Könnten in der ARD-Mediathek bald Werbespots laufen?

Könnten in der ARD-Mediathek bald Werbespots laufen?

Könnten in der ARD-Mediathek bald Werbespots laufen?

Frankfurt. Könnten in den Mediatheken von ARD und ZDF künftig Werbespots für Waschmittel, Mobilfunkanbieter und Baumarktketten laufen? Zugegeben: Die Frage klingt zunächst einmal völlig abwegig. Denn die Mediatheken sind schließlich Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und durch den Rundfunkbeitrag finanziert – demnach sind die Onlineangebote auch gänzlich werbefrei.

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Das ist sogar im Gesetz so verankert: Während Privatsender wie Pro Sieben oder RTL auch ihre Angebote Joyn und TV Now mit Werbung finanzieren, sind Spots und Banner auf öffentlich-rechtlichen Websites wie etwa tagesschau.de, beim Onlinejugendangebot funk oder eben in den Mediatheken tabu.

Wer die öffentlich-rechtlichen Medien jedoch über klassische Wege verfolgt, der weiß: Gänzlich werbefrei sind ARD und ZDF mitnichten. Im Fernsehen beispielsweise dürfen die Hauptprogramme an jedem Werktag durchschnittlich 20 Minuten Werbung senden, zumeist läuft diese im Vorabendprogramm. Festgelegt ist das im Rundfunkstaatsvertrag. Nach 20 Uhr und an Sonn- und Feiertagen ist es ARD und ZDF generell verboten, Werbung zu senden. Im Radio dürfen die öffentlich-rechtlichen Sender durchschnittlich sogar 90 Minuten Werbung am Werktag ausstrahlen.

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HR-Intendant wirbt für Werbung in der Mediathek

Warum dann also nicht online? Genau diese Frage wirft nun die ARD selbst auf, genauer gesagt Manfred Krupp – der scheidende Intendant des Hessischen Rundfunks. Krupp hielt Ende September einen Vortrag vor Werbekunden der öffentlich-rechtlichen Anstalt, bei der alljährlichen Veranstaltung „ARD Medienlese“. Das Medienmagazin „DWDL.de“ hatte zuerst über den Branchentreff berichtet und überschrieb den Auftritt mit den Worten: „ARD stachelt Werbekunden auf.“

Krupp stand zusammen mit Elke Schneiderbanger auf der Bühne, der Chefin der Vermarktungstochter ARD-Werbung Sales & Services (AS&S). Mit dabei hatte Schneiderbanger eine Langzeitstudie von ARD und ZDF zur Werbeakzeptanz. Das Ergebnis: 73 Prozent der Deutschen fänden Werbung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen okay – und 59 Prozent wären sogar für Werbung in den Mediatheken von ARD und ZDF bereit.

Manfred Krupp nahm das dann in seiner Rede auf, wie das Medienmagazin schreibt. Die Zukunft liege immer mehr im Digitalen und in der zeitunabhängigen Nutzung von Video und Audio; das größte Wachstum verzeichne man hier inzwischen nicht mehr bei den ganz Jungen, sondern in den mittleren Altersgruppen, wird Krupp zitiert.

Der Rundfunkbeitrag reicht nicht

Für die öffentlich-rechtliche Werbung werde es als Folge dieser Entwicklung immer schwieriger: „Im linearen TV nimmt die Werbung ein Prozent unserer täglichen Sendezeit ein, im Digitalen herrscht Wüste. Das muss einen beschäftigen, denn wenn die Werbung perspektivisch abnimmt, muss der Beitrag entsprechend steigen.“ Laut Krupp läge der Rundfunkbeitrag schon heute bei mindestens 20 Euro, wenn ARD und ZDF werbefrei wären.

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Eine mögliche Lösung für die Zukunft laut Krupp: Werbung in den Mediatheken und Audiotheken der Sender. „Sie sollten sich dafür einsetzen“, empfahl der HR-Intendant den Werbekunden und Agenturchefs, „dass Sie bei uns auch in der Mediathek und in der Audiothek werben dürfen, wenn Sie weiterhin Menschen erreichen wollen, die Qualität suchen und denen Gemeinwohl am Herzen liegt. Wir sind da eher schüchtern und zurückhaltend, wie es unsere Art ist. Aber Sie können das zum Thema machen.“

Im Publikum soll der Vorschlag auf Zustimmung gestoßen sein, berichtet das Medienmagazin weiter. So wird etwa Jens-Uwe Steffens, Pilot-Inhaber und Vorstandsmitglied der Organisation der Mediaagenturen (OMG), zitiert: Die OMG werde sich für das Ziel einsetzen, weil man dringend mehr Reichweite und mehr qualitativ hochwertiges Digitalinventar brauche.

Neu ist die Diskussion nicht

Bedeutet das also, dass Rundfunkbeitragszahler vor Serien wie „Charité“ oder ARD-Dokumentationen künftig Werbung für Hundefutter, Bohrmaschinen und Dieselautos sehen müssen?

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Ganz so einfach ist es nicht. Zunächst einmal steht den Öffentlich-Rechtlichen ja das Gesetz im Wege – und der Versuch, dieses zu ändern, ist schon in der Vergangenheit des Öfteren gescheitert. Genau genommen gibt es die Diskussion über Werbung auf den ARD-Onlineplattformen schon, solange es das Internet gibt.

Schon im Jahr 2000 forderte der damalige ARD-Vorsitzende Peter Voß eine Änderung des Rundfunkstaatsvertrages, wie heute noch beim „Spiegel“ nachzulesen ist. Die öffentlich-rechtlichen Sender dürften zwar Gelder in ihre Onlineauftritte investieren, bekämen aber keine Chance, sie auch zu refinanzieren, beklagte Voß damals.

Was Voß seinerzeit ebenfalls forderte: Werbespots nach 20 Uhr im Fernsehen. „Das ist doch schöner Stoff zum Nachdenken für die Ministerpräsidenten“, so Voß damals. Heute wissen wir: Weder der eine noch der andere Wunsch sind jemals in Erfüllung gegangen.

35 Jahre „Fernsehgarten“, 35 Jahre heile Welt
Der Stand der ZDF-Sendung "Fernsehgarten" auf der Internationalen Funkausstellung (IFA) in Berlin, aufgenommen am 26.8.2001. Die Sendung wurde von der IFA aus ��bertragen.

Vergangenen Sonntag ist der ZDF-„Fernsehgarten“ in seine neue Saison gestartet. Tatsächlich flimmert diese Sendung seit inzwischen 35 Jahren über die Bildschirme.

„Keine einheitliche ARD-Forderung“

Innerhalb der ARD wird der Vorschlag Krupps inzwischen derweil längst relativiert. Vanessa Zaher, Pressesprecherin beim Hessischen Rundfunk, erklärt auf Anfrage des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND), bei den Aussagen Krupps handele es sich um „keine Forderung der ARD“, es gebe nicht einmal eine einheitliche ARD-Haltung. „Es ist auch keine Kampagne geplant, geschweige denn ein ‚Aufstacheln der Werbekunden‘“, so Zaher am Telefon.

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„Es war eine Analyse des Status quo sowie ein analytischer Ausblick“, betont die Pressesprecherin. „Ob es eines Tages Werbung in der ARD-Mediathek geben wird, ist völlig unklar. Klar ist aber, dass die Frage irgendwann in ferner Zukunft einmal Thema werden wird.“

Schwerpunkt der Rede sei die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gewesen. „Darin ging es auch um die Entwicklung der Werbeerlöse. Wenn die Werbeerlöse langfristig über die klassischen Wege einbrechen, stünde dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk ein Ausgleich zu. Eine langfristige Alternative könnte sein, Werbung über den Onlineweg auszuspielen, etwa in den Mediatheken.“

Den Privaten dürfte das nicht gefallen

Dieser „Ausgleich“, von dem Zaher spricht, gilt übrigens in beide Richtungen. 2015 etwa, als es Überschüsse aus dem Rundfunkbeitrag gab, diskutierte die Politik über eine mögliche Werbesenkung bei den öffentlich-rechtlichen Sendern. Es entbrach eine größere Debatte um die sogenannte Mischfinanzierung, die aus Rundfunkbeitrag und Werbeerlösen besteht. Eine solche Grundsatzdiskussion könnte nun erneut aufflammen.

Zudem haben auch die privaten Sender, etwa RTL und ProSiebenSat.1 noch ein Wörtchen mitzureden. Denn denen dürfte es vermutlich gar nicht schmecken, ihre Onlineerlöse künftig auch in den Mediatheken mit den öffentlich-rechtlichen Sendern zu teilen.

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Henning Tewes, Geschäftsführer von RTL und TV Now, beispielsweise hatte erst im Sommer gegenüber der „FAZ“ geklagt, dass die Öffentlich-Rechtlichen überhaupt Werbung ausstrahlen dürfen, und gleichzeitig ein entsprechendes Verbot in die Diskussion gebracht. „Angesichts von über 8 Milliarden Euro Rundfunkbeitrag, Tendenz steigend“, solle man die TV-Werbung besser „dem privaten Markt“ überlassen, so Tewes damals.

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