Neuer E-Porsche Taycan überzeugt mit Reichweite und Beschleunigung
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Der Porsche Taycan auf der IAA 2019 in Frankfurt.
© Quelle: imago images / Patrick Scheiber
Lässt sich die Begehrlichkeit eines Autos anhand seiner Blindbestellungen messen, dürfte der Porsche Taycan – zumindest im Luxussegment – uneinholbar vorne liegen. Über 30.000 Menschen wollen laut Hersteller weltweit diese Elektrolimousine haben, möglichst sofort. Und alle sind nur zu gern bereit, dafür satte 152.136 Euro auszugeben – mindestens. Keiner von ihnen hat je hinter dem Lenkrad gesessen, geschweige denn je den Taycan gefahren.
Einen größeren Vertrauensvorschuss kann man einer Marke nur schwerlich geben. Frei nach dem Motto: Es wird schon ein Topauto werden, das die Entwickler von Porsche da auf die Räder stellen. Ist ja nicht ihr erstes. Stimmt. Aber ihr erstes, das rein elektrisch fährt. Der Taycan soll nicht weniger als eine neue Ära bei Porsche einleiten. Er soll zeigen, dass ein Porsche nicht unbedingt einen Sechszylinder-Boxermotor haben muss, um ein wahrer Porsche zu sein.
In 2,8 Sekunden von null auf 100
Letzte Zweifel daran verfliegen spätestens, wenn das rechte Pedal nach unten getreten wird. Was dann passiert, scheint nicht von dieser Welt zu sein und ebenso diverse physikalische Gesetze auszuhebeln. Selbst nackte Zahlen wie 2,8 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 und 9,8 Sekunden auf 200 km/h sowie die Höchstgeschwindigkeit von 260 km/h geben die Dynamik des Taycan nur unzureichend wieder. Klar, dies ist verdammt schnell, aber auch einige exotische Sportwagen hämmern diese Zeiten in die Stoppuhr. Beim Taycan allerdings gebärt sich all dies anders: unglaublich geschmeidig. Es ist die einzigartige Kombination aus leisem Elektroantrieb, tiefem Schwerpunkt (tiefer als beim 911er), unfassbarer Beschleunigung, perfektem Kurvenverhalten, verblüffender Handlichkeit und – bei aller Sportlichkeit – höchst angenehmem Komfort. Leere Landstraßen sorgen schon nach wenigen Kilometern für Suchtgefühle. Noch eine Kurve, und auch die nächste noch, Gas geben, bremsen, einlenken, herausbeschleunigen und am liebsten nie wieder aussteigen. Möge die Batterie ewig voll bleiben.
E-Porsche-Batterie schafft bis zu 412 Kilometer
Tut sie aber nicht. Nach spätestens 412 Kilometern muss der Taycan ans Kabel. Sein Stromspeicher fasst netto knapp 84 kWh an Energie. An einer Haushaltssteckdose würde das Laden Tage dauern. Wir „tanken“ an sogenannten Super-Charger-Stationen von Ionity. Diese Ladesäulen werden in Europa etwa alle 120 Kilometer entlang der Hauptverkehrsadern aufgestellt. 400 sollen es Ende nächsten Jahres sein. Ionity könnte Gleichstrom mit bis zu 350 kW Leistung in den Akku schicken. Derzeit verkraftet dies aber noch kein Elektroauto. Der Taycan lässt immerhin 270 kW zu. Bislang Rekord. Damit ist die Batterie nach nur 20 Minuten zu 80 Prozent wieder gefüllt, gleichbedeutend mit etwa 300 Kilometern Fahrstrecke. Reichweitenängste dürften bei Taycan-Fahrern damit der Vergangenheit angehören.
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Alle Erfahrungen aus dem Rennsport und seinen Hybridfahrzeugen hat Porsche in den Taycan einfließen lassen. So gibt es am Lenkrad keine Wippen, mit denen man, wie bei einigen anderen Elektroautos, die Rekuperation beeinflussen kann. Beim Taycan geschieht dies auf intuitive Weise über das Bremspedal. Obwohl man es tritt, verzögern bis zu einem gewissen Schwellenwert nur die beiden Elektromotoren das Auto. Erst darüber hinaus pressen die Beläge gegen die Bremsscheiben. Lupft man lediglich das Fahrpedal, wechselt der Taycan in den effizientesten Betriebszustand: Er nutzt seine kinetische Energie und „segelt“ lautlos dahin.
Im Taycan schlummert ein volldigitales Cockpit
Neben aller Fahrdynamik, mit der sich die Porsche-Entwickler zweifellos einen rollenden Superlativ geschaffen haben, wirkt auch der Rest des Taycan professionell durchdacht. Mit nur 1,38 Metern Höhe ist er niedriger als ein Panamera, obwohl dieser keine Batterie im Bauch hat. Damit die Gäste im Fond ihre Füße dennoch tief genug platzieren und somit bequem sitzen können, erhielt der Taycan eine „Fußgarage“. So nennt Porsche die Aussparungen in der Batterie.
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Die Heckansicht des neuen Porsche Taycan Turbo S.
© Quelle: imago images / Patrick Scheiber
Der Fahrer muss sich um solche technischen Tricks keine Gedanken machen, er sitzt topplatziert wie im 911er Carrera und schaut auf ein voll digitales Cockpit, in dem es so gut wie keine Knöpfe und Schalter mehr gibt. Alles läuft über Touch-Bedienung oder Sprache. Selbst der Beifahrer hat rechts ein eigenes Display zum Spielen.
Konkurrenz für Teslas Model S?
Sicher lässt sich der Taycan in mancher Weise als „Tesla-Jäger“ bezeichnen. Und vielleicht mag er auch den einen oder anderen potenziellen Model-S-Kunden vom Kauf der kalifornischen Elektro-Limousine abhalten. Doch der Taycan ist anderes positioniert. Er ist viel mehr Sportwagen als Limousine, und zudem deutlich teurer. Als Turbo S, der leistungsstärksten und von uns gefahrenen Version (761 PS), kostet der Taycan 185.465 Euro. Die „schwächere“ Variante mit 680 PS, genannt „Turbo“, startet bei 152.136 Euro. Doch es ist noch Luft nach unten. Vermutlich Anfang 2020 will Porsche eine deutlich abgespeckte Version folgen lassen, mit kleinerer Batterie und ohne zweiten Elektromotor. Sie soll unter 100.000 Euro kosten.
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Plus: faszinierende Fahrleistungen, ausreichende Reichweite, hoher Komfort
Minus: schlechte Sicht nach hinten, Touchscreen-Bedienung teilweise umständlich, Türgriffe gewöhnungsbedürftig, hoher Preis
RND