ZDF-Chefhistoriker im Gespräch: “Die Suche nach Erklärungen führt auch in die Geschichte”
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“Überall dort sein, wo User nach Wissen suchen”: Peter Arens, Leiter der ZDF-Hauptredaktion Geschichte und Wissenschaft.
© Quelle: ZDF und Jana Kay
“Terra X” ist mit knapp 40 Jahren eine der ältesten Marken im deutschen Fernsehen – jetzt steht sie vor einer digitalen Offensive. Was genau ist geplant?
Wir bündeln die Kompetenzen unserer Wissenschafts- und Geschichtsredaktionen, um im Netz ein breites Wissensangebot unter der prominenten Marke “Terra X” anzubieten. Wir haben bereits 2016 unser Angebot im Social Web erfolgreich ausgebaut und betreiben einen Facebook-Kanal, drei Youtube-Kanäle und ein Instagram-Angebot. Zudem planen wir einen “Terra X”-Podcast und einen weiteren “Terra X”-Youtube-Kanal mit der jungen ZDF-Wissenschaftsjournalistin Jasmina Neudecker. Dazu gehört auch, unsere Angebote in der ZDF-Mediathek durch thematische Bündelung und vereinfachte Suchfunktionen leichter auffindbar zu machen. “Terra X” steht für hohe optische Qualität und zuverlässiges Hintergrundwissen. Diese Werte sollen auch unsere digitale Marke tragen. Wir wünschen uns, dass ein User, der ein Wissensinteresse hat und Bewegtbildangebote sucht, im Netz zuerst bei “Terra X” landet. Und vielleicht bewegt er sich von dort in die ZDF-Mediathek oder zu unseren Fernsehformaten. Wir wollen die Marke “Terra X” globaler aufbauen, ihre lineare und nonlineare Ausrichtung stärker miteinander verbinden.
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“Corona bietet eine Menge Stoff für diverse künftige Filmformate”: Peter Arens, Leiter der ZDF-Hauptredaktion Geschichte und Wissenschaft.
© Quelle: ZDF und Jana Kay
Sie wollen Schüler und Lehrer also mit kleinen Wissensclips versorgen, die kostenlos verlinkt, benutzt und verbreitet werden können. Was ist das Ziel? Geht es auch darum, die Marke ins Bewusstsein zu rücken?
Natürlich ist es uns ein Anliegen, Schülern und Lehrenden ins Bewusstsein zu rufen, dass sie bei “Terra X” ein umfassendes Angebot für den Geschichts-, Erdkunde- oder Biologieunterricht finden können. Wir wissen schon lange, dass viele “Terra X”-Sendungen in der Schule gezeigt werden, unsere 20 Teile “Die Deutschen” zum Beispiel sind dort ein regelrechter Longseller geworden. Auch gibt es immer wieder Museen und andere Bildungseinrichtungen, die großes Interesse an einer Nutzung unserer Sendungen oder an Ausschnitten haben.
Und das soll einfacher werden?
Ja. Damit verbunden sind bisher oft sehr komplexe Rechteprüfungen. Die Freigabe von “Terra X”-Erklärteilen unter einer CC-Lizenz schafft nun Rechtssicherheit bei deren Verwendung, und wir gehen davon aus, dass Lehrende, Studierende und Schüler genauso wie Museen und andere Protagonisten im Bildungsbereich die Clips nutzen, um damit Lehrmaterialien anzureichern, Referate zu illustrieren oder auch Websites attraktiv zu gestalten.
Die heruntergeladenen Clips können auch in eine Powerpoint-Präsentation eingebaut oder mit einer einfachen Filmschnittsoftware angepasst werden.
Peter Arens, Leiter der ZDF-Hauptredaktion Geschichte und Wissenschaft
Alle unsere CC-Clips stehen in der ZDF-Mediathek unter TerraX-CC.zdf.de zum Download bereit und können anschließend zum Beispiel von der Community in Wikipedia-Artikel eingebaut werden. Lehrer oder Schüler können sie herunterladen und dann an einem Ort ihrer Wahl auf dem Endgerät ihrer Wahl nutzen, ohne dass dafür zum Beispiel im Klassenzimmer eine Internetanbindung zur Verfügung stehen muss. Das ist wichtig, da noch lange nicht alle Schulen mit Internet geschweige denn WLAN in den Klassenräumen ausgestattet sind. Die heruntergeladenen Clips können auch in eine Powerpoint-Präsentation eingebaut oder mit einer einfachen Filmschnittsoftware angepasst werden.
Während der Coronakrise haben sich die Zugriffszahlen auf digitale Wissensinhalte vervielfacht. Sie haben im März 2020 als Reaktion auf die Schulschließungen kurzfristig den Youtube-Kanal “Terra X statt Schule” eröffnet. Wie fällt Ihr Zwischenfazit aus?
Der Kanal war eine spontan umgesetzte Idee als direkte Reaktion auf den Corona-Lockdown, als der Schulunterricht von einem Tag auf den nächsten nicht mehr durchgeführt werden konnte. Wir haben uns sehr über den großen Zuspruch gefreut, den der Kanal von Anbeginn an erfahren hat. Trotz der allmählichen Schulöffnung steigen Abonnentenzahlen und Videosichtungen weiter an. Wir werden auf dem Schulkanal künftig auch ausgewählte Creative-Commons-Clips anbieten. Unsere Arbeit für Schulen und Bildungseinrichtungen wird von einer breit angelegten Studie des ZDF begleitet. Die Erkenntnisse daraus und auch die Rückmeldungen werden wir nutzen, um den Kanal nach den Sommerferien weiter an den Bedarf aus dem Schul- und Bildungsbereich anzupassen. Den Kanalnamen werden wir bald den neuen Gegebenheiten anpassen, “Terra X statt Schule” passt dann nicht mehr und wird Geschichte.
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“Wir haben uns sehr über den großen Zuspruch gefreut”: Der Youtube-Kanal “Terra X: Natur & Geschichte” wurde im Dezember 2016 gestartet und postet zweimal die Woche ein Video.
© Quelle: ZDF und HR Geschichte und Wissen
Was macht einen guten Wissensclip aus? Was muss er leisten, um seine Zielgruppe zu erreichen?
Ein guter Wissensclip muss eine konkrete Frage klar beantworten, im Idealfall unterstützt durch anschauliche Bilder. Die hochwertigen Bildwelten sind es ja, die “Terra X” ausmachen. Ebenso entscheidend ist die hohe inhaltliche Qualität, alle Erkläreinheiten beruhen auf fundierter, wissenschaftlicher Recherche. Durch ihre langjährige Wirkung wird unsere Marke “Terra X” von den Usern als vertrauensvolle Quelle wahrgenommen, die Absenderglaubwürdigkeit spielt eine große Rolle. Wichtig ist natürlich noch, dass die Clips überall dort sind, wo die User nach Wissen suchen. Daher wollen wir durch die Creative-Commons-Lizenzen erreichen, dass sie im Netz weit gestreut werden, egal, ob in der ZDF-Mediathek, bei Youtube, bei Wikipedia oder auch auf anderen Seiten im Netz.
Welche Erfahrungen haben Sie bei den unterschiedlichen Social-Media-Plattformen gemacht, wenn es darum geht, Wissen zu verbreiten? Wo fällt das Angebot auf besonders fruchtbaren Boden?
Seit 2016 haben wir das digitale Angebot von “Terra X” systematisch ausgeweitet. Wir erreichen mit unseren Kanälen User, die deutlich jünger sind als die, die uns im Fernsehen verfolgen. Wir haben 1,7 Millionen Abonnenten und erzielen jeden Monat in der Mediathek, auf Youtube und Facebook rund 25 Millionen Views. Dabei zeigt sich, dass wir mit jedem Kanal eine andere Zielgruppe mit anderen Interessen und Mediennutzungseigenschaften bedienen. Dementsprechend optimieren wir die Kanalstrategien: Die höchste Informationsdichte können wir bei Youtube vermitteln. Unsere Facebook-User wollen aktuelle Infos und kurze, präzise Hintergründe zu relevanten Fragen, die zum Diskutieren anregen. Bei Instagram sind unsere Nutzer an Naturthemen interessiert. Hier vermitteln wir im Zusammenhang mit Bildposts und Stories vor allem kurze Infoeinheiten. Für uns neu ist die Erfahrung aus dem Pilotprojekt im Herbst letzten Jahres, als wir mit CC-Clips auch via Wikipedia viele User erreichen konnten. Dort wurden sieben Clips zu Klimathemen in acht Seiten eingebaut und bis heute rund 900.000-mal geschaut.
Das ZDF hat, was die Zeitgeschichte angeht, eine Weile gebraucht, um den Schatten von Guido Knopp abzustreifen, der historische Stoffe gern als Drama inszenierte und mit dem Sie ja auch die Reihe “Die Deutschen” produziert haben. Was macht modernes Geschichtsfernsehen für Sie heute aus?
Ich sehe nicht, dass die Redaktion Zeitgeschichte irgendwelche Schatten hätte abstreifen müssen. Guido Knopp und seinem Team war es gelungen, mit anspruchsvollen Programmen ein großes Publikum für zeithistorische Themen zu gewinnen. Und was das Thema Inszenierungen angeht, so war die filmische Umsetzung mit Dramaelementen eher die Bildsprache von “Terra X”, weil alte Geschichte ohne Archivmaterial auskommen musste und daher auf dieses Reenactment angewiesen war. Ein Durchbruch war in dieser Hinsicht der Vierteiler “Sturm über Europa” von 2002 über die germanischen Völkerwanderungen, der mittels CGI erstmals große Menschenströme in Dokumentationen darstellen konnte. Emotionale Visualisierung von Geschichte war bis dahin historischen Spielfilmen vorbehalten gewesen.
Aber haben sich die Ansprüche an historisches Fernsehen seither verändert?
In den vergangenen Jahren hat sich die von Stefan Brauburger geleitete ZDF-Redaktion Zeitgeschichte sowohl bei den Inhalten als auch in der Formensprache den Herausforderungen gestellt, die das moderne Geschichtsfernsehen generell betreffen: Es gilt mehr denn je, auch aktuellen Ansprüchen zu genügen und die Relevanz historischer Stoffe für uns heute herauszustellen – ob es sich um die Geschichte der Pandemien, des bedrohten Weltkulturerbes oder des Rassismus handelt. Wo liegen die Ursprünge der Fragen, die uns in der Gegenwart bewegen? Das Programm muss heute auch vielfältiger sein als in früheren Jahren. Dazu kann dann auch das Wagnis gehören, eine 90-minütige Primetimedokumentation über das grauenvolle Lagerleben in Auschwitz zu produzieren. “Ein Tag in Auschwitz” hat im Januar gegen alle Erwartungen 3,2 Millionen Zuschauer erreicht und war das jüngste Programm im ZDF an jenem 28. Januar.
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“Eine Serie wie ‘Tiger King’, an der fünf Jahre gearbeitet wurde, ist im Verhältnis zu aufwendigen Fictionserien günstig zu produzieren”: Die Netflix-Doku “Tiger King” verhalf Joe Exotic zu zweifelhaftem Weltruhm. Sie steht für den aktuellen Boom von Dokuformaten.
© Quelle: Netflix
Das Genre Dokumentation boomt. Bei Netflix und anderswo entwickeln sich Dokus wie “Tiger King” zu globalen Phänomenen. Beobachten Sie in unserer Zeit ein gesteigertes Interesse an Tatsachenfernsehen – und wenn ja: Worauf führen Sie das zurück?
Gerade in Zeiten der Krise oder einschneidender Veränderungen haben die Menschen ein Bedürfnis nach möglichst zuverlässiger Information. Das ist messbar, ob zur akuten Pandemie, zum Klimawandel, zur Globalisierung oder schlicht zu der Frage, was die Gesellschaft zusammenhält – oder spaltet. Vieles ist oder scheint aus den Fugen geraten. Daher haben die Nachrichten und Contenttalkshows derzeit überproportional gute Quoten. Die Suche nach Erklärungen führt nicht nur in die Gegenwart, sondern auch in die Geschichte. Ich sehe besonders in den Formaten, die Aktualität und Vergangenheit spiegeln, Potenziale für ein großes Zuschauerinteresse und hohen Erkenntnisgewinn.
Gerade in Zeiten der Krise oder einschneidender Veränderungen haben die Menschen ein Bedürfnis nach möglichst zuverlässiger Information.
Peter Arens, Leiter der ZDF-Hauptredaktion Geschichten und Wissenschaft
Ob bei Netflix oder “Terra X”: In einer Welt, die als immer komplexer wahrgenommenen wird, sind verlässlich kuratierte Dokus auch gerade bei den Jüngeren ein wichtiger Wissenslieferant. Nachdem die Konkurrenz unter den großen Sendern so manche Dokusendeplätze aus der Primetime verdrängt hat, haben die Streaminganbieter, aber auch die digitalen, kleineren Sender dem Genre wieder mehr Aufmerksamkeit verschafft. Viele können ihr Repertoire nicht so schnell mit aufwendig produzierten Fictionserien beliefern und haben ihr Portfolio mit Dokumentationen erfolgreich bestückt. Das können dann auch sehr abseitige Themen sein, die in der Primetime eines Hauptprogramms keine Chance hätten. Der Docunomicseffekt hilft dann sowieso. Selbst eine Serie wie “Tiger King”, an der fünf Jahre gearbeitet wurde, ist im Verhältnis zu aufwendigen Fictionserien günstig zu produzieren, aber ähnlich erfolgreich. Wir informieren jeden Sonntag bei “Terra X” im Schnitt über vier Millionen Zuschauer und sind damit seit 1982 im Programm. Da können wir jenseits aller Trends tatsächlich von einem Longseller reden.
Sie haben Dokudramen über Helmut Kohl, Uli Hoeneß und Beate Zschäpe verantwortet. Welche Person der jüngeren Zeitgeschichte wäre für ein solches Projekt geeignet?
Wenn es das nicht schon gäbe, würde ich unsere Bundeskanzlerin als Kandidatin für ein Dokudrama sehen. Aber mit dem Film “Stunden der Entscheidung – Angela Merkel und die Flüchtlinge” haben wir zu ihrer Ära bereits im September 2019 einen solchen Programm-Akzent gesetzt. Im kommenden Jahr werden wir uns erst mal einer historischen Figur nicht der jüngeren Zeit, sondern einer früheren Epoche zuwenden: Otto von Bismarck, 150 Jahre nach der Reichsgründung 1871.
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“Kommunikative Lust und Kompetenz”: Harald Lesch, Professor am Institut für Astrophysik der Universität München, gehört zu den wichtigsten Wissenschaftsvermittlern des ZDF.
© Quelle: ZDF und Thorsten Eifler
Sie stehen auch für eine Personalisierung von Wissens- und Kulturfernsehen – Sie haben Präsentatoren wie Andreas Kieling, Harald Lesch, Katty Salié, Frank Schätzing oder Hape Kerkeling verpflichtet. Warum braucht es manchmal Promis, um Zuschauer zu überreden, sich mit einem etwas sperrigeren Thema zu beschäftigen?
Köpfe für Programme zu entwickeln lässt sich in zwei Richtungen denken: Zum einen benötigen anspruchsvolle Themen aus Geschichte und Wissenschaft einen tief im Inhaltlichen fußenden Presenter, der in der Lage ist, diese Themen verständlich zu vermitteln. Nur dann ist er glaubwürdig. Harald Lesch, Christopher Clark und Dirk Steffens sind solche Köpfe, deren kommunikative Lust und Kompetenz der Zuschauer spürt. Diese drei sind exklusiv verpflichtete Galionsfiguren des ZDF, und ich bin stolz auf sie. Zum anderen gibt es weitere kluge Zeitgenossen, bei denen es uns darum geht, originelle und zugleich schlüssige Protagonisten für einzelne “Terra X”-Reihen zu finden. So hatten wir den Autor für Wissenschaftsthriller, Frank Schätzing, für einen Zukunftsmehrteiler und einen Ozeanstoff – zum Glück kommen wir beim “Schwarm” für das ZDF wieder zusammen! – und den Pilgerreisenden Hape Kerkeling für eine ganz besondere Interpretation von Weltgeschichte.
Kerkeling ist ein Phänomen: Er wirkt einfach überall glaubwürdig.
Wie gerne hätte ich ihn mal wieder für “Terra X”! Die Professoren auf der einen Seite und die Lustwandler auf der anderen machen “Terra X” verlässlich und glaubwürdig – und gleichzeitig überraschend und nicht vorhersehbar. Das ist keine schlechte Kombination, wie wir finden. Die Promis, wie Sie sagen, sind nachweislich kein Mittel, um den Marktanteil dieser Wissenschaftsdokus zu erhöhen. Bei einer raffinierten Besetzung verstärken sie den Twist einer Formatidee und machen uns Machern eine große Freude, doch die Einschaltquote orientiert sich in der Regel allein am Thema. Dass die moderierten Programme seitens der Presse mehr Aufmerksamkeit erhalten, hat mich übrigens nie beeinflusst.
Welche Rolle wird Ihrer Einschätzung nach die Coronakrise bei den Dokudrama- und Mehrteilerprojekten der näheren Zukunft spielen?
Eine wirklich gute Frage. Ich schwanke je nach Tageseindruck hin und her zwischen “Die Welt wird nicht mehr sein wie zuvor, die Moral hat über die Ökonomie gesiegt” und “Es wird sich am Ende nichts ändern, der konsumierende Mensch ist, wie er ist”. Letztlich ringe ich mich zur Auffassung durch, dass die Corona-Pandemie eine historische Zäsur markiert, nicht nur als Krankheit, sondern auch politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich.
Die Corona-Pandemie markiert eine historische Zäsur, nicht nur als Krankheit, sondern auch politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich.
Peter Arens, Leiter der ZDF-Hauptredaktion Geschichte und Wissenschaft
Hinsichtlich der Verbreitung und Herkunft des Virus, der Reaktionen und Entscheidungen in den Zentralen der Macht, mit Blick auf die Bewältigung der Krise, aber auch bezüglich der Folgen sind noch viele Fragen offen. Vielleicht werden wir uns nach der Corona-Epidemie in Europa darauf einigen, dass wir endlich zu einer verantwortungsvollen Klima-, Energie- und Gerechtigkeitspolitik kommen wollen, mit einer fairen Verteilung von Ressourcen. Also, je nach Erkenntnislage sehe ich da eine Menge Stoff für diverse künftige Filmformate.
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Aufwendige Erklärfilme kostenlos zum Download: In einem der “Terra X”-Clips geht es zum Beispiel um das Rechtswesen im Antiken Rom.
© Quelle: ZDF und CC BY 4.0 / Susanne Utzt
Ganz persönlich: Was fasziniert Sie an der Geschichte? Und welche Epoche interessiert Sie als Historiker besonders?
Wir stehen auf einem Berg von Geschichte, ohne den wir Gegenwart und Zukunft nicht interpretieren können. Über den unfassbaren Terror der Nationalsozialisten sagte Primo Levi, und daran muss ich seit geraumer Zeit immer wieder denken: “Es ist passiert, also kann es wieder passieren. Das ist der Kern dessen, was wir zu sagen haben.” Aber ich will diese Frage nicht gedankenschwer beantworten. Gerne würde ich manchmal wie in der US-Science-Fiction-Serie “Time Tunnel” von 1966-1967, die ich als Kind atemlos verfolgt habe, als einer der beiden Wissenschaftler in einen Geschichtsstrudel fallen und im Mittelalter der höfischen Turniere Kaiser Barbarossas wieder aufwachen oder in der barocken Adelswelt des Sonnenkönigs Ludwigs XIV.
Wir stehen auf einem Berg von Geschichte, ohne den wir Gegenwart und Zukunft nicht interpretieren können.
Peter Arens, Leiter der ZDF-Hauptredaktion Geschichte und Wissenschaft
Wie genau haben vergangene Welten ausgesehen, wie haben sie gerochen und geschmeckt? Teleportation irgendwann hinzukriegen, also physische Zeitreisen, wäre bestimmt sehr reizvoll – natürlich nur so lange, wie man unbeschadet wieder in die Gegenwart zurückreisen dürfte. Die Welt um uns herum kann noch so digital und zukunftsversessen werden, mit Tausenden von elektronischen Verführungen und Aufmerksamkeitsräubern: Die Bilder- und Themenpracht, die Geschichte uns bietet, wird ihre Faszination auf uns nie verlieren. Und wichtige Erkenntnisse für uns liefert sie obendrein, wenn wir aufmerksam bleiben.
<b>Geschichte, Wissen und Kultur: Das ist Peter Arens</b>
Peter Arens, geboren 1961 in Gerolstein, leitet im ZDF die Hauptredaktion Geschichte und Wissenschaft und ist unter anderem für die Sendungsformate “Terra X”, “ZDF History”, “Leschs Kosmos”, “Terra Xpress”, “Precht”, “37°” und die Zeitgeschichtsdokumentationen am Dienstag um 20.15 Uhr verantwortlich. Zu seiner Redaktion gehören auch die 3sat-Sendungen “nano”, die “3sat-Wissenschaftsdokumentation” und “Scobel”. Von 2006 bis 2017 leitete er das Kulturressort im ZDF und war verantwortlich für das Kulturmagazin “aspekte”. Seit 2007 leitet er den Studiengang Fernsehjournalismus an der Filmakademie Baden-Württemberg.
RND