Er nahm Abschied, wurde aber doch gerettet

„Ich denke, das ist das letzte Video“: Handyaufnahmen eines 17-Jährigen bewegen Türkei

Rettungskräfte stehen vor einem eingestürzten Gebäude in Adiyaman.

Rettungskräfte stehen vor einem eingestürzten Gebäude in Adiyaman.

Adiyaman. Das Handyvideo eines unter den Trümmern seines Hauses verschütteten 17-Jährigen bewegt die Menschen in der Türkei. Der Junge und seine Eltern, Bruder und Schwester wurden zehn Stunden nach dem verheerenden Erdbeben am 6. Februar aus der Ruine des ehemals viergeschossigen Wohnblocks in Adiyaman gerettet. Sie hatten fest geschlafen, als die Katastrophe losbrach und sie binnen zehn Sekunden in die Tiefe stürzen ließ.

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Taha Erdem fand sich alleine unter Tonnen von Schutt wieder, durch die noch Wellen von Nachbeben gingen, die seinen schützenden Hohlraum verkleinerten. Er nahm sein Handy und begann, seine letzten Worte aufzunehmen – in der Hoffnung, sein Handy werde nach seinem Tod gefunden: „Ich denke, das ist das letzte Video, das ich für euch mache.“ Erstaunlich gefasst und tapfer beschreibt er seine Verletzungen, spricht von Dingen, die er bereut, und was er zu tun hoffe, falls er lebend davonkomme. Schreie von anderen Verschütteten sind zu hören.

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„Wir beben immer noch. Tod, meine Freunde, kommt, wenn man ihn am wenigsten erwartet.“ Er sagt ein Gebet auf Arabisch. „Es gibt viele Dinge, die ich bereue. Möge Gott mir alle meine Sünden vergeben. Falls ich hier lebend raus komme, gibt es viele Dinge, die ich machen will. Ja, wir zittern noch. Meine Hand zittert nicht, es ist nur das Erdbeben.“

Er glaube, dass seine Familie tot sei, sagt Taha weiter, und dass er ihnen bald bei ihnen sein werde. Zwei Stunden später war er unter den Ersten, die aus den Trümmern des Hauses geborgen wurden. Zehn Stunden nach dem Beben wurden auch seine Eltern und Geschwister gerettet. Nachbarn hatten mit bloßen Händen und allen Werkzeugen, die sie finden konnten, nach Verschütteten gesucht.

„Die Welt gehörte in diesem Augenblick mir“

Als Reporter der Nachrichtenagentur AP am Donnerstag mit der Familie sprachen, war die Zahl der Todesopfer in der Türkei und Syrien auf mehr als 43.000 gestiegen.

„Bum-Bum-Bum, das Gebäude fiel Stockwerk um Stockwerk auf uns“, erinnert sich Tahas Mutter Zeliha. Sie habe in den Trümmern gefangen den Namen ihres Sohns geschrien, sagt die 37-Jährige. Die Eltern hatten mit den jüngeren, neun und 13 Jahre alten Kindern in einem Raum geschlafen. Aber Taha konnte seine Mutter nicht hören, auch seine Rufe drangen nicht durch den Schutt und Beton, der sie trennte. Erst bei ihrer Tante, zu der Taha von seinen Rettern gebracht wurde, fand die Familie wieder zusammen. „Die Welt gehörte in diesem Augenblick mir“, sagte Zeliha. „Ich habe nichts, aber ich habe meine Kinder.“

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Viel Überlebende haben in bewegenden Worten ihre Zeit in Trümmern geschildert. Der 23-jährige Ibrahims Sakaria sagte der AP nach seiner Rettung in der syrischen Stadt Dschableh am 10. Februar, er habe Wasser geleckt, das von einer Mauer nächst zu ihm tropfte. In Phasen habe er das Bewusstsein und dann die Hoffnung verloren. „Ich hatte fast aufgegeben, weil ich dachte, dass ich sterben werde“, sagte er im Krankenhausbett. „Ich dachte: es gibt kein Entrinnen.“

In der türkischen Stadt Gaziantep lag der 17-jährige Adnan Muhammed Korkut vier Tage unter Trümmern, bis er gerettet wurde. Er sagte der Nachrichtenagentur IHA, er habe solchen Durst gelitten, dass er seinen Urin getrunken habe.

RND/AP

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