„Red Notice“: Die teuerste Netflix-Sause um Kleopatras Schatz
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Noch nicht ziemlich beste Freunde: Die Widersacher Nolan Booth (Ryan Reynolds, rechts) und John Hartley (Dwayne Johnson) beim Ausbruchsversuch aus einem russischen Spezialgefängnis. Szene aus dem Netflix-Film „Red Notice“.
© Quelle: picture alliance / ZUMAPRESS.com
Kamele vor einer Pyramide – immer ein malerisches Bild. Damit startet „Red Notice“, eine Produktion aus dem Hause Netflix, in der verschiedene Parteien auf die Jagd nach einem ägyptischen Artefakt gehen. Es geht um – da muss man ein wenig schmunzeln – „Kleopatras drittes Ei“. Der römische Feldherr Marcus Antonius, Geliebter der Königin vom Nil, habe seinem Schatzi drei juwelenbesetzte ovale Kunstwerke geschenkt, eines schöner als das andere, dieses Gerücht streut der Film. 1907 habe man zwei davon aus dem Sand gebuddelt, so wird im Vorspann vermeldet, der Verbleib des dritten ist offen.
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Regisseur Rawson Marshall Thurber hat mit „Red Notice“ den bislang teuersten Netflix-Film gedreht – mit diesem Pfund wird gewuchert. Mit turbulenten Stoffen kennt Thurber sich aus, davon zeugt seine Komödie „Wir sind die Millers“ (2013) ebenso wie sein Katastrophenfilm „Skyscraper“ (2018). In Letztgenanntem hat er zum wiederholten Mal mit Dwayne Johnson zusammengearbeitet, der jetzt auch das Zugpferd seiner 200-Millionen-Dollar-Eiersuche ist. Die eine Woche nach ihrem Kinostart auch im Streamingdienst stattfindet.
Das kriminelle Interesse des renommierten Kunsträubers Nolan Booth (Ryan Reynolds) ist darauf ausgerichtet, die bekannteste der ptolemäischen Kostbarkeiten aus der Engelsburg in Rom zu entwenden. Diesen anonymen Hinweis bekommt der FBI-Profiler John Hartley (Johnson), der sich Nolan greifen will, bevor der zugegriffen hat. „Keine amerikanische Cowboynummer“ bittet sich die Interpol-Inspektorin Urvashi Das (Ritu Arya) aus. „Ich habe mein Lasso im Hotel gelassen“, erwidert Hartley. Doch was da auf seinem Ausstellungspodest im Castel Angelo gülden glänzt, ist nur noch eine Kopie. Der Eierdieb begibt sich Richtung Ausgang. Und dann steigt eben doch eine ganz gewaltige, exquisit choreografierte (italo)amerikanischee Cowboynummer, bei der sich Nichtcowboys sämtliche Knochen gebrochen hätten.
Hartley wird vom Jäger zum Verdächtigen
Mit einem Porsche verfolgt Hartley den in 18 Ländern gesuchten Klaufix, der entkommt – auf einem Mofa. Auf Bali erst gelingt Das und Hartley samt Spezialkommando die Festnahme, allerdings ist der Schatz ganz schnell wieder perdu, und als gleichzeitig ein stattlicher Betrag auf Hartleys Konto eingeht, landet dieser ganz oben auf der Verdächtigenliste der Interpolerin. Der FBI-Coolio wird verhaftet, kommt in ein russisches Spezialgefängnis, bricht aus, wird per „Red Notice“ gejagt, Interpols weltweitem Ersuchen um Festnahme einer per Haftbefehl gesuchten, besonders gewahrsamsbedürftigen Person.
In der Folge müssen Nolan und Hartley widerwillig zusammenzuarbeiten, um den im Hintergrund agierenden Meisterdieb, der als „The Bishop (der Läufer)“ bekannt ist, zu stellen und jeweils den guten Ruf der eigenen Person wiederherzustellen. Ja, Gal „Wonder Woman“ Gadot ist noch unter den auf dem Plakat genannten Hauptdarstellern, was die Frage beantwortet, wer sich da gänzlich unbischöflich an antikem Kunsthandwerk bereichert. Rund um die Welt geht die fröhliche Hatz – wobei die Welt coronabedingt in Atlanta nachgebaut werden musste.
Ein Buddy-Movie an der Grenze zur Bromanze
„Liegst du lieber oben oder unten?“, fragt der quasselfreudige Nolan Hartley in der gemeinsamen russischen Gefängniszelle. Es ist Reynolds, der von Thurber die Sprüche bekommt, während Johnson mit tiefer Brummstimme seine gewohnt charmante Papa-Bär-Masche abzieht, wann immer ihm einer der schnittigen Einzeiler seines Widersacherkumpels um die Ohren fliegt. Die katzenhafte „Bischöfin“ swingt mit ironisch-elegantem Witz, sinnlicher Ausstrahlung und grandioser Kampfkunst durch den Film und macht trickreich ihre Schachzüge. Ein Buddy-Movie an der Grenze zur Bromanze – bald schon ist man Kleopatras zweitem Ei nahe (ein Waffenhändler hat es in seinem Besitz). Und natürlich – aller guten Dinge sind drei – gerät auch das fehlende ovale Dingsbums in Reichweite.
Temperamentvoll, wenn schon nicht sonderlich originell, ist der überaus vergnügliche Film, bezieht sich auf allerlei Vorläufer, erinnert mit seinem atemlosen Witz aber vor allem an Steven Spielbergs und George Lucas’ „Indiana Jones“-Streifen. Und mit einer gewissen Selbstironie lässt Thurber Nolan Booth auch in einen Dschungelbunker mit Nazi-Beute gelangen. Und dabei pfeift der Held doch glatt die Melodie aus „Jäger des verlorenen Schatzes“, dem Film, in dem Hitlers Schergen bekanntermaßen vergeblich versucht hatten, sich die Bundeslade mit den Zehn Geboten zu krallen. Eine ganz große Nummer war das.
Was ist gegen ein solch mythisches Gefäß und Gottes lebendiges Wort schon der Fabergé-Vorläufer aus dem späten Pharaonenreich? Die Verfolgungsjagd im gepanzerten Nazi-Mercedes durch eine Mine ist dann freilich fast so gelungen wie die Sause in der Lore in „Indiana Jones und der Tempel des Todes“. Fortsetzung folgt. Wetten?
„Red Notice“, 117 Minuten, Regie: Rawson Marshall Thurber, mit Dwayne Johnson, Ryan Reynolds, Gal Gadot (ab 12. November bei Netflix)