RND-Interview mit der Schauspielerin

Katharina Wackernagel: „Wir machen uns über niemanden lustig“

Die Schauspielerin Katharina Wackernagel.

Die Schauspielerin Katharina Wackernagel.

Katharina Wackernagel, geboren 1978 in Freiburg, aufgewachsen in Kassel, zur Schauspielerin geworden in Berlin, ist das Kind einer hochpolitischen Theatersippe mit Verwandtschaftsbeziehungen ins RAF-Milieu. Nach acht Folgen „Hinter Gittern“ Ende der Neunzigerjahre gelingt ihr 2003 mit „Das Wunder von Lengede“ ihr Durchbruch. Auch danach wird sie oft für historische Mehrteiler wie „Contergan“ oder „Aenne Burda“ besetzt. 2018 feiert sie mit „Wenn Fliegen träumen“ ihr Regiedebüt. Nach 39 Folgen und einem Fernsehfilm übernimmt Wackernagel jetzt in der Serie „Mord mit Aussicht“ die Polizeidienststelle im idyllischen Eifeldorf Hengasch mit seinen schrulligen Bewohnern (8. März/ARD).

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Frau Wackernagel, Sie sind in Freiburg geboren, in Kassel aufgewachsen, in Berlin groß geworden. Empfinden Sie die Steigerung der Einwohnerzahlen als Upgrades?

Upgrade vielleicht nicht. Aber ich genieße das Leben in der Großstadt. In Freiburg bin ich geboren, habe aber wenig Erinnerungen an die Stadt, wir sind schon früh nach Kassel umgezogen, ich war dort sogar noch im Kindergarten, und als ich das Musical „Linie 1″ vom Grips-Theater gesehen hatte, war mir schon früh klar: Wenn ich groß bin, gehe ich nach Berlin. Ich bin seit jeher durch und durch Großstädterin.

Der Umzug von der Großstadt aufs Dorf, den Ihre Figur Marie Gabler in „Mord mit Aussicht“ macht, ist für Sie demnach unvorstellbar?

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Marie wird ja nach Hengasch strafversetzt. Als Schauspielerin wurde ich das auch schon öfter – an Drehorte, wo mich privat keine zehn Pferde hinbrächten, aber das ist ja nicht auf Dauer (lacht). Ich würde mich auf dem Land vermutlich irgendwann akklimatisieren, da bin ich anpassungsfähig. Aber es drängt mich halt nicht dorthin – obwohl ich mir als jemand, der noch nie auf dem Dorf gelebt hat, nicht anmaßen würde, darüber zu urteilen.

Katharina Wackernagel (Mitte), Sebastian Schwarz und Eva Bühnen sind in den Hauptrollen der ARD-Serie „Mord mit Aussicht“ zu sehen.

Katharina Wackernagel (Mitte), Sebastian Schwarz und Eva Bühnen sind in den Hauptrollen der ARD-Serie „Mord mit Aussicht“ zu sehen.

Bei der ARD-Serie hat man Zweifel, ob sie übers Dorf urteilt – und zwar abschätzig.

Finden Sie?

Kinder heißen Otmar, nachts ruft das Käuzchen, Hauptgesprächsthema ist ein Bierkastenstapelwettbewerb. Alles irgendwie rückständig…

Ich habe das mehr als Überhöhung bestehender Klischees verstanden, die eher Klischees als ihre Realität karikieren. Aber damit spielen doch alle Dorfkomödien, oder? Mir war wichtig, meinen Teil so zu spielen, dass es auf dem Land schön ist, aber eng werden kann. Dass dort jeder jeden kennt, ist keine Karikatur, sondern normal. Nur: Hengasch bildet da sein eigenes Universum, in dem nicht nur Städter über Dörfler die Nase rümpfen, sondern auch umgekehrt. Das beruht auf Gegenseitigkeit, erweitert um eine weibliche Führungsperson, die nicht nur auf dem Land, sondern auch in der Stadt für Irritationen sorgt, denn für eine konservative Sicht auf Frauen muss man leider noch immer nicht aufs Dorf fahren.

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Kann „Mord mit Aussicht“ auf dem Weg zur Emanzipation lehrreich sein?

Wäre doch toll! Außerdem macht komödiantisch kaum etwas so viel Spaß, wie Vorurteile zu entlarven. Ich verstehe meine Figur so, dass sie all die Klischees eher staunend beobachtet, als sie zu kommentieren, aber dennoch empathisch genug ist, um in die Köpfe der Landbevölkerung zu blicken, anstatt von oben herab.

Ihre Vorgängerin hat dagegen öfter mit den Augen gerollt. Ist Sophie Haas eine Referenzgröße für Marie Gabler oder sitzt sie ihr im Nacken?

Da beide zu zwei Dorfbullen strafversetzt werden, die ihnen erstmal skeptisch gegenüberstehen, stimmt die Prämisse jedenfalls überein. Umso weniger ging es mir darum, Caroline Peters zu imitieren. Als ich der Rolle zugesagt hatte, hab‘ ich mir alle Folgen angesehen. Um Hengasch zu verstehen. Mir sitzt da nichts im Nacken. Und dass Fans der ersten Staffeln uns womöglich teilweise nicht mögen, empfinde ich nicht als Bedrohung. Ich will nur, dass es gut wird, dass es mir Spaß macht und den Zuschauern auch.

Apropos Spaß: Komödien haben Sie bislang eher selten gemacht, oder?

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Ein paar schon, aber eher im Independentbereich. Auch wenn ich darauf nicht trainiert bin und verglichen mit Maries Kollegen den ernsthafteren Part spiele, gefällt mir der skurrile Humor; da hat mir der Regisseur, was Rhythmus und Timing betrifft, sehr geholfen und Marie in die richtige Spur gesetzt.

Auf dieser Spur spielen die Krisen der Welt kurz keine Rolle. Gehört es zum Serienkonzept, für die Länge einer Folge abschalten zu können?

Es gehört generell zur Unterhaltung, sich mal zurücklehnen zu können. Aber auch, wenn der Ernst des Lebens draußen bleibt, nehmen wir die Figuren ernst. Da schließt sich der Kreis zur Eingangsfrage: Wir machen uns über niemanden lustig. Vielleicht gibt es politisch grad wichtigere Serien und Filme als unsere, aber von der Realität mal abzuschalten heißt ja nicht, dass einem alles Wurscht ist. Trotzdem tut es manchmal gut.

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