Philipp F. erschoss acht Menschen

Was wir über den Täter des Hamburger Amoklaufs wissen

Die Polizei hat Philipp F. als Täter des Amoklaufs in einem Gebäude der Zeugen Jehovas in Hamburg identifiziert.

Die Polizei hat Philipp F. als Täter des Amoklaufs in einem Gebäude der Zeugen Jehovas in Hamburg identifiziert.

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Während einer Veranstaltung im Gebäude der Gemeinde waren am Donnerstagabend acht Menschen durch Schüsse getötet oder verletzt worden. Der Täter richtete sich selbst, seine Tat stufte die Polizei als Amoklauf ein.

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+++ Alle Entwicklungen zur Amoktat in Hamburg im Liveblog +++

Der Todesschütze von Hamburg ist der 35 Jahre alte Philipp F. gewesen, ein Ex-Mitglied der Hamburger Gemeinde der Zeugen Jehovas. Diese habe er vor eineinhalb Jahren freiwillig, aber offensichtlich nicht im Guten verlassen, sagten Polizei, Staatsanwaltschaft und Innenbehörde am Freitag bei einer Pressekonferenz. Der Deutsche war demnach Sportschütze, hatte seit Dezember 2022 eine Waffenbesitzkarte und war erst kürzlich von der Waffenbehörde aufgesucht worden.

Schüsse bei Zeugen Jehovas in Hamburg: Täter offenbar selbst unter den Toten

In der Hansestadt waren am Donnerstagabend Schüsse gefallen. Nach Angaben der Polizei wurden mehrere Menschen getötet.

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Wie das RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) aus Polizeikreisen erfuhr, berichteten Überlebende der Polizei, dass sie den Mann namens Philipp F. erkannt haben. F. war deutscher Staatsbürger und den Behörden vorher nicht durch extremistische Handlungen aufgefallen. Seit dem 12. Dezember sei er im legalen Besitz einer halbautomatischen Pistole gewesen, sagte Polizeipräsident Ralf Martin Meyer. Dabei habe es sich um die Tatwaffe gehandelt.

Er trug bei dem Amoklauf eine Tasche mit vielen Patronenmagazinen bei sich, die Tatwaffe war eine Heckler&Koch-Pistole. Der 35-Jährige gab am Donnerstagabend mehr als 100 Schüsse ab. „Insgesamt hat er 9 Magazine à 15 Schuss verschossen“, sagte der Hamburger Staatsschutz-Leiter Radszuweit. Nach dem Eindringen der Einsatzkräfte in das Gebäude floh der Täter ins Obergeschoss und tötete sich mit einem Schuss in den Oberkörper selbst. Die Beamten gaben keinen einzigen Schuss ab.

Amokschütze war ehemaliges Mitglied der Zeugen Jehovas

Laut Polizei starben bei den Schüssen in einem Gemeindehaus acht Menschen, darunter auch der mutmaßliche Täter sowie ein ungeborenes Kind.

Nach Informationen aus Sicherheitskreisen stufte die Polizei die Tat als Amoklauf ein. Dass der Name des Täters dennoch in den Datenbanken der Sicherheitsbehörden auftauchte, hat dem Vernehmen nach auch keinen kriminellen Hintergrund, sondern damit zu tun, dass er eine waffenrechtliche Erlaubnis beantragt haben soll. Dafür ist immer auch eine Abfrage der Zuverlässigkeit nötig, bei der Bezüge zu Straftaten und Extremismus geprüft werden.

„Die Opfer sind nicht mit dem Täter verwandt“, sagte Radszuweit. Wie die Behörden am Freitag bestätigten, ist ein noch ungeborenes Kind unter den Todesopfern sein. Es starb dem Bericht zufolge wohl noch im Leib seiner Mutter.

Philipp F. war in der Vergangenheit Mitglied der Kirchgemeinde und vor etwa eineinhalb Jahren ausgetreten. Zu den Hintergründen gebe es verschiedene Aussagen, sagten die Behördensprecher. Ob er ausgeschlossen wurde oder freiwillig gegangen sei, müsse nun geprüft werden. Es habe in den Polizeiakten jedoch keinen Hinweis darauf gegeben, dass sich die Gemeinde durch Philipp F. bedroht gefühlt habe, sagte Polizeipräsident Ralf Martin Meyer. Der Amoktäter stammt aus dem bayerischen Memmingen, sagte Thomas Radszuweit. Studiert habe er in München Seit 2015 ist er dpa-Informationen zufolge in Hamburg gemeldet, aufgewachsen ist er demnach in Kempten im Allgäu.

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Polizeibeamte stehen vor dem Gebäude der Zeugen Jehovas im Hamburger Stadtteil Alsterdorf.

Polizeibeamte stehen vor dem Gebäude der Zeugen Jehovas im Hamburger Stadtteil Alsterdorf.

Polizei hatte Philipp F. im Februar noch kontrolliert

Polizeipräsident Ralf Martin Meyer teilte am Freitag im Rahmen einer Pressekonferenz mit, dass es im Vorfeld ein anonymes Hinweisschreiben gegeben habe, mit der Bitte, die Erlaubnis für das Tragen einer Waffe bei Philipp F. zu überprüfen. Der Grund: Er könnte unter einer psychischen Erkrankung leiden, die aber nicht diagnostiziert wurde, weil sich Philipp F. nicht in Behandlung begeben wolle. Philipp F. hege „eine besondere Wut“ gegen religiöse Anhänger, besonders gegen die Zeugen Jehovas, und gegen seinen Arbeitgeber. Am 7. Februar habe die Polizei Philipp F. aufgesucht und kontrolliert. Diese sei unangekündigt gewesen. Philipp F. sei kooperativ gewesen und die waffenrechtlichen Vorschriften, wie die Aufbewahrung der Waffe im Tresor, erfüllt. Es habe „keine Anhaltspunkte für eine psychische Erkrankung“ gegeben.

Nach den Schüssen fand die Polizei laut Staatsanwaltschaft in der Wohnung des Täters auch eine größere Menge Munition. Der Leiter der Staatsanwaltschaft, Ralf Peter Anders, sprach von 15 geladenen Magazinen mit jeweils 15 Patronen und 4 Schachteln Munition mit weiteren 200 Patronen. Außerdem wurden Laptops und Smartphones sichergestellt, die noch ausgewertet würden.

Mögliche Konflikte innerhalb der Glaubensgemeinschaft schließen die Ermittler nicht aus. Polizeipräsident Meyer sagte, es gebe Hinweise auf einen Streit „möglicherweise aus dem Bereich der Zeugen Jehovas“. Das müsse geprüft werden, in den Akten habe man dazu nichts gefunden. Radszuweit sagte, die Frage von Streitigkeiten sei derzeit Gegenstand der Ermittlungen. Seinen Angaben zufolge hatte der Amokschütze Philipp F. die Hamburger Gemeinde vor anderthalb Jahren freiwillig verlassen, „aber offenbar nicht im Guten“.

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Am frühen Freitagmorgen sicherte die Polizei vor, hinter und in dem dreigeschossigen Gebäude noch weiter Spuren. An der Außenseite des Gebäudes haben die Ermittler noch in der Nacht zahlreiche kleine Nummerntafeln aufgestellt, um Spuren der Gewalttat zu markieren. Am Morgen war auch ein 3-D-Scanner im Einsatz, um den Tatablauf zu dokumentieren. Der Eingang zu dem Gebäude der Zeugen Jehovas war am Morgen mit einem Sichtschutz abgedeckt.

Ein erster Leichenwagen war gegen 8 Uhr am Tatort vorgefahren. Gegen 6 Uhr wurde der Verkehr auf der viel befahrenen Straße Deelböge wieder freigegeben.

RND/liz/nis/dpa

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