Tom Hanks ist auf den Hund gekommen – der Endzeitfilm „Finch“ bei Apple TV+
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Let’s go to San Francisco: Finch (Tom Hanks, l.) Hund Goodyear und Roboter Jeff wollen die Golden Gate Bridge sehen.
© Quelle: picture alliance / Everett Collection
Erst ein Kinofilm geht bislang auf das Konto von Miguel Sapochnik. Der Brite mit argentinischen Wurzeln brachte vor elf Jahren „Repo Men“ ins Kino. Jude Law und Forest Whitaker spielten gnadenlose Schuldeneintreiber für einen Organhandelkonzern. Eine durchaus intelligente Science-Fiction-Parabel – viel zu blutig indes für Freunde des gehobenen Zukunftsfilms, und längst nicht explizit genug für die Splattergemeinde. Der Film saß irgendwie zwischen den Stühlen: potenzieller Blockbuster – und dann doch nicht.
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Zwischenzeitlich jedoch hatte der Regisseur einige der spektakulärsten Folgen der Fantasyserie „Game of Thrones“ (GoT) inszeniert. Niemand von der Zigmillionen-Fanschar des Epos um den Eisernen Thron vergisst je, wie der Nachtkönig in der Episode „Hartheim“ mit seinem Totenheer in Jon Schnees Verhandlungen mit den Wildlingen platzte. Und erst recht nicht, wie der sadistische Ramsay Bolton in „Die Schlacht der Bastarde“ seinem grausamen, aber doch als gerecht empfundenen Schicksal zugeführt wurde. Sapochnik erhielt für sein „GoT“-Wirken einen Emmy.
Sapochniks zweiter Spielfilm „Finch“ nun machte seit Sommer 2020 das Corona-Hopping der Kinostarttermine durch, bis er jetzt nach mehreren Verschiebungen ins Herbstprogramm von Apple TV+ rutschte. Wer erleben möchte, wie sich Tom Hanks als Finch Weinberg, Ingenieur für Robottechnik, in einer unwirtlich gewordenen Welt schlägt, der muss streamen, wie es schon bei Hanks erstem Western „Neues aus der Welt“ war, der im Februar startete – allerdings bei Netflix.
Mit Einsamkeit kennt sich Tom Hanks bestens aus
Der Regisseur liefert wieder Dystopisches – Hanks allein im Labor. Mit Einsamkeit kennt sich der Schauspieler ja bestens aus. Als Schiffbrüchiger in „Cast Away“ (2000) hatte er nur einen Volleyball zur Gesellschaft. Als Finch hat er immerhin seinen treuen Hund namens Goodyear an seiner Seite. Eine solare Apokalypse hat Finch todkrank gemacht. So baut er in seinem Bunker für Goodyear eine KI, die ihn nach seinem Ableben als Herrchen vertreten soll.
Der mechanische Gefährte namens Jeff ist jedoch ein rechter Tollpatsch. Und er macht die traurige Freundschaftsgeschichte in den deprimierenden Menschheitsruinen zu einem zuweilen sogar anrührend-vergnüglichen Filmerlebnis.
Denn Jeff, der lange Metalllulatsch mit der schlingernden Stimme, ist notorisch übereifrig. Nachdem Finch ihm zusätzlich zu Isaac Asimovs drei Gesetzen der Robotik ein viertes einprogrammiert hat („Roboter müssen das Wohlergehen von Hunden sichern“), versucht der Beschützer, sich nützlich zu machen. Sogar das Automobilfahren traut Jeff sich zu („Ich bin ein exzellenter Fahrer“).
Die Prärie ist eine Sandwüste bei Temperaturen um 65 Grad Celsius
Und so bringt er den kleinen Trupp von Mensch und Maschinen wiederholt in die Bredouille, als man sich auf den Weg nach San Francisco macht. Weg aus der verstrahlten Wüste, die einst blühende Prärie war, in der jetzt Temperaturen um die 65 Grad Celsius herrschen und wo ein unüberlebbarer 40-tägiger Supersturm bevorsteht.
Das Roadmovie hat starke Bilder. Hier sehen die amerikanischen Himmel vor dem Sturm aus wie bewegte See und Hurrikane stülpen ihre gierigen Rüssel gen Erde. Und Hanks ist auch hier eine sichere Bank als netter letzter Mensch auf Erden. Tier und Technowesen behandelt er wie menschliche Weggefährten. Und das auch im Zorn: „Ich weiß, dass du erst gestern geboren wurdest“, fährt er Jeff nach einem fatalen Fahrfehler an, „aber es ist Zeit, erwachsen zu werden.“ Später sitzen die beiden unter einem Sonnenschirm, und Finch entschuldigt sich: „Ich hätte dich nicht ‚Maschine‘ nennen dürfen.“
Auch der zweite Spielfilm Sapochniks hat freilich das Zwischen-den-Stühlen-Problem – kein klar definiertes Zielpublikum. Für jugendliche und erwachsene Zuschauer passiert im ungleichen Überlebensteam relativ wenig. Und für die Kleinen, die die „Wall-E“-artigen Momente durchaus goutieren könnten, ist hier ganz klar zu viel Weltuntergang und Tod.
„Finch“, 115 Minuten, Regie: Miguel Sapochnik, mit Tom Hanks (ab 5. November bei Apple TV+)