Berühmtes Internetfoto

Frau brüllt Freund ins Ohr: Woher kommt das kuriose Meme?

Auf einem oft geteilten Foto schreit eine junge Frau ihrem Freund etwas ins Ohr. Was steckt hinter dem lustigen Meme?

Auf einem oft geteilten Foto schreit eine junge Frau ihrem Freund etwas ins Ohr. Was steckt hinter dem lustigen Meme?

Hannover. Mit Internet-Memes ist es ja so eine Sache. Sie verbreiten sich rasend schnell über die sozialen Netzwerke, manche fluten in ihrer Hochphase regelrecht die Twitter- und Instagram-Timelines – ehe sie nach einigen Tagen wieder in der Versenkung verschwinden. Eine Sache jedoch bleibt häufig ungeklärt: Der Ursprung der witzigen Bilder, Gifs und Zitate – und wie es überhaupt zu einem Hype um sie kommen konnte.

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Seit ein paar Wochen wird nun erneut gerätselt. Diesmal geht es um ein Foto, auf dem ein junger Mann und eine junge Frau zu sehen sind – offensichtlich vor der Bühne eines Festivals. Sie, rechts stehend, hat ihren Arm um seinen Hals gelegt, den anderen groß gestikulierend ausgestreckt. Das Gesicht der Frau suggeriert: Ganz offensichtlich brüllt sie ihrem Freund etwas mit voller Leidenschaft ins Ohr. Der junge Mann im weißen T-Shirt kann dem offenbar nichts abgewinnen: Er blickt emotionslos ins Leere.

Seit ein paar Wochen verbreitet sich das lustige Foto, insbesondere auf Twitter. Hier wird es mit noch lustigeren Kommentaren überschrieben. Der Tenor ist immer derselbe: Das Mädchen redet langweiliges Zeug, der Typ muss zwangsläufig zuhören. Bei der Frage, was genau die junge Frau gesagt haben könnte, werden Twitter-Nutzerinnen und -Nutzer ziemlich kreativ.

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Von „Twilight“ bis Friedrich Merz

Eine meint, es werde wohl irgendwas mit den Twilight-Filmen zu tun haben:

Vielleicht aber erklärt die junge Frau auch gerade die Handlung der Serie „Fleabag“:

Möglicherweise sehen wir hier aber auch eine politische Diskussion. Etwa zum Fall der tanzenden finnischen Ministerpräsidentin Sanna Marin:

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Und wiederum andere legen der jungen Frau Originaltweets von Sigmar Gabriel in den Mund – hier etwa zur Debatte um die Winnetou-Bücher:

Unklar ist derweil, was die junge Frau tatsächlich gesagt hat, als das ikonische Foto geschossen wurde. Und warum der junge Mann tatsächlich so gelangweilt guckt. Was also ist die Geschichte hinter dem bekannten Meme?

Erste Tweets auf Spanisch

Klar ist: Erstmals machte das Foto wohl in spanischsprachigen Kreisen die Runde – und das schon 2019. Das hat die Website „Know your meme“ recherchiert. Der erste Tweet stammte seinerzeit offenbar vom Twitter-User @LejosEnBerlin. Auch er verwendete das Foto schon als Meme. In seinem fiktiven Post überschüttet die junge Frau ihren Kumpel mit platten Klischees über Schwule.

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„Ich kann nicht glauben, dass du so eine Verschwendung bist. Steht mir das gut oder macht es mich dick? Mein bester Freund ist schwul, sein Name ist Matias, kennst du ihn?“, lautet die Überschrift des Postings.

Sonderlich erfolgreich ist der Post nicht, nur etwa 40 Likes erhält der Tweet. In spanischsprachigen Meme-Kreisen verbreitet sich das Foto dennoch langsam weiter. In einem Tweet etwa lässt ein Twitter-Nutzer die junge Frau ihren Kumpel über Nahrungsergänzungsmittel aufklären. Immerhin 1000 Menschen gefällt das.

Mädchen philosophiert über Sternzeichen

Ganze drei Jahre dauert es, bis das Foto schließlich seinen Weg in die englischsprachige Social-Media-Welt findet. Im August machen erste Posts mit ähnlich lustigen Bildüberschriften die Runde. In einem Post des Users @BaldPrivilege spricht die junge Frau über Astrologie und warum sie wegen ihres Sternzeichens nicht in der Lage sei, andere mit konkurrierenden Sternzeichen zu treffen. Innerhalb von 24 Stunden erreicht der Tweet 10.000 Likes.

Am 17. August wird das Meme von Redditor MisterSnowmax im Reddit-Forum dankmemes gepostet, wo es binnen Stunden 16.000 Upvotes und 190 Kommentare erhält. Immer mehr Nutzerinnen und Nutzer und sogar große Unternehmen springen auf den Hype auf, posten passende Bildüberschriften auf Twitter. Ungefähr zur selben Zeit schafft das Meme auch den Sprung in die deutschsprachige Twittersphere und wird fortan in alle möglichen Diskussionen eingebunden.

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Die Website „Know your Meme“ ist es auch, die schnell die Identität der abgelichteten Personen herausfindet. Bei der jungen Frau handelt es sich um Denise Sanchez, die in Argentinien lebt. Der britischen Zeitung „Daily Mail“ erklärt Sanchez, wie es zu dem Foto kam.

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Aus Ursprungsfoto herausgeschnitten

Demnach wurde das Bild bei einem Silvesterstrandfestival in der Stadt Claromecó in Buenos Aires aufgenommen. Eine junge Frau habe das Foto gemacht – geplant war offenbar eine coole Pose vor der Festivalbühne. Dummerweise standen Sanchez und ihr Freund im Hintergrund – inklusive des gelangweilten Gesichtsausdrucks.

Das Mädchen habe das Foto schließlich auf Twitter geteilt und sich über das Pärchen beschwert. Die Überschrift des Fotos: „Wenn Fremde deine Fotos durcheinanderbringen“. Sie hätte es gerne verwendet, schließlich habe sie selbst großartig ausgesehen. Doch im Hintergrund seien „diese beiden Kinder mit diesem Gesicht“ gewesen, zitiert Sanchez die Frau. Sie habe es also nicht posten können.

Andere Twitter-Nutzer fanden das offenbar so witzig, dass sie massiv in das Foto hereinzoomten und das Pärchen aus der Szene herausschnitten. Das erklärt auch, warum das oft geteilte Foto so unscharf ist.

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Nichts erzählt, nur gesungen

Sanchez selbst sah das Foto erstmals in Form eines Memes auf dem Account einer Ernährungsberaterin, der sie folgt. „Dort wurde mir klar, wie es viral wurde. Viele Seiten mit Memes aus Argentinien begannen, es hochzuladen“, so die 21-Jährige gegenüber der „Daily Mail“. „Es war urkomisch zu sehen, wie es herumging“, zitiert die „Washington Post“ die Studentin. „Das Musikfestival hat uns sogar Freikarten für das nächste Jahr geschenkt.“

Aber was genau hat Denise Sanchez ihrem Freund denn nun wirklich ins Ohr geschrien? Waren es unnütze Serienfakten? War es eine Diskussion über Sanna Marin oder Winnetou? Waren es esoterische Sternzeichenfakten oder doch Halbwissen über Nahrungsergänzungsmittel?

Nichts von alledem. Sanchez habe gesungen, wie sie erklärt. Ein Cumbia-Lied, um genau zu sein – eines der beliebtesten Musikgenres in Argentinien. Das erklärt auch den Arm der 21-Jährigen, der in den Horizont gestikuliert – und die Leidenschaft, mit der sie ihren Freund umarmt. „So tanzen wir Cumbias“, sagt Sanchez. Leider könne sie sich nicht genau erinnern, welches Lied gespielt wurde, weil „es einfach so lange her ist“. Ihr Freund sei derweil schon ziemlich müde gewesen – was wiederum den gelangweilten Gesichtsausdruck erklärt.

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Sonst erklären „Bros“ die Welt

Der Erfolg des Memes kommt nicht von ungefähr. Bereits in der Vergangenheit hatten ganz ähnliche Bilder die Runde gemacht, jedoch mit einem großen Unterschied: Seinerzeit waren es vor allem Fotos von Männern, die Frauen ins Ohr brüllen. Die sogenannten „Bro explaining“-Memes wurden auch häufig verwendet, um auf das Phänomen des „Mansplaning“ aufmerksam zu machen – also der Umstand, dass Männer liebend gern Frauen die Welt erklären, obwohl sie von dem jeweiligen Themengebiet gar keine Ahnung haben.

Ein besonders bekanntes Meme dieser Art zeigt einen jungen Mann und eine junge Frau in einem Nachtclub. Aufgenommen wurde es während einer Party im schottischen Edinburgh. Die Frau auf dem Bild, Lucia Gorman, erklärt später der britischen „Sun“, dass sie keineswegs desinteressiert gewesen sei. Es sei nur schon sehr spät gewesen, und sie habe viel getrunken. So sei schließlich ihr gelangweilter Gesichtsausdruck zustande gekommen.

Auch Twitter-Nutzerinnen und -Nutzern ist die Parallele zu dem erfolgreichen Meme nicht entgangen. Einige haben inzwischen Collagen gebaut, die beide Fotos miteinander verbinden:

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Zu einer Romanze zwischen den beiden Protagonisten dürfte es allerdings nicht kommen. Zwar habe sich das Pärchen des berühmten Fotos längst getrennt, verrät Denise Sanchez der Website „Know your meme“ – inzwischen sei sie aber mit ihrem neuen Freund ziemlich glücklich.

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