Eine surreale Welt des Reichtums

„Wer braucht bitte zwei Jets?“: TV-Doku über Putin und seine russischen Oligarchen

Russlands Machthaber Wladimir Putin wird auch durch die Loyalität der russischen Oligarchen gestützt.

Russlands Machthaber Wladimir Putin wird auch durch die Loyalität der russischen Oligarchen gestützt.

Artikel anhören • 5 Minuten

Auch ein Wladimir Putin ist kein Alleinherrscher: Wenn aktuell von den wichtigsten Stützen des russischen Machtapparats berichtet wird, ist meistens die Rede von vertrauten und treuen Kreml-Mitarbeitern sowie ranghohen Militärs im Ukraine-Krieg. Doch in der russischen Autokratie spielen auch ausgewählte Zivilisten eine bedeutende Rolle, Zivilisten, die in Geld schwimmen: Im Rahmen des Themenkomplexes „1 Jahr Ukraine-Krieg“ entstand eine neue „ZDFzeit“-Dokumentation, welche die ebenso steinreichen wie mysteriösen Russen unter die Lupe nimmt. „Die geheime Welt der Oligarchen“ von Filmemacher Florian Huber lief am Dienstag zur besten Sendezeit im ZDF und ist nun auch in der ZDF-Mediathek zu finden.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

+++ Alle Entwicklungen zum Krieg gegen die Ukraine im Liveblog +++

Das westliche Bild der russischen Oligarchen ist geprägt von ihrem obszönen Reichtum - man denke nur an die monströse Jacht von Roman Abramovitch -, aber auch von Skandalen und einer gewissen Geheimniskrämerei. Diese Doku wirft jedoch einen Blick hinter die glamouröse Kulisse und identifiziert einige der Superreichen als Schlüsselfiguren in Putins politischem System.

Doch warum scheint ihre Loyalität zum Kreml grenzenlos zu sein? Ganz einfach: Ohne Putin haben die Oligarchen keinen Zugriff auf Öl- und Gaskonzerne, Banken und andere russische Milliardenressourcen. Dafür müssen sie jedoch auch ihren Teil des Deals erfüllen, der nicht nur aus der Finanzierung des russischen Staates besteht, sondern auch aus der Umsetzung radikaler Kreml-Pläne. Dies, so schlussfolgert diese Doku, beinhaltet auch den Angriffskrieg auf die Ukraine. „An dem Tag, als russische Truppen in die Ukraine einfielen, hat Putin alle großen Unternehmer zu sich einbestellt. Die Teilnahme war Pflicht“, so der von der Krim stammende Nikolaj Petrow, der heute aus England die Mechanismen des Oligarchensystems analysiert.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Hauptstadt-Radar

Persönliche Eindrücke und Hintergründe aus dem Berliner Regierungsviertel. Immer dienstags, donnerstags und samstags.

Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.

„Arme Reiche, Multimillionäre“

Auch darin liegt der Grund für ihre Verschwiegenheit. Üblicherweise ist es schwierig, an die Superreichen heranzukommen. Sie geben nichts preis und zeigen sich kaum in der Öffentlichkeit. Allerdings gibt es durchaus Menschen, die sich mit Erfolg an ihre Fersen geheftet haben - und in „Die geheime Welt der Oligarchen“ zu Wort kommen.

Der jungen österreichischen Forscherin Elisabeth Schimpfössl gelang es etwa, 80 Oligarchen zu einem persönlichen Interview zu überreden. „Ungefähr ein Drittel davon waren Milliardäre. Der Rest waren arme Reiche, Multimillionäre“, erklärt die Soziologin vielsagend. Einige trifft sie in London, der heimlichen Hauptstadt der russischen Oligarchie.

Luke Harding, Reporter für den renommierten britischen „Guardian“ wurde aus Russland ausgewiesen. In der Doku argumentiert der Journalist, dass Putin selbst nicht weniger als der oberste Oligarch des Landes ist. Dann ist da noch Annika Joeres, die den Fokus für das investigative Rechercheteam „Correctiv“ auf die Gazprom-Lobby richtet: Ihre Spuren führen sie in deutsche Landesparlamente und Stromkonzerne, aber auch zu Sportvereinen und Musikfestivals.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

„Wer braucht bitte zwei Jets?“

Wie es aussieht, wenn jedes Verhältnis zu Geld verloren geht, erfährt man von Alexandra Tolstoy. Sie ist die Exfrau von Sergej Pugatschow, bekannt als „Kassenwart des Kreml“: „Es war irre, also dieser Umgang mit Geld war einfach irre“, berichtet Tolstoy. „Sergej hatte zwei Privatjets und drei Jachten. Wer braucht bitte zwei Jets?“

Geld ist also reichlich vorhanden, doch wie sieht es mit der Macht aus? Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion in den 90er-Jahren, traten die reichsten Russen noch an, um selbst die Herrschaft im Kreml zu übernehmen. Die Doku zeichnet nach, wie es dem unscheinbaren Politiker Wladimir Putin gelingen konnte, die Superreichen zu entmachten. Mehr noch: Er drängte sie in die Rolle von persönlichen Geldverwaltern, Stellvertretern und Krisenmanagern.

Ein Lob auf das sowjetische Bildungssystem

Dabei sind beinahe alle Superreichen stolz auf die Herkunft aus einem Land, in dem sie ihr Reichtum zum Klassenfeind machte: die Sowjetunion. „Sehr viele jener, die in den 90er-Jahren reich geworden sind, sind in Familien geboren, die der sowjetischen Intelligenzija angehörten“, berichtet Juri Pripatschkin in Schimpfössls Audioaufnahmen. „Ich glaube, dass das sowjetische Bildungssystem und die Werte, die man uns in der Schulzeit beigebracht hat, gut für uns gewesen sind.“

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Pripatschkin begann laut eigenen Angaben erst mit 32 Jahren, Geschäfte zu machen. Mit 23 schloss er sein Studium in Mathematik und Ökonomie an der Universität der Sowjetunion ab. Und dann? „Viele der Reichen sind völlig davon überzeugt, dass sie so reich geworden sind, weil sie besser sind als der Rest“, erklärt Soziologin Schimpfössl. „Weil sie intelligenter sind, bessere Gene haben, härter arbeiten und alles gemeinsam.“

RND/Teleschau

Mehr aus Medien

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige

Top Themen

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken