Amokfahrt in Bottrop: „Klare Absicht, Ausländer zu töten“
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Die Polizei hat den Berliner Platz in Bottrop abgesperrt.
© Quelle: Marcel Kusch/dpa
Bottrop. Die Tat eines 50-Jährigen, der in der Silvesternacht in Bottrop mit einem Auto in eine feiernde Menschenmenge gefahren ist, hatte nach Erkenntnissen der Behörden einen fremdenfeindlichen Hintergrund. „Es gab die klare Absicht von diesem Mann, Ausländer zu töten“, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) am Dienstag in Bottrop. Das sei in den ersten Vernehmungen des Festgenommenen deutlich geworden. Der Mann aus Essen sei deutscher Staatsbürger.
Auch die Ermittlungsbehörden gehen „derzeit von einem gezielten Anschlag aus“, teilten Staatsanwaltschaft und Polizei mit. „Bereits bei seiner Festnahme äußerte sich der Fahrer mit fremdenfeindlichen Bemerkungen.“
Täter könnte psychisch krank sein
Der Autofahrer war in der Silvesternacht in Bottrop im Ruhrgebiet in eine Gruppe feiernder Menschen gefahren und hatte mindestens vier Personen verletzt, unter anderen Syrer und Afghanen. Zwei weitere Versuche des Mannes, in Bottrop und der Nachbarstadt Essen Passanten anzufahren, schlugen fehl. Dort kamen die Menschen mit dem Schrecken davon.
Der Mann habe in der Silvesternacht in der Nachbarstadt Essen noch ein viertes Mal probiert, in eine Personengruppe zu fahren. Dabei sei eine Person leicht verletzt worden, sagte Reul.
Zuvor waren auf dem Berliner Platz in Bottrop kurz nach Mitternacht mindestens vier Personen verletzt worden, als der Mann in die Menge der Feiernden fuhr. Eine 46 Jahre alte Frau habe zeitweilig in Lebensgefahr geschwebt, sagte Reul. Auch ein Kind sei verletzt worden.
Die Ermittler haben nach eigenen Angaben „erste Informationen über eine psychische Erkrankung des Fahrers“.
Auto fuhr relativ langsam
Das Jahr 2019 war erst wenige Minuten alt. Die Menschen auf dem zentralen Berliner Platz in Bottrop hätten ausgelassen gefeiert, berichtete ein Augenzeuge am Tag danach. Dann zeigt der Mann ein Video: Zu sehen ist das Auto, das in die Menschenmenge fährt. Es rollt vergleichsweise langsam, dadurch können sich noch relativ viele Menschen in Sicherheit bringen.
Die Polizei hält sich mit Aussagen zum genauen Tatablauf zunächst zurück. Ein erster Zeuge wird nach Darstellung der Behörden um 0.03 Uhr auf den silbernen Wagen des 50-Jährigen aufmerksam. Auf einer Zufahrtsstraße zur Bottroper Innenstadt habe das Fahrzeug plötzlich auf den Fußgänger zugehalten, berichten die Ermittler. Doch der Passant konnte sich retten.
So lief die Amokfahrt
Der 50-Jährige fuhr weiter in Richtung Stadtzentrum, und wenig später kam es zu dem folgenschweren Zwischenfall auf dem Berliner Platz. Wie genau die Tat dort abgelaufen ist, wollen die Ermittler mithilfe von Zeugenaussagen noch rekonstruieren. Doch klar ist: Der Autofahrer fuhr in eine Gruppe von Menschen, die dort ausgelassen den Jahreswechsel feierte. Mindestens vier Menschen wurden verletzt, einige schwer. Unter den Verletzten sind auch Syrer und Afghanen, wie die Ermittler mitteilen.
Danach sei der 50-Jährige nach Süden in Richtung seiner Heimatstadt Essen geflüchtet. Dort habe er noch einmal versucht, gezielt in eine Menschengruppe zu fahren, die an einer Bushaltestelle stand. Passiert ist dabei wie durch ein Wunder nichts. „Vielleicht sind Leute weggerannt, vielleicht hat das aus anderen Gründen nicht funktioniert. All das zu klären, ist jetzt unsere Aufgabe“, sagte eine Polizeisprecherin.
Innenminister Reul am Tatort
Kurze Zeit später nahm die Polizei den Mann fest. Schon dabei habe er sich fremdenfeindlich geäußert, erklärten die Behörden. NRW-Innenminister Herbert Reul machte sich selbst ein Bild vom Tatort.
Auch in der japanischen Millionenmetropole Tokio rammte ein Autofahrer in der Silvesternacht Medienberichten zufolge Fußgänger in einer belebten Einkaufszone. Mindestens neun Menschen wurden dabei verletzt. Der Fahrer sei festgenommen worden und habe der Polizei gesagt, dass er einen Terroranschlag verüben wollte, meldete die japanische Nachrichtenagentur Kyodo. Nach Angaben von Kyodo hielten die Behörden einige Aussagen und Handlungen des Mannes allerdings für fragwürdig. Sie prüften daher, ob er wegen seines Geisteszustandes schuldfähig ist.
Erinnerungen an Münster
Der Fall in Bottrop weckt auch Erinnerungen an die Amokfahrt in der Innenstadt von Münster im vergangenen April. Ein Mann raste damals an einem sonnigen Frühlingstag mit einem Kleintransporter auf einen belebten Platz. Es gab vier Tote, mehr als 20 Menschen wurden verletzt. Anschließend erschoss sich der Täter in dem Wagen selbst. Der 48 Jahre alte Amokfahrer war laut Polizei ein psychisch labiler Deutscher, der den Tod suchte. Einen terroristischen Hintergrund gab es den Ermittlungen zufolge in Münster nicht.
Von RND/dpa