Autonomes Fahren: VW stürzt sich ins Großstadtgetümmel

Komfortabel: Schon heute bieten die Moia-Shuttles einen individuellen Personentransport. In naher Zukunft sollen sie Passagiere fahrerlos durch den Großstadtverkehr transportieren.

Komfortabel: Schon heute bieten die Moia-Shuttles einen individuellen Personentransport. In naher Zukunft sollen sie Passagiere fahrerlos durch den Großstadtverkehr transportieren.

Bisher hinken Deutschlands Autobauer in Sachen mobiler Zukunftstechnologien wie dem autonomen Fahren der überseeischen Konkurrenz hinterher. Volkswagen möchte das mit einem ambitionierten Programm ändern. Denn während die Konkurrenz wie Waymo hauptsächlich im Einbahnstraßennetz amerikanischer Wüstenstädte wie Phoenix (Arizona) unterwegs ist, nimmt VW auch komplexe deutsche Großstädte für sein fahrerloses Robotertaxiprogramm in seine Planungen mit auf. Ab 2025 sollen die Fahrzeuge unterwegs sein.

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Das Thema autonomes Fahren ist im VW-Konzern bei den leichten Nutzfahrzeugen in Hannover angedockt. Dort wurde der Einstieg in das neue Mobilitätsangebot der selbstfahrenden Shuttledienste vorbereitet: Zum einen mit dem Ridepooling-Anbieter Moia, der bereits seit einigen Jahren mit der Idee unterwegs ist, Menschen, die sich Fahrzeuge und Strecken teilen, auf Anfrage flexibel an ihre Ziele zu bringen. Zum anderen mit dem vom Google-Veteranen Bryan Salesky gegründeten Technologie-Start-up Argo AI, das die Software für die autonomen Fahrprogramme beisteuert. Fahrender Untersatz wird der elektrische Bully-Nachfolger ID. Buzz sein, der im kommenden Jahr auf den Markt kommt. Im Testbetrieb sind bereits Fahrzeuge in sechs amerikanischen Großstädten wie Miami, Washington oder Detroit unterwegs, als erste deutsche Stadt soll in diesem Jahr München folgen.

Christian Senger, Bereichsleiter Autonomes Fahren bei VW: „Kurioserweise lernen wir, dass wir den Service dort beginnen müssen, wo die höchste Intensität der Nachfrage herrscht.“ In eng besiedelten Gebieten sei die Nachfrage nach öffentlicher Mobilität am größten: „Das ist unsere Startposition.“ In diesen Gebieten ergebe sich zudem die Möglichkeit, intensiv Daten zu sammeln, damit die Algorithmen zu verbessern und so auch den Service. Laut Senger gehe man davon aus, dass bis 2030 in wenigen Städten 50 Prozent des gesamten Fahrdienstmarktes abgedeckt werde könne. Dort werde auch die Konkurrenz der einzelnen Anbieter am größten sein. Namentlich nennt Senger in Deutschland Hamburg: „Das ist sicherlich nicht die allergrößte Stadt im internationalen Vergleich, aber für den Hochlauf bestens geeignet.“

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Volkswagen setzt von Anfang an auf die Personenbeförderung

Im Unterschied zu anderen Unternehmen, die ihre autonomen Angebote mit dem Warentransport starten, setzt Volkswagen von Anfang an auf die Personenbeförderung. „Das ist das größere Geschäftsfeld“, sagt Senger. Der Güterverkehr werde dann in einem zweiten Schritt folgen. Im Übrigen habe man da einen sehr klaren Plan: „Bis 2025 wollen wir den finalen Übergang vom Pilotbetrieb mit Sicherheitsfahrer zu einem vollautonomen Servicebetrieb ohne Sicherheitsfahrer geschafft haben.“ Dabei gehe es auch darum, der Bevölkerung Ängste zu nehmen und zu zeigen, dass diese Form der Mobilität verlässlich funktioniere: „Es wird sicherer sein als menschliches Fahren.“

Um diese Versprechungen erfüllen zu können, braucht es eine Technologie, die in der Lage ist, die chaotischen Verkehrsverhältnisse in Großstädten zu beherrschen. Reinhard Stolle, Deutschland-Geschäftsführer des amerikanischen IT-Unternehmens Argo AI: „Deshalb steht der Sicherheitsansatz ganz oben in unserem Wertesystem.“ Autonome Fahrzeuge müssten mehr Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer bringen – Fußgänger und Radfahrer eingeschlossen. Stolle formuliert einen durchaus selbstbewussten Anspruch: „Unser Ziel ist das sicherste, intelligenteste und das am besten skalierbare selbstfahrende System.“

Argo AI, 2016 gegründet und mittlerweile an acht Standorten mit 1200 Mitarbeitern aktiv, hat dafür nach eigenen Angaben einige der weltweit führenden Experten in Robotik, in Hardware-und Softwareengineering eingekauft. Im Testbetrieb wurden inzwischen Tausende von Kilometern in den jeweiligen Großstädten kartiert. „Damit ist das Gebiet, in dem wir testen, größer als das aller anderen Entwickler autonomer Fahrzeuge“, sagt der Argo-AI-Manager. In die gesammelten Daten fließe das Verhalten sämtlicher Verkehrsteilnehmer mit ein, was sehr diverse Simulationen in komplexen Szenarien möglich mache, inklusive Fehlverhalten, beispielsweise von Fußgängern an Ampeln oder besonders aggressiven Autofahrens. Um all diese Daten zu erfassen, braucht es ein ganzes Arsenal an Sensoren, mit denen die Fahrzeuge ausgerüstet sind. Besonders stolz ist man auf einen neuen Lidar-Sensor, der bis zu einer Reichweite von 400 Metern hochauflösende Bilder liefert.

Schlammkanone testet selbstreinigende Sensoren

Weil die ganzen Systeme unter allen Bedingungen zuverlässig funktionieren müssen, werden jede Menge Tests in der realen Welt und in virtuellen Umgebungen gefahren. Stolle: „Wir können künstlichen Regen generieren, Dampf und Rauch und haben sogar eine Schlammkanone für unsere selbstreinigenden Sensoren.“ Inzwischen sei man bereits bei der fünften Generation des selbstfahrenden Systems von Argo AI, und die werde jetzt in den ID. Buzz eingebaut: „Die Zusammenarbeit mit VW ist für uns wichtig, denn sie ist die Grundlage für den gemeinsamen technischen und wirtschaftlichen Erfolg.

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Moia-Geschäftsführer Robert Henrich, dessen Fahrzeuge das autonome Angebot in den Markt bringen werden, fasst die Aussichten so zusammen: „Die Erwartungen sind hoch. Auf der einen Seite sind die Kunden, die sich darauf verlassen, dass die Fahrt genauso bequem und zuverlässig funktioniert wie mit dem eigenen Auto. Auf der anderen Seite sind die Städte, die davon ausgehen, dass autonomes Ridepooling im Zuge der Mobilitätswende aktiv zur Entlastung des Verkehrs beiträgt.“

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