„Tagesschau“-Sprecherin Judith Rakers: „Ich überlege immer privat, ob eine Flugreise sein muss“

Für eine „Wunderschön“-Reisereportage: Judith Rakers an der Traun, einem beliebten Tauch- und Schnorchelgebiet am Traunfall-Wasserfall.

Für eine „Wunderschön“-Reisereportage: Judith Rakers an der Traun, einem beliebten Tauch- und Schnorchelgebiet am Traunfall-Wasserfall.

„Tagesschau“-Sprecherin Judith Rakers, die bereits jahrelang die NDR-Reportagenreihe „Inselgeschichten“ moderiert hat, ist jetzt auch als feste Moderatorin der WDR-Urlaubssendung „Wunderschön!“ zu sehen. Am Sonntag (20. August) um 20.15 Uhr geht es los mit „Wunderschön! Donaureise – Von Passau nach Wien“. Berichte über Natur, Kultur und Kulinarik aus Nordspanien und vom Lago Maggiore (Italien) sowie – 2022 zu sehen – aus der Lüneburger Heide und Cornwall (Großbritannien) folgen. Im Interview mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) spricht Rakers über ihr eigenes Reiseverhalten, das Altern als Frau im Fernsehen und verrät, warum für sie ein Wechsel zu einem Privatsender zurzeit nicht in Frage kommt.

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Sie sind jetzt in fünf Folgen des WDR-Reisemagazins „Wunderschön“ zu sehen. Ist die Pandemie die richtige Zeit für Reisereportagen?

Da wir Ziele in Deutschland oder Europa vorstellen, ist es genau die richtige Zeit für Reisereportagen, weil viele, die sonst nach Übersee geflogen sind und lange Flugreisen gemacht haben, sich jetzt fragen, was sie stattdessen tun können. Die Menschen sind froh, wenn sie jetzt irgendwohin können, um mal einen Tapetenwechsel zu erleben, nach dem ganzen Wahnsinn der letzten Monate. Da ist es schön, wenn man sich über Reportagen einen ersten Eindruck machen kann.

Haben sich die Reportagen also dahingehend verändert, dass jetzt näherliegende Reiseziele vorgestellt werden?

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In der Pandemiezeit gilt für uns als Team das gleiche wie für Touristen. Deswegen machen wir keine Reportagen in Risikogebieten und versuchen auch nicht, eine Ausnahmegenehmigung zu bekommen. Wir hatten zum Beispiel geplant, eine Reise nach Portugal zu machen. Das sollte losgehen kurz nachdem Portugal überraschend zum Hochrisikogebiet wurde. Dann war für uns klar, dass wir dort nicht drehen. Wir mussten innerhalb von vier Tagen auf Nordspanien wechseln, was eine riesige Herausforderung war. Da braucht man viel Flexibilität. Aber man kann ja jetzt nicht die Arbeit einstellen, das machen die anderen in ihren Berufen ja auch nicht. Jeder versucht das Beste aus der Situation zu machen und mit den ganzen Einschränkungen irgendwie umzugehen, und das gilt auch für uns.

Wie sehr müssen Reiseformate mit der Zeit gehen und sich, etwa mit Blick auf den Klimawandel, verändern?

Ich glaube, es ist einfach eine gute Idee, vermehrt Ziele vorzustellen, die man auch per Zug und damit klimafreundlicher erreichen kann. Wir stellen mit dem „Wunderschön“-Team jetzt zum Beispiel eine Wander- und Radreise an der Donau entlang vor. Ich überlege auch privat immer, ob eine Flugreise sein muss oder ich nicht vielleicht darauf verzichten und ein Ziel in der Nähe wählen kann. Mein privates Lieblingsreiseziel ist Rügen. Seit zehn Jahren war ich immer da, wenn ich konnte, und habe dort Urlaub mit dem Pferd gemacht. Ich bin eine Naturliebhaberin, aber es gibt natürlich auch Leute, die gern am Wochenende nach St. Tropez jetten. Das ist nicht meine Welt.

Also sollte sich das Format Reisereportage da auch anpassen?

Es geht gar nicht so sehr um das Format Reisereportage, sondern eher um das eigene Reiseverhalten. Dass man sich fragt: Wenn ich eigentlich nur Strand und ein Hotel möchte, muss es dann eine lange Flugreise sein? Wäre nicht vielleicht auch der Besuch einer Nordseeinsel eine gute Idee? Oder ein schönes Ziel in Europa? Ich würde aber nicht so weit gehen und sagen, dass man gar keine Fernreisen mehr machen sollte. Ich glaube, es ist auch wichtig für unsere Gesellschaft, dass wir andere Kulturen kennenlernen und dass wir wissen, wie andere Menschen leben, wie die Natur anderswo aussieht. Ich glaube auch, je mehr Beziehungen man zur Natur hat, umso höher ist die Motivation, diese Natur zu schützen. Wir haben aber nicht nur den Klimaschutz als große Herausforderung, sondern müssen auch sehen, wie unser Zusammenleben funktioniert mit verschiedenen Nationalitäten und Kulturen. Ich glaube, dass es gut ist, Fremdheit durch Reportagen, Bücher und eigenes Erleben in Kenntnis zu verwandeln. Dann empfindet man auch weniger Scheu vor fremden Kulturen. Wir sind keine Insel und sollten für den Klimaschutz auch keine Insel aus uns machen. Vielleicht helfen da auch Reportagen, vielleicht muss man nicht selbst nach Neuseeland.

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Sie sind für „Wunderschön“ unter anderem mit Schiff, Fahrrad und zu Fuß entlang der Donau von Passau bis Wien gereist und waren in Galicien. Drei weitere Reisen sollen folgen...

Ja, wir wollten eigentlich schon im Mai los, aber es war wegen Corona nicht möglich. Die Reisen wurden immer weiter nach hinten geschoben. Jetzt ballt sich alles im Spätsommer und Herbst, was für mich eine große Herausforderung ist, weil ich dann auch wochenlang nicht in der „Tagesschau“ bin.

Wo Sie das mit der „Tagesschau“ ansprechen: Waren Sie vor Ihrem Engagement für „Wunderschön“ noch nicht ausgelastet durch „Tagesschau“ und Co?

Ich bin freie Mitarbeiterin bei der „Tagesschau“, kann mir das also selbst einteilen. Ich könnte auch 100 Prozent meiner Zeit in die „Tagesschau“ stecken, aber ich habe da von Anfang an ein anderes Konzept gefahren. Anfangs habe ich parallel zur Tagesschau noch das „Hamburg Journal“ moderiert, dann kam die Talkshow „3 nach 9“ im NDR Fernsehen dazu, bei der ich seit mittlerweile zehn Jahren Interviews und Gespräche führe, und vor etwa sechs Jahren habe ich außerdem angefangen mit den Reportagen, weil ich einfach vielseitig aufgestellt sein will. Ich möchte mich nicht abhängig machen von einem Auftraggeber und einem Format. Ich bin außerdem Journalistin geworden, weil ich neugierig auf Menschen bin. Wenn ich im „Tagesschau“-Studio stehe, bin ich Teil der wichtigsten Nachrichtensendung Deutschlands, das ist toll, aber es würde mir fehlen, mit Menschen ins Gespräch zu kommen auf einer intensiveren Ebene als in einem dreiminütigen Schaltgespräch. Das kann ich in der Talkshow tun und bei den Reportagen – wobei in den Reportagen auch noch das Eintauchen in andere Lebenswelten hinzukommt. Mal raus aus dem Studio und rein ins Leben. Ich halte das für sehr gesund – menschlich und professionell gesehen.

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Es sind gerade bei der „Tagesschau“ und den „Tagesthemen“ mehrere Kolleginnen bzw. Kollegen zu Privatsendern gewechselt. Wollen Sie der „Tagesschau“ noch eine Weile treu bleiben?

Ich habe vor, noch lange bei der „Tagesschau“ zu bleiben. Ich fühle mich sehr wohl in der Aufstellung, die ich jetzt habe. Solange man mir die Möglichkeit gibt, mich zu verwirklichen, bin ich zufrieden. Ich habe keine Wechselinteressen.

Bei „Wunderschön“ sind Sie als Moderatorin neu dazugekommen, Stefan Pinnow musste die Sendung letztes Jahr verlassen. Es gab Gerüchte, dass es aufgrund seines Alters gewesen sein könnte. Wie sehen Sie das mit älteren TV-Moderatorinnen und –Moderatoren im TV? Haben Sie Angst, etwa in zehn Jahren keine guten Angebote mehr zu bekommen?

Das Alter ist ein großes Thema in der Fernsehlandschaft, gerade bei Frauen. Männer haben es immer noch einfacher, on air alt zu werden. In der Unterhaltung ist es besonders schwierig. Ich habe mit den Nachrichten einen Bereich gefunden, in dem man auch als Frau alt werden darf. Deswegen bin ich froh, dass ich so aufgestellt bin. Man muss als freie Mitarbeiterin gucken, wo man bleibt. Wenn man blauäugig glaubt, dass die Chancen, die man mit 30 hat, auch noch mit 60 da sind, ist das schwierig. Natürlich mache ich mir als Frau im Fernsehgewerbe darüber Gedanken, was in 20 Jahren ist.

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