„Der Albtraum für jeden Aquarienbauer“
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Der Aquadom in Berlin war mit einer Höhe von 16 Metern das größte frei stehende Aquarium der Welt (Archivbild).
© Quelle: Alexander Rüsche/dpa
Der Aquadom in Berlin war mit einer Höhe von 16 Metern das größte frei stehende Aquarium der Welt. Nun ist die mit 1000 Kubikmetern Wasser gefüllte Konstruktion geplatzt. Aktuell gibt es laut Polizei keine Indizien für Fremdeinwirkung. Das Platzen des Berliner Großaquariums Aquadom ist nach ersten Erkenntnissen wohl auf eine Materialermüdung zurückzuführen. „Die Ermittlungen zur Ursache sind natürlich noch nicht abgeschlossen, erste Anzeichen deuten jedoch auf eine Materialermüdung“, sagte Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) am Freitag der Deutschen Presse-Agentur.
Andy Kusch, Betriebsleiter des Unternehmens Diamantaquarien, das unter anderem Großaquarien für den Zoo in Münster oder Osnabrück baute, kennt die Herausforderungen solcher großen Aquarien und nennt den Aquadom im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) zudem eine „sehr ungewöhnliche Konstruktion“. Der Experte, der auf mehr als 30 Jahre Erfahrung in der Aquariumbranche zurückblickt, weiß, dass besonders die Größe beim Bau eine Herausforderung sein kann. „Je höher die Säule, desto höher der Druck“, erklärt er.
Experte: Zylindrische Aquarien wie der Aquadom besonders anfällig
Dazu komme das enorme Gewicht der Unterkonstruktion. So beginne jedes große Aquarium nicht am Boden, sondern stehe auf einer stabilen Konstruktion aus Beton und Stahl, die das Gewicht des Aquariums halten kann, erklärt Kusch. In herkömmlichen Zooaquarien sei es sogar so, dass es eine Art Betonkäfig gebe, von dem das Aquarium fast vollständig umgeben sei. Lediglich das Schaufenster an einer Seite sei aus Glas oder Acryl. Im Fall eines zylindrischen Aquariums wie beim Aquadom gebe es diese mehrseitige Einfassung nicht und das Gewicht und der Druck lasteten nur auf dem Betonsockel, so Kusch. „Wenn sich dieser minimal bewegt unter diesem enormen Druck – da reichen schon zwei bis drei Millimeter aus –, kann das Ganze aus dem Gefüge geraten.“
Großaquarium Aquadom in Berlin geplatzt
Ein großer Teil des Aquariums ist zerstört – zwei Menschen wurden nach Polizeiangaben verletzt.
© Quelle: dpa
Minimale, aber verheerende Veränderung
Dass sich die Erde etwas absenke oder die Konstruktion sich von selbst bewege, könne über mehrere Jahre passieren, erklärt der Experte. Auch deswegen würden Aquarien dieser Größenordnung mindestens einmal jährlich gewartet. Dennoch gebe es auch hier eine Problematik: „Solche Dinge passieren nicht immer weit im Voraus. So was kann auch schnell gehen“, sagt Kusch. Somit könne die minimale, aber verheerende Veränderung genau zwischen zwei Wartungsperioden fallen und die gesamte Konstruktion destabilisieren oder sogar zum Platzen bringen. „Das ist natürlich der Albtraum für jeden Aquarienbauer“, so Kusch.
Einen anderen kritischen Punkt, den Kusch aus seiner Arbeit kennt, ist die Materialermüdung – vor allem von Acrylglas. Obwohl der Aquadom mit fast 20 Jahren kein altes Aquarium ist, sei das natürlich immer eine Möglichkeit. Von dieser Materialermüdung sei etwa Acrylglas im Gegensatz zu Glas öfter betroffen, da es weniger strapazierfähig sei. Da Acrylglas aber leichter sei, werde es bei hohen Aquarien eher verwendet, um das allgemeine Gewicht zu verringern, so der Experte.
Materialversagen hält auch der Aquarien-Hersteller Florian Schuran als Ursache für das Platzen des Riesenaquariums für gut möglich. „Das Becken ist, glaub‘ ich, jetzt 18 Jahre alt, besteht aus mehreren Klebenähten und das sind dann immer die Schwachstellen, die in dem Falle versagen können“, sagte der Geschäftsführer der Firma New Wave aus Wassenberg (Nordrhein-Westfalen). Den 16 Meter hohen Aquadom, der am Freitag in einem Berliner Hotel platzte, hat Schurans Unternehmen nicht gebaut.
Eine Sabotage des zylindrischen Beckens könne sich der Experte nicht vorstellen: „Solche Becken werden statisch berechnet. Wenn in solchen Fällen Leib und Leben in Gefahr ist, wird da auf äußerste Sicherheit acht gegeben.“
Mit dpa