Journalistin bezeichnet Holocaustplaner auf Twitter als „Sozialisten“ und wird entlassen
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Ein Blick in den Newsroom im Rahmen eines Rundganges mit der Nachrichtenagentur APA in den Räumen des Onlinemagazins „exxpress“ in Wien.
© Quelle: picture alliance / ROLAND SCHLAGER / APA / picturedesk.com
Wien. Eine deutsche Journalistin hat in Österreich für einen Medienskandal gesorgt. Nach dem ZDF-Film „Die Wannseekonferenz“ am Montagabend (24. Januar) anlässlich des 80. Jahrestages, an dem hohe NS-Funktionäre am 20. Januar 1942 die von ihnen sogenannte Endlösung der Judenfrage besprachen, schrieb Anna Dobler auf Twitter: „Das waren nicht nur Mörder, sondern auch durch und durch Sozialisten.“ Den Tweet hat die 35-Jährige, die gebürtig aus Bayern stammt, mittlerweile gelöscht, wie sie selbst auf ihrem Twitter-Account erklärt.
Dobler wird gekündigt
Ihr Arbeitgeber, das österreichische Boulevardportal „exxpress“, distanziert sich von den Aussagen seiner Redakteurin und reagiert mit einer sofortigen Entlassung. „Aus aktuellem Anlass möchte das ‚exxpress‘-Medienhaus betonen, dass die von Anna Dobler auf Twitter zum TV-Film „Wannseekonferenz“ geäußerte Meinung keinesfalls jener der Redaktion entspricht: Nein, die Nationalsozialisten, die den Holocaust planten und ausführten, waren keine ‚Sozialisten‘, wie Anna Dobler dies in ihrem Posting nachweislich falsch behauptet hat“, heißt es in einem Statement des Chefredakteurs Richard Schmitt und der Herausgeberin Eva Schütz.
Weiter heißt es in der Stellungnahme: „Wir wollen nicht, dass unsere Redaktion, unser ganzes Team auch nur mit dem geringsten Verdacht einer möglichen Relativierung des Nationalsozialismus belastet wird. Wir wollen nicht, dass Sozialdemokratie derart falsch beschuldigt wird, wir wollen nicht, dass gute Freunde aus der Sozialdemokratie per Tweets gekränkt werden. Und wir werden auch stets falsche Aussahen richtig stellen.“ Ein Tweet eines Mitarbeiters könne nicht rein privat ausgelegt werden. „Der ‚exxpress‘ trennt sich hiermit von Anna Dobler“, lautet der letzte Satz. Dobler retweetet das Statement und kommentiert es schlicht mit den Worten: „Ok, wow.“
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„exxpress“-Herausgeberin Eva Schütz und Chefredakteur Richard Schmitt im Rahmen eines Gespräches mit der Nachrichtenagentur APA in den Räumen des Onlinemagazins „exxpress“ in Wien.
© Quelle: picture alliance / ROLAND SCHLAGER / APA / picturedesk.com
Dobler: „Ich verwehre mich ausdrücklich des Vorwurfs des Geschichtsrevisionismus“
Dobler, die nach eigenen Angaben zuvor unter anderem bei der „Bild“-Zeitung und „Focus online“ arbeitete, versucht ihre Aussage zu erklären. „Ich verwehre mich ausdrücklich des Vorwurfs des Geschichtsrevisionismus“, schreibt sie auf Twitter zu einem ihrer Posts, in dem sie erläutert, warum sie ihren Ausgangstweet gelöscht hat: „Ich habe den Tweet gelöscht, weil es umstritten ist, ob die Nazis ‚durch und durch‘ Sozialisten waren, aber es gibt ausreichende Belege für sozialistische Tendenzen innerhalb des Nationalsozialismus. Lernt ihr erstmal Geschichte“, schreibt sie und fügt den Artikel der britischen Zeitung „Independent“ mit der Zeile „Hitler und der sozialistische Traum“ an. Zudem schreibt sie, dass Schmitt sie darum gebeten hätte, den Tweet zu entfernen.
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Dobler habe Morddrohungen erhalten
„Die Debatte ist in weiterer Folge von Linksaußen angeheizt worden, so dass sich mein Arbeitgeber heute morgen offenbar zu so einem öffentlichen Statement genötigt sah“, behauptet sie und betont erneut: „Ich lehne den Sozialismus klar ab und meine damit nicht die Sozialdemokratie.“ Sie sei nach eigenen Angaben auch bereits angezeigt worden.
Ihr Tweet habe so große Wellen geschlagen, dass sie sogar Morddrohungen erhalten habe, wie sie auf Twitter erklärt: „Ich hab seit gestern zudem mehrere Morddrohungen bekommen und kann nur darauf verweisen, dass es einen Unterschied zwischen ‚Sozialismus‘ und ‚Sozialdemokratie‘ gibt, den ich nie bezweifelt habe.“
Den vielen Kommentaren gegen ihre Person unter ihren Tweets entgegnet sie mit der Aussage: „Ich verwehre mich auch ausdrücklich, mich in die Nähe von Geschichtsrevisionismus rücken zu lassen. Meine Urgroßeltern mussten wegen der Nazis ihre Spedition aufgeben. Ich habe die Nazis klar als das bezeichnet, was sie waren: Mörder.“
RND/nis