Wie kommunizieren Drosten und Co.? MaiLab macht den Virologencheck
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Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim.
© Quelle: imago images/Horst Galuschka
Köln. Das ganze Land hängt derzeit an den Lippen von Christian Drosten. Der Wissenschaftler gilt als Topexperte auf dem Gebiet der Virologie – und ist seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie einer der gefragtesten Gesprächspartner in den Medien. Eine Rolle, die dem 48-Jährigen aber nicht immer schmeckt.
Im NDR-Podcast “Coronavirus-Update” hatte Drosten zuletzt immer wieder Kritik am Journalismus geübt. So gebe es immer wieder Situationen, in denen er sich “nicht mehr wohlfühle”. “Das kommt zum Beispiel dann zustande, wenn (...) in der Zeitung (...) aus diesem Podcast etwas zitiert wird, was aber nicht vollständig ist”, so Drosten.
In einer anderen Folge kritisierte der Virologe: “Es gibt Zeitungen, die malen inzwischen nicht nur in den Wörtern, sondern in Bildern Karikaturen von Virologen. Ich sehe mich selber als Comicfigur gezeichnet, und mir wird schlecht dabei. Ich bin wirklich wütend darüber, wie hier Personen für ein Bild missbraucht werden, das Medien zeichnen wollen, um zu kontrastieren. Das muss wirklich aufhören.”
Drosten kommuniziert sehr differenziert
Die Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim hat sich auf ihrem Youtube-Kanal MaiLab nun genau dieser Thematik gewidmet. “Man kann sich darauf verlassen, dass es immer wieder Artikel oder Beiträge geben wird, die Wissenschaft verkürzt oder schlichtweg falsch darstellen”, so die 32-Jährige. “Aber: Sind nur die Journalisten daran schuld?” Für die Chemikerin ist klar: Auch Wissenschaftler tragen oft zur Verwirrung bei.
In einem 17-minütigen Video analysiert Mai Thi Nguyen-Kim die Kommunikationsstrategien der aktuell gefragtesten Virologen: Christian Drosten, Hendrik Streeck und Alexander Kekulé.
In der Kommunikation der Wissenschaft gebe es nämlich ein grundsätzliches Problem, so die 32-Jährige: Wissenschaftler kommunizierten stets das “what”, die Leute würden sich aber für das “so what” interessieren. Also dafür, inwiefern sie die wissenschaftlichen Erkenntnisse persönlich betreffen.
Drosten würde dem Zuhörer jede Menge “what” liefern, analysiert Nguyen-Kim. Bei den “so what”-Fragen sei der Virologe deutlich differenzierter, was die Wissenschaftlerin lobt. Bei Alexander Kekulé würde es hingegen immer wieder widersprüchliche Aussagen geben. Die wissenschaftliche Grundlage für seine sehr klaren Ansagen sei häufig unklar, so die 32-Jährige.
Heinsberg-Studie sorgt für Verwirrung
Hendrik Streeck sei in seiner Formulierung auch nicht so vorsichtig wie Drosten, er lasse auch häufig seine Meinung als Privatperson einfließen. Zudem habe seine Heinsberg-Studie zur Verwirrung beigetragen – bei der Kommunikation hätten das “what” und “so what” schlichtweg nichts miteinander zu tun gehabt. MaiLab schlussfolgert: “Professor Streeck mag sauber und ordentlich in seiner Forschung sein – in seiner Kommunikation ist er es leider nicht.”
Mit Christian Drosten habe die Youtuberin allerdings auch noch ein Hühnchen zu rupfen, wie sie ankündigt. Dies beziehe sich vor allem auf seine Ankündigung, sich im schlimmsten Fall aus den Medien zurückzuziehen.
“Seiner Medienkritik kann ich mich grundsätzlich anschließen”, so Nguyen-Kim. “Aber: Wissenschaftler sind als Experten ganz wesentlich für den Weg raus aus dieser Epidemie. Auch wenn die Politik am Ende die Entscheidungen treffen muss, so sollten wir die Bewertung der Entscheidungen nicht nur Politikern und Journalisten überlassen, sondern auch den Experten.”
Appell für mehr Experten in den Medien
Am Ende richtet die Youtuberin noch einen Appell an die Wissenschaft: “Deswegen, liebe Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, bitte keinen ‘geordneten Rückzug aus den Medien’ antreten.” Die meisten Wissenschaftsjournalisten würden gute und gewissenhafte Arbeit machen. “Aber wir könnten schon ein bisschen Verstärkung gebrauchen an der sachlichen Front. Herr Drosten, Sie regen sich zu Recht über Zuspitzungen auf. Aber gerade deswegen brauchen wir nicht weniger, sondern mehr Fachleute in den Medien. (...) Wir brauchen gute Wissenschaftskommunikation.”
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© Quelle: Reuters
RND/msc