Mordanschlag auf Peter R. de Vries: Niederlande sagen Drogenmafia den Kampf an
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Menschen stehen an dem Ort, an dem der Reporter Peter R. de Vries niedergeschossen wurde.
© Quelle: imago images/ANP
Den Haag. Nach dem Mordanschlag auf den niederländischen Starreporter Peter R. de Vries (64) ist in den Niederlanden ein regelrechter Krieg gegen die Drogenmafia ausgebrochen. Die Sicherheitsvorkehrungen sind drastisch verschärft worden – insbesondere bei öffentlichen Gebäuden. Das Krankenhaus, in dem de Vries noch immer um sein Leben kämpft, wird von Sicherheitskräften schwer bewacht. Der niederländische Justizminister Ferdinand Grapperhaus kündigte an, dass im Kampf gegen die Drogenmafia ein Budget von 100 Millionen Euro zur Verfügung steht und dass es „eine breite Offensive gegen die Drogenmafia geben wird“.
Die immer mächtiger und skrupelloser werdende Drogenmafia in den Niederlanden bedroht inzwischen nicht nur die Pressefreiheit, die Demokratie und den Rechtsstaat. Sie ist eine Bedrohung für die gesamte Gesellschaft. Geschieht nichts, dann droht der Narko-Staat Niederlande zum Kolumbien Europas zu werden.
De Vries auf Todesliste des Drogenbosses
Spuren des Attentats führen in Richtung des marokkanischstämmigen Drogenbosses Ridouan Taghi, der seit 2019 in einem Hochsicherheitstrakt nördlich von Tilburg sitzt. Er wurde 2019 in Dubai in einer Villa verhaftet und an die Niederlande ausgeliefert, wo ihm derzeit der Prozess gemacht wird. Der in Untersuchungshaft sitzende 21-jährige Rotterdamer Rapper Delano G., der im Verdacht steht, die fünf Schüsse auf de Vries abgefeuert zu haben, ist Cousin eines Mitglieds der Bande von Taghi. De Vries soll auf der Todesliste des Drogenbosses gestanden haben, weil er als Berater des Kronzeugen Nabil B. auftrat, der in dem laufenden Prozess gegen Taghi aussagt.
Taghi soll derzeit seine Flucht aus dem Gefängnis planen. Zwei Neffen von ihm seien dabei, ein Kommando zusammenzustellen, das ihn befreien soll, berichtet die Zeitung „De Telegraaf“ unter Berufung auf Justizquellen und Dokumente der laufenden Ermittlungen gegen Taghi. Ein direkter Ausbruch aus dem Hochsicherheitstrakt dürfte nur schwer möglich sein. Die niederländische Justiz hält aber ein Szenario für möglich, wonach in einem afrikanischen Land ein niederländischer Botschafter entführt werden solle, um so die Freilassung Taghis zu erpressen.
Drohungen gegen TV-Sender
Am Samstagabend sagte der niederländische Privatsender RTL die Livesendung „RTL-Boulevard“ ab. „Wir haben eine ernst zu nehmende Drohung erhalten“, hieß es seitens RTL. Konkrete Inhalte wurden nicht publik, auch über den möglichen Urheber wurde nichts verlautbart. Nach Rücksprache mit der Amsterdamer Bürgermeisterin Femke Halsema, der Polizei und der Staatsanwaltschaft habe man aber beschlossen, die Übertragung nicht zu beginnen, so RTL. Der Reporter de Vries war am Dienstagabend niedergeschossen worden, kurz nachdem er das RTL-Studio am Amsterdamer Leidseplein verlassen hatte, wo er Gast von „RTL-Boulevard“ gewesen war.
„Die Drohung nehmen wir ernst“, sagte der Sprecher der Stadt Amsterdam Sebastiaan Meijer am Samstagabend. Justizminister Grapperhaus nannte den erzwungenen Ausfall der Livesendung „eingreifend und heftig“. Die Sicherheitsmaßnahmen für die Redaktion von „RTL-Boulevard“ seien weiter verschärft worden.
Der mit de Vries befreundete Rechtsanwalt Peter C. Schouten, schrieb in einer Reaktion auf Twitter: „Vielleicht wird es Zeit, Einheiten der Armee oder der Königlichen Gendarmerie einzusetzen, um Medienunternehmen vor Psychoterror zu schützen.“ Der Anwalt steht in dem Prozess gegen Taghis Drogenbande ebenfalls dem Kronzeugen bei, den de Vries bislang als Vertrauensperson beriet.