Gutachten der Lokalverleger hält Pressesubventionen für zulässig
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Die Debatte um die Einführung einer finanziellen Presseförderung nimmt neue Fahrt auf (Symbolfoto).
© Quelle: picture alliance / dpa
Berlin. Es verstößt nicht gegen Grundgesetz und EU‑Recht, wenn der Staat die morgendliche Zustellung von Tageszeitungen „für eine Übergangsphase“ subventioniert. Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten des Verbands Deutscher Lokalzeitungen (VdL), das Johannes Weberling, ein auf Medienrecht spezialisierter Anwalt, verfasst hat.
Die Debatte um die Einführung einer finanziellen Presseförderung nimmt neue Fahrt auf. Anlass ist die Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro zum 1. Oktober, die auch für Zeitungszusteller gilt. Anders als bei der Einführung des Mindestlohns 2015 gab es diesmal keinen Aufschub für die Zeitungsverleger. Dies gefährde jedoch die Zeitungsversorgung vor allem im ländlichen Raum, so die Verleger, dort sei die morgendliche Zustellung von Zeitungen nicht mehr wirtschaftlich möglich.
Im Koalitionsvertrag der Ampelkoalition heißt es dazu: „Wir wollen die flächendeckende Versorgung mit periodischen Presseerzeugnissen gewährleisten und prüfen, welche Fördermöglichkeiten dazu geeignet sind.“
Wirtschaftsministerium prüft Fördermöglichkeiten
Kanzler Olaf Scholz (SPD) sagte den Verlegern Anfang Juni bei einer VdL-Tagung: „Wir werden uns dafür einsetzen, den Lokaljournalismus und besonders die Lokalzeitungen zu schützen und die Rahmenbedingungen Ihrer Arbeit zu verbessern.“ Das Bundeswirtschaftsministerium prüfe „aktuell“, welche Fördermöglichkeiten dazu geeignet sind.
Tatsächlich hat das Ministerium von Robert Habeck (Grüne) bereits Ende 2021 ein Gutachten der von seinem Haus getragenen gemeinnützigen WIK Consult GmbH bestellt. Wann es vorliegt, konnte das Ministerium aber nicht sagen. Allerdings wird wohl am 27. September im Ministerium ein Branchendialog zum Thema Presseförderung stattfinden.
Im Regierungsentwurf für den Haushalt 2023 sind bislang noch keine Pressesubventionen vorgesehen, doch die Verleger wollen das in den kommenden Wochen noch ändern, nicht zuletzt in Gesprächen mit den Abgeordneten des Haushaltsausschusses.
Zur Begleitmusik gehört da natürlich auch das Gutachten von Johannes Weberling. Ohne unabhängige Medien sei die Demokratie gefährdet. Zuschüsse für Tageszeitungen seien daher verfassungsrechtlich zulässig, heißt es dort, solange damit keine „inhaltslenkende Wirkung“ verbunden ist. Auch beim EU‑Beihilferecht sei entscheidend, dass Subventionen „diskriminierungsfrei“, also „nicht nach Meinungsinhalten differenziert“, erfolgen.
Reine Digitalmedien kritisieren Förderung gedruckter Zeitungen
Worauf Weberling jedoch nicht direkt eingeht, sind die Vorwürfe von reinen Digitalmedien wie „T-Online“ oder „Krautreporter“. Sie kritisieren, dass die gezielte Förderung gedruckter Zeitungen sie nicht nur ausschließe, sondern sogar gezielt ihre Konkurrenz aufpäppele.
An derartiger Kritik war ein erster Anlauf für Pressesubventionen 2021 gescheitert. Der Bundestag hatte bereits 220 Millionen Euro zur Verfügung gestellt und der damalige Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) ein Konzept zur Förderung der Digitalisierung von Printmedien vorgelegt, da zog die Bundespolitik im April 2021 die Reißleine, auch aus Angst vor langwierigen Gerichtsverfahren.
Weberling betonte nun lediglich den Übergangscharakter von Pressesubventionen. Für die Dauer nannte er aber unterschiedliche Kriterien. An einer Stelle wird ein Ende bereits 2025 und 2026 angedeutet, wenn flächendeckend Glasfaseranschlüsse und der neueste Mobilfunkstandard zur Verfügung stehen sollen. An anderer Stelle heißt es, die Förderung der morgendlichen Zustellung von Tageszeitungen solle so lange aufrechterhalten bleiben bis „gleichwertige regionale und lokale journalistisch-redaktionell gestaltete Digitalangebote flächendeckend zur Verfügung stehen“.
Doch würde ein flächendeckendes digitales Angebot wirklich genügen, wenn es viele Leser und Leserinnen einfach nicht wollen? Immerhin hat Weberling auch festgestellt: „Ein erheblicher Teil der Zeitungleser ist nicht bereit, ein elektronisches Angebot als Ersatz für die gedruckte Zeitung zu akzeptieren.“