbaren erreicht.
Viele halten das Vermögen Ihrer Familie, die einst die Könige von England und Hannover stellte, für unermesslich groß. Können Sie verstehen, dass Steuerzahler es seltsam finden, wenn sie jetzt für den Erhalt der defizitären Burg aufkommen sollen?
Ich bin mir bewusst, dass die Sanierungsmaßnahmen Land und Bund belasten werden. Und ich kann verstehen, dass dies Fragen hervorruft. Es ist aber ein Mythos, dass das Welfenhaus unermesslich reich sei. Ganz ehrlich: Woher soll ich denn so reich sein? Der mir 2004 übertragene Grundbesitz ist weitaus geringer als oft behauptet, und er bestand – abseits der denkmalgeschützten Gebäude – vor allem aus land- und forstwirtschaftlichen Flächen. Die Erträge daraus haben von Anfang an nicht annähernd ausgereicht, um das Schloss Marienburg auf Dauer zu unterhalten oder zu sanieren. Liquides Vermögen wurde mir nicht übertragen. Ich wäre froh und stolz, wenn ich das Schloss allein erhalten könnte. Aber ich kann es einfach nicht.
Ist es nicht so, dass Sie selber die Gewinne – wie beim Verkauf von Kunstschätzen – gerne einstreichen, während Sie die Verluste – wie den Betrieb der Burg – an den Staat weitergeben?
Dieser Vorwurf ist unfair und falsch. Die geplante Gesamtlösung sieht vor, dass das Landesmuseum Hannover etwa 100 für Niedersachsen besonders wichtige Spitzenstücke im Wert von 2 Millionen Euro erwirbt. Diese sollen dauerhaft auf Schloss Marienburg bleiben und durch das Landesmuseum betreut werden. Der Erlös wandert aber eben nicht auf mein Sparbuch, sondern wird dafür gebraucht, die fremdfinanzierten Kosten zu begleichen, die unter anderem bei der EAC GmbH angefallen sind, die bislang für den Betrieb des Schlosses zuständig ist. Die neuen Betreiber des Schlosses sollen so von Anfang an die Chance haben, ihr Nutzungskonzept voll zu entfalten und das Schloss zu einer noch größeren Erfolgsgeschichte für die Region zu machen.
Das Paket, das Sie mit dem Land ausgehandelt haben, sieht auch vor, dass Sie gut 1700 Kunstwerke in eine Stiftung einbringen, deren Vorsitz Sie haben sollen. Warum?
Auch damit wollen meine Familie und ich in materieller Hinsicht einen signifikanten Beitrag für das Schloss leisten. Daher bringe ich Kunstobjekte mit einem Gesamtwert von rund 6 Millionen Euro in diese gemeinnützige Kunststiftung ein, in deren Vorstand und Stiftungsrat das Land Niedersachsen direkt vertreten sein wird. Damit bleiben diese Kulturgüter dauerhaft im Schloss und werden auch in Zukunft für die Öffentlichkeit zugänglich sein. Außerdem werde ich dem Landesmuseum mittels langfristiger Leihverträge eine Reihe von privaten Kunstobjekten zur Verfügung stellen, die somit ebenfalls auf dem Schloss ausgestellt bleiben.
Im Jahr 2005 brachte eine Auktion auf der Marienburg 44 Millionen Euro ein. Wo ist das Geld denn geblieben?
Das Geld ist weg. Zunächst gingen vom Auktionserlös erhebliche Kosten und Provisionen ab. Ein Großteil des Nettoerlöses wurde für Verbindlichkeiten verwendet, die sich in den Jahren aufgestaut hatten, bevor ich die Verantwortung übernommen hatte. Die in erheblichem Maß aufgelaufenen Schulden meines Vaters mussten getilgt und Umfinanzierungen vorgenommen werden. Und bevor Sie danach fragen: Nein, zum Zeitpunkt der Auktion war mir die Höhe der dafür nötigen Aufwendungen nicht ersichtlich. Der verbleibende Erlös wurde direkt ins Schloss investiert, etwa in den Ausbau des Hauptturms und des Restaurants. Solche Investitionen haben das Schloss für Besucher attraktiver gemacht. Wir konnten die Zahl der Besucher von 30 000 auf 200 000 pro Jahr versechsfachen.
Im Jahr 2005 war von der Gründung einer Stiftung die Rede, die den Erhalt der Burg sichern sollte. Warum ist es dazu nicht gekommen?
Eine Sanierung des Schlosses über die Stiftungslösung war nicht möglich, da die Altschulden, die mein Vater angehäuft hatte, erheblich höher waren als befürchtet. Ich möchte nicht darüber spekulieren, womit er diese angehäuft hat. Sicher ist nur, dass damit keine Vermögenswerte geschaffen wurden, auf die wir für den Erhalt des Schlosses zurückgreifen könnten. Dieses Geld ist verloren.
Ihr Vater will den Verkauf der Burg verhindern. Er behauptet in einem Schreiben an den Ministerpräsidenten, er habe Sie „auskömmlich versorgt“. Er ist offenbar überzeugt, Sie seien finanziell sehr wohl in der Lage, die Kosten der Burg zu stemmen. Liegt er damit falsch, oder haben Sie selbst nicht gut gewirtschaftet?
Diese Behauptung ist falsch. Die Erträge aus dem Besitz, der mir 2004 übertragen wurde, haben von Anfang an nicht annähernd ausgereicht, um ein Kulturdenkmal wie Schloss Marienburg auf Dauer zu unterhalten. Zudem hat mein Vater mir kein liquides Vermögen übertragen, mit dem der langfristige Erhalt hätte finanziert werden können.
Das Land hat die Verkaufspläne vorerst auf Eis gelegt, nachdem Ihr Vater interveniert hat. Er fordert die Burg von Ihnen zurück – wann und wie werden Sie die Besitzverhältnisse in der Familie endgültig klären?
Die Rechtslage ist eindeutig: Ich bin Eigentümer von Schloss Marienburg und als solcher auch uneingeschränkt im Grundbuch eingetragen. Alle gesetzlichen Fristen für eine eventuelle Rückforderung der Schenkungen meines Vaters sind seit Langem abgelaufen. Es besteht auch sonst kein Zweifel daran, dass ich zum Abschluss der beabsichtigten Verträge berechtigt bin, die den dauerhaften Erhalt von Schloss Marienburg und seiner Kunstobjekte für die Öffentlichkeit sichern werden. Ich bin zuversichtlich, dass die vom Land Niedersachsen eingeforderte Klärung der rechtlichen Lage dies in kurzer Zeit bestätigen wird.
Fällt es Ihnen nicht schwer, sich von Erbstücken zu trennen?
Natürlich war das für mich kein einfacher Schritt. Genauso wenig wie der Entschluss, die Marienburg in andere Hände zu geben. Beide Schritte gehören aber zusammen: Die Kunstschätze müssen gesichert und auf Dauer Teil von Schloss Marienburg bleiben. Es sollte unser Ansporn sein, die Marienburg tatsächlich zu einem Neuschwanstein des Nordens zu entwickeln, auch was Besucherströme und Strahlkraft für die Region angeht. Wenn das gelingt und das kulturhistorische Erbe der Welfen so auf Dauer gewahrt bleibt, ist das ganz im Sinne künftiger Generationen – auch aus meiner Familie. Mich freut, dass sich meine Familie weiterhin für das Schloss engagieren darf und wird, etwa durch die geplante Kunststiftung.
Die EAC GmbH, die die Burg bislang betreibt, hat außer Ihrer Mutter Chantal als Anteilseigner auch die Firma Dreamworks, die ihren Sitz auf den Britischen Jungferninseln hat. Was hat es mit dieser Konstruktion auf sich?
Die Dreamworks Management Ltd. ist neben meiner Mutter, die mit 75,1 Prozent die Mehrheit an der EAC GmbH hält, mit 24,9 Prozent an der EAC GmbH beteiligt. Sie bündelt seit der Gründung der EAC GmbH die Anteile meines Vaters und meines Bruders und diente beiden dazu, Vertraulichkeit über ihr Engagement und ihre Privatsphäre zu wahren und nicht im Handelsregister zu erscheinen. Steuerliche Gründe hatte das Konstrukt, anders als viele jetzt mutmaßen, nie. Weil die EAC über Jahre Verluste gemacht hat, sind weder der Dreamworks noch meiner Mutter oder mir Gewinne zugeflossen.
Den Betrieb der Marienburg sollten eigentlich schon zum Jahreswechsel die erfahrenen Hoteliers Carl Graf von Hardenberg und Nicolaus von Schöning übernehmen, die auch 33 Hektar Wald um die Burg herum kaufen wollten. Wann kommt es nun dazu?
Damit das so bald wie möglich Realität wird, stehe ich in kontinuierlichen und konstruktiven Gesprächen mit allen Beteiligten.
Der Verkauf der Burg ist derzeit gestoppt. Hand aufs Herz: Gehen Sie davon aus, dass es noch etwas wird?
Ja, davon gehe ich fest aus. Die mit dem Land geplante Lösung wird den Interessen aller Beteiligten gerecht. Sie sichert den dauerhaften Erhalt eines kulturhistorischen Erbes aller Niedersachsen und 60 Arbeitsplätze. Und sie schafft die Basis für Zukunftsinvestitionen, durch die das touristische und kulturelle Potenzial der Marienburg voll gehoben werden kann. Davon haben alle etwas: das Land, die Region und seine Wirtschaft, die Mitarbeiter und meine Familie.
Von RND/Simon Benne/Hendrik Brandt