Ermittler suchen Ursache für Großbrand bei Siegburg
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Rauch steigt aus den Dachstühlen brennender Häuser an der Bahnstrecke in Siegburg auf. Der Böschungsbrand breitete sich rasend schnell aus.
© Quelle: Foto: Kreisfeuerwehrverband Rhein-Sieg-Kreis/dpa
Siegburg. Schwarz ragen die Dachstühle in den jetzt bewölkten Himmel. Direkt hinter der Gartenmauer verläuft die wichtige ICE-Strecke Köln–Frankfurt, und dazwischen stehen hohe alte Bäume, die deutliche Brandspuren aufweisen. Ein Haus in der Reihe ist verschont geblieben. Der Besitzer wird gefragt, ob er froh sei, dass sein Heim noch stehe. Seine Antwort: „Ich bin froh, dass wir noch leben. Wenn direkt hinter Ihrem Haus ein Baum brennt, dann denken Sie nicht an Ihr Haus. Dann denken Sie nur noch an Ihr Leben.“
Nach dem Großbrand an der Siegburger ICE-Strecke mit zahlreichen Verletzten suchen Ermittler der Polizei fieberhaft nach der Ursache für das verheerende Feuer. "Die Experten sind vor Ort und nehmen sämtliche Brandorte in Augenschein", sagte ein Sprecher der Kölner Polizei am Mittwoch. Unkompliziert ist das nicht. Die Polizei muss zum Beispiel auch auf die mögliche Einsturzgefahr in den Ruinen achten.
Menschen verletzt, zahlreiche Häuser zerstört
Bei dem Brand am Dienstag waren nach Angaben der Stadt 32 Menschen verletzt und mehrere Gebäude in der Nähe der Bahnstrecke zerstört worden. Ein Böschungsbrand hatte auf die Häuser übergegriffen. Die wichtige ICE-Strecke musste in dem Bereich gesperrt werden. Immerhin in diesem Punkt gab es am Mittwoch gute Nachrichten: Schnellzüge konnten die Strecke wieder befahren – der Nahverkehr folgt erst wieder am Freitag.
Nach Angaben der Stadt konnten nach dem Brand 15 Menschen nicht mehr in ihre Häuser zurückkehren, sie leben nun zunächst bei Freunden und Verwandten. „Ich weiß gar nicht, was man den Leuten sagen soll, die hier gewohnt haben“, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) am Brandort. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wünschte den Verletzten schnelle Genesung. Den Einsatzkräften danke die Kanzlerin für ihre Arbeit, sagte eine Regierungssprecherin. Die Deutsche Bahn kündigte an, sich mit einer halben Million Euro an einem Hilfsfonds für die Betroffenen zu beteiligen.
„Feuerwand“ konnte sich rasend schnell ausbreiten
Es hatte große Anstrengungen gefordert, bis die rund 550 Einsatzkräfte den Brand unter Kontrolle gebracht hatten. Von einer „Feuerwand“ war die Rede. „Der gestrige Tag war ein schwarzer Tag in der Geschichte der Stadt Siegburg“, schrieb der Chef der Siegburger Feuerwehr am Mittwoch auf Facebook. Derweil sind die Einsatzkräfte damit beschäftigt, zahlreiche Bäume, die durch das Feuer erfasst wurden und nicht mehr standfest sind, zu fällen.
Wie das Feuer ausbrechen konnte, ist weiterhin unklar. Durch die wochenlange Dürre hatte es sich rasend schnell ausbreiten können. „Dann flogen die Funken auf die Schienenseite zum Brückberg, erklommen auf breiter Front den Wall, griffen auf die Häuserzeile über“, teilte die Stadt mit. „Aufgrund der Trockenheit ging es rasend schnell, der Wind verschlimmerte die Sache.“
Funkenflug als Ursache unwahrscheinlich
Die Stadt hatte schon bald nach Ausbruch des Feuers mitgeteilt, vermutlich habe ein vorbeifahrender Zug Funken geschlagen und so die Flammen entfacht. Später relativierte die Stadt diese Aussage und betonte, es seien auch andere Brandursachen möglich. Die Bahn warnte vor voreiligen Schlüssen. „Der Auslöser des Brandes ist völlig offen, Spekulationen sind verfrüht“, sagte ein Bahnsprecher. „Es kann auch eine Zigarette gewesen sein, es kann Brandstiftung gewesen sein“, sagte NRW-Innenminister Reul. Das seien aber alles Spekulationen, an denen er sich nicht beteiligen wolle.
Der Funkenflug eines Zuges als Auslöser für einen Böschungsbrand an einer Bahntrasse ist nach Einschätzung des Experten Christian Schindler allerdings sehr unwahrscheinlich. „Dass ein Funkenflug jemals zu einem Böschungsbrand geführt hat, ist mir nicht bekannt“, sagte der Leiter des Instituts für Schienenfahrzeuge und Transportsysteme an der RWTH Aachen. Zu einem Funkenflug könne es etwa kommen, wenn ein Zug scharf bremsen müsse – also in einer Notsituation – oder in einer äußerst engen Kurve. Eine Hochgeschwindigkeitsstrecke verlaufe aber in der Regel geradlinig.
Von Jonas-Erik Schmidt und Petra Albers