Rückkehr der Werbeblöcke

Start von Avods in Deutschland: Was kann und will Amazons Gratisstreamingdienst Freevee?

Die Rückkehr zum Werbeblock: Der Advertising-Video-on-Demand-Anbieter Freevee ist Amazons Angebot in Zeiten der Inflation. Geboten werden viele exklusive Inhalte zum Nulltarif – werbefinanziert.

Die Rückkehr zum Werbeblock: Der Advertising-Video-on-Demand-Anbieter Freevee ist Amazons Angebot in Zeiten der Inflation. Geboten werden viele exklusive Inhalte zum Nulltarif – werbefinanziert.

Jetzt kommen also die Avods: Die Advertising-Video-on-Demand-Dienste. Heißt: Streaming – aber mit Werbung. Gehört hat man davon schon mal. Heute (3. August) startet als erster unter den Größen des Markts Amazons Freevee.

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So froh war man als Fan von TV-Fiktionen, als es irgendwann Serien in VHS-, DVD- oder Bluray-Boxen gab. Man bestimmte selbst, was man wann schaute und es ging auch sofort los mit dem Bingen, dem nächtelangen Rutschen durch ganze Serienstaffeln. Ohne, dass einem die üblichen betrüblichen Werbetreibenden auf die Nerven gingen, mit deren rhythmisch sich wiederholender TV-Marktschreierei sich eine Serienfolge bei Sat.1 oder Pro Sieben gefühlt über den ganzen Abend schraubte.

Die Streamingdienste machten Snickers und Krombacher die lange Nase

Dann kamen die Streamingdienste, und die Sache verfestigte sich. Man schaute ab den Zehnerjahren bei Netflix oder Prime Video Serien (oder Filme) werbefrei, die es – vor allem zum Zwecke dauerhafter Kundenbindung – gar nicht mehr haptisch (also in Form von Discs) gab. Snickers, Galama, Krombacher oder Audi mussten auch hier draußen bleiben. Die beiden vorgenannten Dienste und ihre Mitbewerber, zuletzt Disney+ und Apple TV+, wussten eben, dass wir vom Publikum unsere Zeit nicht gestohlen hatten.

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Seither wird man sogar bei den drei, vier Clips, die Wow (ehemals Sky) vor jede Episode von „Westworld“, „The Outsider“ oder demnächst dem „Game of Thrones“-Prequel „House of The Dragon“ schaltet, unruhig. Nein, wir wollen nicht alle naslang erleben, wie Jürgen Klopp für Privatkredite wirbt oder die gestresste Ingrid wieder mal mit der Stellenangebotssuchmaschine Indeed verwechselt wird und sich darüber beschwert.

Freewee hält finanziell klamme Streamingfans bei der Stange

Freilich hatte man auch sein Geld nicht gestohlen. Und so wurde und wird das fröhliche Seriengucken über immer mehr Streamingdienste inzwischen für nicht wenige geldbeutelbelastend. Zumal viele Anbieter zuletzt die Gebühren zuletzt merklich erhöhten – während ja auch überall sonst die Preise explodieren. Damit Abokündiger und kündigungswillige der Video-on-Demand-Branche nicht gänzlich verlorengehen – die teuren Eigenproduktionen müssen ja weiterhin finanziert werden – geht heute (3. August) als erster der großen Anbieter Amazon mit Freevee auf Sendung. Sachen, die sonst hinter einer Bezahlschranke verborgen bleiben würden, sind hier ohne zu entrichtenden Obolus zu sehen. Dafür kehren die Clips zurück. Der doch sehr saure Apfel, in den man beißen muss.

Deutschland ist nach den USA (seit 2019) und Großbritannien (seit 2021) das dritte Land, in dem Amazon neben der Bezahlvariante Prime Video auf ein werbefinanziertes Streaming setzt. Im Versuchsland USA hat sich der Service, der ursprünglich imdb-tv hieß, gut behauptet, und auch die Briten stehen total auf Umsonststreamen. Heißt es jedenfalls. Von „enormem Wachstum“ ist die Rede – Konkreteres ist auch auf Anfrage nicht zu bekommen („Bitte haben Sie Verständnis, dass wir uns nicht zu Zahlen äußern“).

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2022 steigert Freevee die Originalproduktionen um 70 Prozent

Die Sache sei in Schwung gekommen, sagte Jennifer Salke, die Leiterin von Amazon Studios bereits im April. „Wir freuen uns, diesen Schwung mit einem wachsenden Angebot an originellen und breit gefächerten Originals weiter auszubauen.“ Um 70 Prozent habe man die „Amazon Freevee Originals“ 2022 im Vergleich zum Vorjahr erhöht – Serien und Filme also, die nie ein Mensch zuvor auf frei empfangbaren Sendern oder bei anderen Streamingdiensten gesehen hat.

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Zum Beispiel „Bosch – Legacy“, das Spin-off von „Bosch“, der am längsten laufenden Prime-Video-Originalserie (schon ab heute zu sehen). Oder – geplant – „Beyond Black Beauty“, eine Serie, bei deren Titelnennung alle Pferdeliebhaberinnen und ‑liebhaber schon ein fröhliches Wiehern zu hören glauben. Oder – für August geplant – „Sprung“, eine Comedy mit „Fear the Walking Dead“-Star Garret Dillahunt und Phillip Garcia über zwei entlassene Zellengenossen, die sich für einen Neustart zusammentun, als gerade die Pandemie den Planeten lahmlegt. Spannend, gefühlsselig, komisch, qualitativ wertvoll? Man ist gespannt. Darüber hinaus gebe es „beliebte Filme“ und „Serienepisoden“ anderer Serien, ist in einer Mitteilung von Amazon zu lesen. Serienepisoden?

Sind nur einzelne Episoden von Serien zu sehen?

Zeigt man da etwa nur einzelne Folgen vornehmlich von Prime-Video-Juwelen, um das Freevee-Publikum doch noch oder doch wieder für bezahlte Inhalte zu begeistern? Serien wie das Fantasy-Thriller-Sozialdrama „Carnival Row“, das Sci-Fi-Coming-of-Age-Abenteuer „Paper Girls“, die Ein-Soldat-sieht-Rot-Actionserie „The Terminal List“ oder – demnächst – der epische Serienbrocken „Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht“ frei nach J. R. R. Tolkien haben schon das Zeug, eine Entscheidung für das Abomodell herbeizuführen.

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„Nein, es sind generell ganze Staffeln verfügbar“, lautet eine schriftliche Antwort der Freevees. Offenbar war „Serienepisoden“ nur eine irritierende Wortwahl.

Bei Freevee gibt es keine Werbung vorab, sondern eingebettet

Die Werbung bei Freevee erfolgt leider nicht vorab wie bei Sky, sondern in die Serienfolgen und Filme eingebettet wie bei Sat.1 und Co. Ein Freevee-Team achtet angeblich auf „sinnvolle Platzierung“, sodass kein wichtiger Dialog von Serienhelden durch „Indeed-Ingrid“ auseinandergerissen wird. Die Werbung ist auch zeitlich begrenzt, so hieß es auf RND-Anfrage bei der zuständigen Agentur Filmcontact in Berlin – auf nicht allzu knappe neun Minuten pro Fernsehstunde (früher waren es bei den deutschen Bezahlsendern zwölf Minuten, seit 2018 sind es 72 Minuten frei verteilbar auf die Zeit zwischen 18 und 24 Uhr).

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Da die großen Streaminghäuser Nutzeranalysen erstellen, wäre interessant, ob sich die Werbeangebote irgendwann personalisieren. Nach dem Motto: Wenn dein Dienst weiß, dass du gern Science-Fiction-Serien siehst, könntest du schon bald keine Werbung für Lippenstift mehr bekommen.

Freevee will im Avod-Sektor deutscher Marktführer werden

Los geht es mit Freevee sofort. Eine Prime-Mitgliedschaft ist nicht nötig. Man kann die Inhalte über die Prime-Video-App erhalten, aber auch – das ist vage versprochen für die „kommenden Tage“ – über eine eigenständige App auf Fire TV. Als Ziel formulieren die Freevee-Chefs für Inhalt, Lauren Anderson und Ryan Pirozzo die Marktspitze, oder, wie es im Streamingjargon heißt, man freue sich darauf, „die führende Avod-Destination in Deutschland zu etablieren.“

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Freies Streaming ist nun nicht das Neueste vom Neuen. In den USA hat Hulu schon seit sieben Jahren eine werbefinanzierte Alternative, seit Sommer des Vorjahres gibt es das Werbemodell auch bei HBO Max und Paramount+ (alle drei US-Dienste sind in Deutschland nicht auf dem Markt). Disney+ möchte noch in diesem Jahr mit einer Werbeversion starten.

Netflix macht den Spätzünder: „In ein bis zwei Jahren“

Auch Netflix will mit einem Modell dieser Art aufwarten, die das Unternehmen derzeit mit Microsoft als Technologiepartner entwickelt. Man hoffe, so sagte Netflix-Co-Chef Reed Hastings im April, die Netflix-Werbe-Version „in ein bis zwei Jahren auf die Reihe zu kriegen.“ Ist man Spätzünder oder plant man in Los Gatos etwas ganz Besonderes? Wie bei den Vorgenannten will Netflix allerdings auch hier eine Gebühr – geringer freilich als fürs werbefreie Streamen.

Gratis gibt’s einstweilen unter den Granden der Branche nur Freevee. Ob man sich als Zuschauer oder Zuschauerin aber für Black Beauty und Harry Bosch noch mal dauerhaft auf die überwunden geglaubte Art fernzusehen einlassen möchte?

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Darauf gibt’s nur eine Antwort: Mal sehen!

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