„Tatort: Abbruchkante“

Mord im Braunkohlerevier: entwurzelt und verlassen

Freddy Schenk (Dietmar Bär) befragt Martina Baumann (Daniela Wutte), die als einer von wenigen Menschen in Alt-Bützenich geblieben ist.

Freddy Schenk (Dietmar Bär) befragt Martina Baumann (Daniela Wutte), die als einer von wenigen Menschen in Alt-Bützenich geblieben ist.

Der Tatort ist ausnahmsweise nicht Köln. Denn in der Folge „Abbruchkante“ von den Autoren Eva und Volker A. Zahn und Regisseur C. Fischer geht es mit einem schmucken, aber uralten Ford ins Rheinische Braunkohlerevier. Das ist zwar klimapolitisch nicht korrekt, aber Freddy Schenk (Dietmar Bär) liebt Oldtimer, auch wenn sie weder Nackenstützen noch Sicherheitsgurte haben. Und was hinten rauskommt, ist auch nicht gerade umweltfreundlich. Der Tatort, zu dem Schenk und sein Kollege Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) aufbrechen, ist Bützenich, ein altes Dorf direkt an der Abbruchkante.

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Die meisten Bewohnerinnen und Bewohner sind schon vor Jahren gezwungenermaßen weggezogen und leben nun in Neu-Bützenich, einer ziemlich sterilen Neubausiedlung ganz in der Nähe des ursprünglichen Dorfes, das eigentlich wegen des Braunkohleabbaus abgerissen werden sollte. Und nun wird genau dort, in einem verlassenen Haus, der Mediziner Dr. Christian Franzen (Leopold von Verschuer) erschossen aufgefunden. Doch was wollte er dort, wo er doch in Neu-Bützenich in einer schicken Villa wohnt?

Wie sich bei den routiniert ablaufenden Ermittlungen schnell herausstellt, gehört Franzen auch das alte, abbruchreife Haus – und noch ein paar andere dort, die er aus Spekulationsgründen erworben hat. Und er hatte den richtigen Riecher, denn inzwischen steht fest, dass Bützenich doch nicht dem Braunkohleabbau weichen muss. Jedenfalls rief ihn in der Tatnacht der patrouillierende Werkschutz an, weil offenbar in sein altes Haus eingebrochen worden war. Er fuhr sofort hin, was ihm schließlich zum Verhängnis wurde.

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Gestrandet an der Abbruchkante

Einer, der Bützenich nicht verlassen hat, ist Konrad Baumann (Jörn Hentschel). Er war in der Tatnacht wegen einer Handverletzung in der Praxis Franzen und wurde, da der Arzt nicht erreichbar war, von dessen Frau Betje (Lou Strenger) ins Krankenhaus gefahren. Das ist sehr praktisch, denn nun haben beide ein Alibi. Betje ist nach dem Tod ihres Mannes eine wohlhabende Frau, aber mit der Situation völlig überfordert. Sie trinkt, nimmt Beruhigungstabletten und vernachlässigt ihre kleine Tochter. Schenk ist kurz davor, das Jugendamt zu informieren. Weitere Verdächtige sind der ehemalige Ortsvorsteher Peter Schnitzler (Peter Franke), dessen Frau unter tragischen Umständen ums Leben gekommen ist, und sein Enkel Yannik (Leonard Kunz), der beim Werkschutz arbeitet und um seine geliebte Oma trauert.

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Der Kreis der Verdächtigen ist also überschaubar, doch zunächst haben Schenk und Ballauf ganz andere Sorgen. Sie sind wirklich „lost in Bützenich“. Denn als sie am Abend zurück nach Köln fahren wollen, ist die Lichtmaschine ihres alten Fords defekt. So müssen sie in dieser tristen Umgebung übernachten und kommen nach langem Bitten schließlich in der seit fünf Jahren geschlossenen Pension von Karin Bongartz (sehr stark: Barbara Nüsse) unter. Entsprechend schlecht ist die Stimmung zwischen den beiden Kommissaren. Als Ballauf dann auch noch seine Ab-und-zu-Freundin Lydia (Juliane Köhler) bei einem Videogespräch in einer unglücklich zweideutigen Situation erwischt, ist die Stimmung endgültig im Keller.

„Tatort“ als Studie entwurzelter Menschen

So vermischt sich in diesem „Tatort“ oft Privates mit den Ermittlungen. Und diese Mischung ist in der Tat sehr unterhaltsam. Auf den ersten Blick erzählt der Film zwar einen klassischen Whodunit-Fall, auch die Art der Auflösung am Ende ist entsprechend, aber vor allem wird hier eine atmosphärisch wunderbar inszenierte Milieustudie geliefert. Eine Studie entwurzelter Menschen in einer unwirtlichen Situation.

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Dies unterstreichen auch die authentisch wirkenden, bedrückenden Bilder des verlassenen Dorfes und seiner verwaisten Umgebung. So entwurzelt und verlassen fühlt sich halt auch Ballauf, während sich sein bodenständiger Kollege Schenk auf seine Familie und vor allem auf den heimischen Sauerbraten freut. Doch zum Glück ist Ballauf noch nicht verloren, wie die Schlussszene zeigt. Und wie man wohl in der kommenden Folge sehen wird.

„Tatort: Abbruchkante“, ARD, Sonntag, 20.15 Uhr, mit Dietmar Bär, Klaus J. Behrendt und Barbara Nüsse


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