Die wundersame Verjüngung des Kai Pflaume

Moderator Kai Pflaume ist unter die Influencer gegangen.

Moderator Kai Pflaume ist unter die Influencer gegangen.

München. Irgendwann kommt der Punkt im Leben eines Mannes, da macht man sich Gedanken übers Älterwerden. Wenn der Stapel an atmungsaktiver Trekkingkleidung im Schrank wächst, wenn der Student nebenan dich plötzlich siezt, wenn die ARD-Telenovela mehr kickt als die neue Netflix-Serie.

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Und dann gibt es nur zwei Möglichkeiten: Man zählt die grauen Haare durch und nimmt das Schicksal, wie es kommt. Oder man dreht noch mal richtig den Swag auf, wie die jungen Leute sagen. Für Letzteres hat sich nun offenbar Kai Pflaume entschieden.

Falls Sie selbst schon sehr alt sind und nicht mitbekommen haben, was vergangene Woche im Internet geschah, hier zunächst die Facts: Kai Pflaume ist auf wundersame Weise 20, 30 Jahre jünger geworden. Ja, richtig gehört. Der Fernsehmoderator, der sonst angestaubte Quiz-Fernsehshows moderiert, turnt seit Kurzem wie ein junger Gott auf Youtube, Instagram und Tiktok herum. Und das mit 53.

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Zwischen Begeisterung und cringe

Vergangene Woche hat das auch Twitter mitbekommen, und sich umgehend darüber lustig gemacht. Dort wurde ein Ausschnitt von seinem Youtube-Kanal geteilt, der den Namen “Ehrenpflaume” trägt und auf dem er seit Anfang September mehrere Videos mit bekannten Influencern veröffentlicht. In dem Clip tanzt Pflaume mit dem Youtuber Felix von der Laden (Dner) zum Song “Rockstar” von Debaby und Roddy Ricch – das ist moderne Hip-Hop-Musik aus dem Internet.

Witzig an der ganzen Sache ist vor allem, dass von der Laden als 26-Jähriger selbst nicht einmal Tiktok benutzt – vermutlich, weil er gemerkt hat, dass das für seine Generation nichts mehr ist. Doch Pflaume blüht voll auf: Er erklärt dem Youtuber begeistert die App, und wie genau er da zu tanzen hat. Twitter-Nutzer kommentieren süffisant: “Kai Pflaume ist einfach die Personifizierung von Cringe” oder: “Kai Pflaume erinnert mich an den Vater aus ‘Modern Family’.”

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Ganz anders derweil auf Youtube: Hier lösen die Videos des Moderators zeitweise regelrechte Begeisterungsstürme aus: “Hätte nie gedacht, dass Kai Pflaume so ein cooler Typ ist”, heißt es da etwa. Knapp 330.000 Abonnenten hat der Moderator innerhalb weniger Wochen gesammelt, einige Videos wurden bis zu zwei Millionen Mal aufgerufen.

Porridge of the day

Das Influencer-Game, es scheint Pflaumes neue Passion zu sein. Auf seinem Tiktok-Kanal postet der Moderator Videos, auf denen er durch seinen Fitnessraum springt und im Sportdress auf einer Brücke tanzt.

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Pflaumes Instagram-Account ist von dem eines handelsüblichen Influencers praktisch nicht zu unterscheiden. Hier postet er Bilder seiner Workouts, Bilder mit Muskelshirt aus dem Urlaub, Bilder mit Internetpromis, die 30 Jahre jünger sind als er. In seiner Story zeigt er Bilder von trendigem Food, etwa dem Porridge of the day.

Der Autor Miguel Robitzky hatte schon im Juli auf Twitter verwundert angemerkt: “Ich bin Anfang 20 und Kai Pflaume hängt mit mehr Leuten in meinem Alter ab als ich.”

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“Sehr nicer Tipp”

Im aktuellen Video auf Pflaumes Youtube-Kanal begleitet der Moderator den Comedy- und Fitness-Youtuber Nico aka Inscope21. Schon im Videotitel bedient sich Pflaume einem Junge-Leute-Meme, nämlich “gar kein Bock”. Und gleich zu Beginn kündigt er an: “Heute ein Tag mit Nico, wir haben so viel vor, wir haben echt so ’nen coolen Plan für heute.”

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Und der sieht dann ungefähr so aus: Man begrüßt einander mit einem kumpelhaften Bro-Handschlag, unterhält sich über seine Fitnesserfolge, chillt auf dem Balkon und fragt einander, wie viel man eigentlich so “drückt”. Es folgt ein Stadtbummel, bei dem Kai Pflaume deutlich macht: “Man kann mit mir auch Scheiß machen und Scheiß reden.” Dann lässt man sich gemeinsam zu einer Waikiki-Bowl in der Stuttgarter Innenstadt nieder. “Das sieht sehr gut aus”, findet Pflaume, und ergänzt: “Sehr nicer Tipp.”

Dann geht’s in den Park. Pflaume fragt Nico, ob er “Influencers in the wild” kennt – einen Account, der Influencer heimlich bei ihrer Arbeit filmt und das Material veröffentlicht. Nico kennt das nicht. “Das kennst du nicht? So was kennst du nicht?”, fragt Pflaume ungläubig. “Das ist das Beste überhaupt auf Insta”, findet er.

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Plötzlich kommt es zum Culture-Clash

Dann kommen weitere Fitnessinfluencer hinzu – und es kommt zum lange befürchteten Culture-Clash: Pflaume, bisher voll im Jugendgame, versucht sich an einem Witz vor einem Montblanc-Store: “Wenn man viel Eiweiß isst, was gibt das? Tinte auf dem Füller!” Keiner versteht den Gag. “Kennst du den Spruch?”, fragt Nico seinen Freund Tim Gabel. “Den Ausdruck habe ich jetzt mal wieder gehört”, erwidert dieser zögernd.

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Kam nicht so gut an. Also zurück zum Wörterbuch der Jugendsprache. Pflaume erzählt Nico, was andere Leute so über ihn erzählen. Nico will wissen: “Wer hat das gesagt?” Pflaume erwidert: “Das sag ich nicht, ich bin ja keine Snitch.”

Ungefähr so geht das noch eine halbe Stunde weiter. Die Stimmung ist unangenehm vertraut, man pinkelt mit offener Tür, Pflaume erzählt immer mal wieder einen Witz aus dem vorletzten Jahrhundert. Und als man sich schließlich im Gamingzimmer zum Streamen trifft, wird es offenbar auch Youtuber Nico allmählich zu viel. Beide reden über den bekannten Streamer Montana Black. Pflaume fragt daraufhin: “Warst du auch schon mal in Montenegro?" Youtuber Nico kann sich kaum noch auf dem Stuhl halten – ob vor Lachen oder Fremdscham, ist nicht ganz ersichtlich. Kurz darauf endet das Video.

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“Strike-Ball ist ’ne Riesennummer”

Auf diese Art und Weise funktionieren alle Videos, die Pflaume seit Anfang September auf seinem Kanal “Ehrenpflaume” hochlädt. Er trifft Streamer Knossi, Fitnessinfluencerin Pamela Reif und Gamer Rewinside – die großen Jugendidole der heutigen Zeit, die teilweise selbst schon gar nicht mehr so jugendlich sind. Aber er verbringt nicht nur einen Tag mit ihnen, er bedient sich auf wundersame Weise ihrer Sprache, ihres Essens, ihrer Witze – als hätte er nie etwas anderes gemacht.

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Die Videos sind ein ständiges Wechselbad der Gefühle: Mal ist es Verwunderung, mal Fremdscham, mal auch Bewunderung – denn irgendwie hat all das fast schon Kultfaktor. Und dann ist da noch dieser ständige Sprung zwischen den Zeiten. Die Macher der Serie “Dark” wären begeistert. Da ist dieser Quizshow-Pflaume aus dem vergangenen Jahrhundert, mit Witzen, die heutzutage kein Jugendlicher versteht. Und dann ist da dieser 20 Jahre alte Pflaume, der Dinge wie “Snitch” oder “nice” sagt. Einer, der fest davon ausgeht, dass jede Person Mitte 20 auf Tiktok sein, Fitness machen und praktisch jeden verdammten Insta-Trend kennen und mitmachen muss.

Woher Pflaume all diese Wörter, diese Fitness- und Foodtrends kennt, das wird in einer Folge mit Influencerin Pamela Reif ersichtlich. Darin spaziert er mit ihr durch den Park und trifft dort auf ein paar Jugendliche. “Was ich super finde in solchen Parks: Man kann sich immer ein gutes Bild verschaffen, was die neuen Trendsportarten sind. Weil die werden ja immer auf solchen Grünanlagen ausprobiert”, verrät er. Nachdem die Gruppe Jungs ihr Können zeigt, urteilt Pflaume: “Ja, Strike-Ball ist ’ne Riesennummer. Macht mega Spaß, müsst ihr mal ausprobieren.”

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Porridgefotografie als Grenzerfahrung

Eins muss man Kai Pflaume lassen: Er versucht offenbar wirklich, “die jungen Leute” zu verstehen. Sein Format ist keines, das sich über Influencer erhebt. Da ist kein 53-jähriger Moderator, der kopfschüttelnd neben der Porridgebowl steht und sich ständig nur dafür interessiert, wie man eigentlich im Internet Geld verdienen kann. Kai Pflaume interessiert sich offenbar tatsächlich für ihre Leben, und er nimmt seine Gesprächspartner ernst. Nun gut, vielleicht ein kleines bisschen zu ernst.

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Nur einmal stößt der Moderator an seine Grenzen. Als Pamela Reif auf den Tisch steigt, um ihre neueste Porridgekreation zu fotografieren, platzt es aus ihm heraus. “Ich liebe das ja in der Foodfotografie. Aber das ist so unrealistisch.” Kein Mensch würde das zu Hause so anrichten wie auf dem Instagram-Foto, urteilt er. Auch im darauffolgenden Interview am Küchentisch scheinen Pflaume echte Zweifel am Business der Influencer zu kommen. Als Reif erklärt, dass sie auch im Urlaub Fotos von sich schießen lasse, erwidert Pflaume: “Das ist dann aber kein Urlaub, sondern eine Dienstreise.”

Von diesen erfrischenden Momenten könnte es eigentlich noch mehr geben. Denn dieser Blick eines 53-Jährigen in die Welt von Mitte-20-Influencern ist tatsächlich ziemlich unterhaltsam und aufschlussreich. Wäre er nicht so anbiedernd.

RND



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