„Mache ich das hier weiter?“ Lauterbach gesteht vor Schülern Gedanken ans Aufgeben
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Olaf Scholz sei „ein echter Freund", bewertete Karl Lauterbach sein Verhältnis zum Bundeskanzler.
© Quelle: SAT.1 / Claudius Pflug
Der „jüngste Untersuchungsausschuss Deutschlands“ schritt am Donnerstagabend bei Sat.1 zur Tat - und unterzog Bundeskanzler Olaf Scholz, Außenministerin Annalena Baerbock und Gesundheitsminister Karl Lauterbach einem strengen Check. Die Politgrößen stellten sich im Rahmen von „Kannste regieren? Baerbock, Scholz & Lauterbach zurück in der Schule“ den Fragen einer Berliner Schulklasse. Während Karl Lauterbach sich nur schwer von seinem in Talkshow erprobten, aber wenig kindgerechten Duktus lösen konnte, empfing der einmal mehr etwas kühle Olaf Scholz die Kinder in seinem Büro im Kanzleramt.
Am leichtesten im Umgang mit den Schülerinnen und Schülern tat sich indes Außenministerin Baerbock. Gleich zu Beginn flötete sie gut gelaunt: „Ich freue mich, wieder hier zu sein!“ Schon vor einem Jahr hatten sie die Kinder im Rahmen der Sendung „Kannste Kanzleramt?“ mit Fragen gelöchert. Rasch wurden die Themen weniger erbaulich, als die Fragen in Richtung des Ukraine-Krieges abzielten. „Wenn wir Ukraine nicht unterstützen würden, würden in vielen Orten ganz schlimme Dinge passieren“, verteidigte Baerbock die Waffenlieferungen, betonte aber auch, diese wäre zur Selbstverteidigung, nicht für einen Gegenangriff gedacht: „Wenn es einen großen Streit gibt, darf man sich wehren. Aber nicht einfach auf andere losgehen.“
Den Krieg habe sie schon vor dessen Ausbruch befürchtet, wie die Außenministerin verriet, schließlich habe es „Alarmzeichen“ gegeben. Traurige Gewissheit habe es dann in der Nacht vom 24. Februar gegeben: „Oh nein, mein Handy vibriert. Das kann eigentlich nur sein, dass es einen Angriff gab.“ Dabei habe sie zuvor noch versucht, dem russischen Außenminister Lawrow mögliche Kriegsabsichten auszureden: „Ihr schadet doch nur eurem eigenen Land, wenn ihr mit allen Spielregeln, die es gibt, alles kaputtmacht. Aber es hat offensichtlich nichts geholfen.“
Beim Geografie-Quiz kommt Annalena Baerbock ins Schwitzen
Angst vor Putin habe sie trotzdem nicht, versicherte Annalena Baerbock - zumindest nicht, dass sie persönlichen Schaden nehme. „Egal“ könne einem ein so „schlimmer Krieg“ dennoch nicht sein. „Mir macht das schon große Sorgen.“ Launiger wurde es, als die Grünen-Politikerin zum Geografie-Quiz gebeten wurde. Sie erbat sich bei den Kindern Hilfe, befürchtete sie doch bei Fehlern die Reaktion ihrer internationalen Kolleginnen und Kollegen: „Dann sagen sie: ‚Oh Gott, Sie dürfen nicht mehr zu uns kommen!‘“
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Gänzlich beschwingt endete schließlich der Baerbock-Besuch in der Tesla-Schule in Berlin-Pankow. Zunächst versuchten die Kinder der Politikerin die Tanzschritte des in den sozialen Medien populären „Jiggle Jiggle“-Tanzes beizubringen. „Da lacht meine Tochter ganz dolle drüber, weil sie mir den schon beibringen wollte. Und sie hat gesagt: ‚Mama, das ist so peinlich‘“, erzählte die 41-Jährige, hatte dann aber so viel Spaß, dass sie ihre jungen Gastgeberinnen und Gastgeber spontan zum „Macarena“-Tanz herausforderte.
Karl Lauterbach sieht Alice Weidel als „menschlich problematisch“
Den Tanzbär rauszulassen, das traut man Karl Lauterbach selbst in dessen beschwingtesten Momenten nicht zu. Auch bei „Kannste regieren?“ gab sich der Gesundheitsminister zunächst als Spielverderber. Er werde die Maske bei seinem Besuch dauerhaft tragen, denn: „Ich möchte ein Vorbild sein.“ Seinen anschließenden Witz: „Meine eigene Tochter sagt, mit Maske sei besser“ musste der Politiker als solchen bezeichnen, so verhalten fielen die Reaktionen aus. Eine Schülerin beschäftigte eher, ob die Ski-Freizeit im Januar wegen der Corona-Pandemie möglich sei. „Ich gehe davon aus, dass wir die Fallzahlen so gut in den Griff bekommen, dass wir diese Reisen durchführen können“, antwortete Lauterbach recht förmlich.
Überhaupt tat sich der 59-Jährige bei der für ihn ungewohnten Zuhörerschaft schwer, sich auf deren rhetorisches Niveau jenseits des Lanz-Duktus herabzulassen. Für seine Erklärungen über adaptierte Impfstoffe für die Omikron-Variante erntete Lauterbach nur fragende Blicke. Rhetorisch ungelenk versuchte er auch seine Beweggründe in Bezug auf Corona-Maßnahmen zu erläutern: „Ich versuche das so zu machen, dass ich das, was ich mache, so mache, dass jeder vernünftige Mensch, wenn das irgendwie geht, es eigentlich nachvollziehen können müsste.“
Unmissverständlich wurde der Gesundheitsminister, als er auf die Onlineanfeindungen gegen seine Person angesprochen wurde. Trotz der Notwendigkeit von gepanzerten Fahrzeugen und bewaffneten Personenschützern in seinem Alltag lasse er „sich nicht einschüchtern“. Trotzdem sei klar, dass die Beleidigungen „furchtbar“ seien, vor allem in einem Fall: „Wenn es meine Familie betrifft, hat es eine andere Dimension. Das sind die paar Momente, wo ich in den letzten zwei Jahren mal die Situation gehabt habe, wo ich gedacht habe: Mach ich das hier weiter oder nicht?“
Bei einem Spiel, in dem er Politkollegen als Freunde oder Nicht-Freunde klassifizieren sollte, kam Lauterbach im Anschluss in Zugzwang. Justizminister Marco Buschmann sei „nicht mein allerbester Freund“, druckste der Mediziner herum, Olaf Scholz dagegen sei „ein echter Freund“. Hart ging Lauterbach derweil mit Alice Weidel von der AfD ins Gericht, die er als „unehrliche, polemische Person“ bezeichnete: „Sie hetzt Menschen gegeneinander auf.“ Das sei gemäß Lauterbach „menschlich sehr problematisch“.
Scholz über Schröders Russlandverbindungen: „Hätten längst beendet gehört“
Zum Abschluss der Sat.1-Sendung lud Olaf Scholz die Schülerinnen und Schüler in sein Büro im Kanzleramt. Angriffsfläche bot er beim ungewöhnlichen Kreuzverhör wenig. Auf die Frage, ob er sich für einen guten Kanzler halte, antwortete der SPD-Mann demütig: „Ich bemühe mich und denke, dass das so ist.“ Zum Ukraine-Krieg konstatierte er: „Wir können helfen, dass die Ukraine sich verteidigen kann. Gleichzeitig müssen wir dafür Sorge tragen, dass Russland diesen Krieg beendet.“ Sehr zuversichtlich zeigte sich Scholz indes, dass ein Dritter Weltkrieg verhindert werden könne. Das wäre nicht nur „ganz furchtbar“, sondern: „Da würde überhaupt niemand gewinnen.“
Noch am spannendsten war die Meinung des Kanzlers zu einem seiner Vorgänger, Gerhard Schröder. Der Ex-Regierungschef hatte in den letzten Monaten mit einer berufsbedingten Nähe zu Russland für Schlagzeilen und Unverständnis gesorgt. Selbst ein Parteiausschluss aus der SPD stand zur Debatte. Dieser müsse vom Schiedsgericht der Partei abgewogen werden, machte Olaf Scholz deutlich, aber: „Leider hat er sich die Ansicht zu eigen gemacht, die dort im Hinblick auf den gegenwärtigen Konflikt existieren.“ Die Zusammenarbeit mit russischen Energieunternehmen hätte „längst beendet gehört“, urteilte Scholz.
RND/Teleschau
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