Neue Serie „Doppelhaushälfte“ mit Milan Peschel: „Ich glaube nicht, dass es politische Kunst gibt“

Neue Serie: Milan Peschel spielt in „Doppelhaushälfte“.

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Herr Peschel: Schatzi, Hasi, Mausi oder Baby. Ist da ein Kosename für Sie dabei?

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Ich liebe diese Namen. Die habe ich bestimmt alle schon mal zu hören bekommen. Ich sage Ihnen aber nicht, von wem.

Sind Sie ein Freund von Kosenamen?

Ja, klar. Warum denn nicht?

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„Schatzi, Hasi, Mausi, Baby“ heißt das Titellied Ihrer neuen Comedyserie „Doppelhaushälfte“. Das Lied klingt erst einmal wie direkt aus dem Schützenfestzelt übertragen. Beginnt mit diesem Titelsong schon ein Spiel mit Klischees?

Sicherlich ist es so, dass man in der Serie auf bestimmte Fährten geführt wird, bei denen man auf sich selbst und die eigenen Vorurteile zurückgeworfen wird. Es geht dabei letztlich um die Möglichkeiten, aber auch die Schwierigkeiten von Verständigung. Die Figuren sind alle korrekt und unkorrekt zugleich. Und sie lernen in jeder Folge etwas dazu. Das gefällt mir sehr gut an der Serie.

„Wir machen ständig immer irgendwas richtig und gleichzeitig irgendwas falsch“

Was heißt das konkret?

Es gibt bei den einzelnen Figuren keine klaren Zuschreibungen, also nicht: Das sind die Opfer, das sind die Täter, das sind die Guten, das die Bösen, das sind die, die alles richtig, und das die, die alles falsch machen. Wir machen ständig immer irgendwas richtig und gleichzeitig irgendwas falsch.

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Die Anordnung ist wie in einem Kammerspiel. Auf kleinstem Raum werden die deutsche Gesellschaft und ihre aktuellen Debatten abgebildet. Menschen unterschiedlicher Herkunft, mit unterschiedlichen Berufen, stadt- und landsozialisiert, weltläufig und bodenständig treffen aufeinander. Was wird dabei sichtbar?

Für mich steht die Verständigung der Figuren im Vordergrund, letztendlich kommen sie bei allen Unterschieden und Problemen, die auftauchen, immer wieder zu einem Miteinander. Wir bieten da sozusagen eine Utopie an. In der Realität erleben wir gerade, dass sich Grenzen verhärten, dass Gräben vertieft werden. Wir aber bieten in dieser Serie etwas anderes an und schaffen einen Gegenentwurf. Das ist das Beste, was Kunst und künstlerische Arbeit leisten können: etwas anzubieten, was in die Zukunft weist.

Zwei Familien bewerben sich um eine Doppelhaushälfte. Andi Knuppe (Milan Peschel, r.) lädt zur Hausbesichtigung.

Zwei Familien bewerben sich um eine Doppelhaushälfte. Andi Knuppe (Milan Peschel, r.) lädt zur Hausbesichtigung.

Es gibt in „Doppelhaushälfte“ keinen Erzähler, keine moralische Instanz, die sagt „Ihr macht das richtig, ihr hingegen macht das falsch“, sondern die Figuren müssen immer wieder in der Debatte zueinanderfinden.

Genau das ist das Schöne daran. Sehr gelungen an der Serie finde ich aber auch, dass wir in jeder Folge neu ansetzen. Wir folgen keiner linearen Erzählung, sondern fangen immer wieder bei null an. Das erleichtert, die Botschaft mitzunehmen, die in der Serie steckt, weil sie eben auf eine sehr leichte und komische Art und Weise erzählt wird.

„Humor ist ein gutes Mittel im Leben“

Ist Humor ein gutes Mittel, um eine ernste Botschaft zu transportieren?

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Absolut! Ich glaube, Humor ist überhaupt ein gutes Mittel im Leben.

Warum?

Weil Humor die Schwere herausnimmt. Humor macht vieles leichter und Dinge weicher. Humor kann Brücken bauen. In meinen Augen ist es elementar, dass man selbst bei den schlimmsten Tragödien auch mal lachen kann. Als wir vor zehn Jahren „Halt auf freier Strecke“ gedreht haben, fanden wir es sehr wichtig, dass es Momente gibt, in denen die Zuschauer auch mal lachen oder wenigstens schmunzeln können. Auf jeden Fall sollte man in einem Film, in einer Serie das Angebot machen. Ob es die Zuschauer dann annehmen, ist ja ihre Sache.

Wenn Humor auch als Transportmittel für ernste Themen fungiert, besteht dann die Gefahr, dass diese ernsten Themen vielleicht nicht mehr erkennbar sind?

Ja, sicherlich besteht die Gefahr. Aber ich kann nicht alles kontrollieren, ich kann nur versuchen, meine Rollen gut zu spielen. Wenn ich alles kontrollieren will, muss ich selbst einen Film schreiben und den auch inszenieren. Man kann in meinem Beruf nicht alles vermeiden. Aber das ist auch nicht schlimm.

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„Schauspieler können die Verhältnisse nicht verändern“

Gibt es so etwas wie politische Kunst, ist „Doppelhaushälfte“ schon politische Kunst?

Ich glaube nicht, dass es politische Kunst gibt. Man kann nur – frei nach Heiner Müller – politisch Kunst machen. Was nützt es mir, wenn ich einen Film über die Menschenrechte drehe, mich dabei aber wie ein Unmensch verhalte?

Können Schauspielerinnen und Schauspieler die Verhältnisse verändern?

Nein, das glaube ich nicht. Aber ich kann versuchen, einem Menschen, dem ich am Filmset oder im Theater begegne, mit Aufmerksamkeit, mit Aufgeschlossenheit, Freundlichkeit und Respekt gegenüberzutreten. Auch wenn das selbstverständlich sein sollte. Aber ist es oft leider nicht.

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Sie haben lange Zeit Theater an der Volksbühne in Berlin gespielt, aber nach dem Ende der Intendanz von Frank Castorf auch Kritik an der Volksbühne geäußert. Jetzt kehren Sie unter René Pollesch zurück. Warum?

Da sind jetzt wieder die Leute, mit denen ich gern arbeiten möchte. Lange Zeit waren diese Kolleginnen und Kollegen an anderen Häusern tätig. Deswegen habe ich mit René Pollesch am Deutschen Theater gearbeitet. Das hing weniger mit der Volksbühne als Ort zusammen als mit den Leuten, die dort sind. Ich gehe immer dorthin, wo die Regisseure und die Kollegen sind, mit denen ich Theater machen möchte. Das ist jetzt wieder die Volksbühne, und das freut mich sehr.

Milan Peschel spielt wieder an der Volksbühne

Was spielen Sie?

René Pollesch wird ein Stück schreiben, und ich werde darin spielen. Wie das Stück heißt, weiß ich noch nicht.

Was schätzen Sie an Pollesch?

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Er begreift Theater als Miteinander, und das liebe ich sehr.

Sie spielen in Filmen oft sozial ausgegrenzte Menschen. Ist es bei Pollesch auch die Gesellschaftskritik, die Sie reizt?

Ja klar, natürlich. Und ich genieße es als Schauspieler sehr, seine Stücke zu spielen. Das ist eine unglaubliche Freiheit und ein tolles, rauschhaftes Erlebnis. Wenn man dann noch mit so wunderbaren Kollegen wie Martin Wuttke auf der Bühne steht, ist das großartig.

Milan Peschel hätte gern einmal mit Woody Allen gearbeitet

Wenn Sie die Wahl hätten, mit welchem Schauspieler oder welcher Schauspielerin – egal ob tot oder lebendig – würden Sie gern zusammen spielen?

Ich bin ein großer Realist und halte nichts von Was-wäre-wenn-Fragen. Natürlich hätte ich gern mal mit Woody Allen gearbeitet, weil ich seine Filme sehr mag. Aber Wünsche, die man hat, werden nicht immer erfüllt. Viel wichtiger für mich ist, so zu arbeiten, dass Leute mich gern wieder treffen möchten. Natürlich vermisse ich meine Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich die großen Abende an der Berliner Volksbühne gespielt habe. Einen Bernhard Schütz oder eine Jeanette Spassova oder einen Henry Hübchen. Na klar! Aber zu vermissen ist ja nicht unbedingt etwas Schlechtes. Das zeigt ja, dass man lebendig ist und dass ein Herz schlägt.

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Unerfüllte Wünsche müssen ja nichts Schlechtes sein. Vielleicht krankt unsere Zeit auch ein wenig daran, dass immer alles gleich erfüllbar, lieferbar, umsetzbar sein muss.

Das ist absolut richtig. Ich habe in meiner Kindheit und Jugend in der DDR gelernt: Wenn das eine nicht möglich ist, dann sind eben andere Sachen möglich. Oder man erfindet sich etwas, und dann schafft man sich seine Möglichkeiten und Alternativen selbst. Diese Alternativen sind dann vielleicht sogar spannender und interessanter.

„Doppelhaushälfte“ läuft auf ZDF neo

Das geht ja gut los: Andi Knuppe (Milan Peschel) nimmt die potenziellen neuen Nachbarn zum Besichtigungstermin in Empfang. Theo Kröger (Benito Bause) und Mari Sawadi (Maryam Zaree) wollen das Haus im Berliner Umland. Ist Knuppe ein Rassist? Seine Sprüche deuten darauf hin. Doch er ist verheiratet mit Tracy Knuppe (Minh-Khai Phan-Thi) – dann kann er doch kein Rassist sein. Die Serie „Doppelhaushälfte“ spielt nicht nur in dieser Anfangsszene mit Vorurteilen. Zu sehen ab 15. März ab 21.45 Uhr bei ZDF neo und in der ZDF-Mediathek schon ab 8. März. In Folge vier „Brian“ ist an der Wand der Küche ein Originalbild von Milan Peschel zu sehen.

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