Fluchtthriller und Familiendrama: Die Serie „Moskito-Küste“ wäre auch im Kino ein Genuss
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Szene aus der Serie „Mosquito-Küste“.
© Quelle: Apple+
„Wie macht man Eis aus Feuer?“ Das fragt der Vater den Sohn und hält das Streichholz in den Ofen seiner kleinen Apparatur. Es ächzt, zischt, dampft, und wenige Sekunden später fällt unten tatsächlich ein Eiswürfel heraus.
Eine solche Feuer-Eis-Maschine war schon einmal 1986 auf der Kinoleinwand zu sehen. In Peter Weirs „Moskito-Küste“ stand sie mitten im lateinamerikanischen Dschungel, und kein Geringerer als Harrison Ford führte den Dorfbewohnern die zivilisatorische Errungenschaft der Eisproduktion vor. Nach dem Roman von Paul Theroux erzählte Weir die Geschichte des genialen Erfinders Allie Fox, der sich von der verrotteten US-Gesellschaft und dem drohenden Atomkrieg abwandte, um sich mit seiner Familie in der Wildnis ein neues Leben aufzubauen. Nun haben die Scouts von Apple TV+ den Roman noch einmal ausgegraben und nutzen das Aussteigerdrama als narratives Fundament für eine siebenteilige Serie.
Dabei geht Drehbuchautor und Produzent Neil Cross („Luther“) freizügig mit der literarischen Vorlage um, transferiert den Stoff in die Gegenwart, reichert ihn mit gesellschaftspolitischen Verweisen und Thrillerelementen an und entwirft letztlich ein ausschweifendes Prequel zur Romanhandlung.
Die Geschichte beginnt in den weiten Agrarlandschaften Kaliforniens, wo Allie Fox (Justin Theroux, Neffe des Romanautors) auf einer Gemüseplantage als Gelegenheitsklempner arbeitet. Eigentlich ist der Erfinder viel zu begabt für den unterbezahlten Job, aber Karriere ist für ihn keine Option. Die Familie pflegt einen abgeschiedenen Lebensstil. Die Kinder Dina (Logan Polish) und Charlie (Gabriel Bateman) werden daheim unterrichtet. Computer gibt es im Haus genauso wenig wie Handys. Der Vater ist ein bekennender Gegner der Konsumgesellschaft. „Für jedes Problem gibt es eine Lösung, wenn man nur danach sucht“, lautet sein Mantra.
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Aber ein Problem lässt sich nicht aus der Welt schaffen: Allie und seine Frau Margot (Melissa George) stehen auf der Fahndungsliste des Geheimdienstes NSA, dessen Häscher sind ihnen auf der Spur. Nur Minuten bleiben, bevor die Familie nach eingeübtem Fluchtplan ihr Haus verlässt. Warum der Vater gesucht wird, halten die Eltern vor den Kindern und die Drehbuchautoren vor dem Publikum geheim. In umgekehrter Richtung nutzen die Flüchtigen eine Migrantenroute durch die Wüste nach Mexiko.
In einer hochdynamischen Erzählung verknotet Cross Fluchtthriller und Familiendrama miteinander. Anders als Harrison Ford spielt Justin Theroux den Vater nicht als Spinner, sondern als Alleskönner. Nur sukzessive wird die narzisstische Persönlichkeitsstruktur aufgedeckt. Auch nach sieben Folgen sind nicht alle Karten dieser spannenden Serie auf dem Tisch – und auch visuell überzeugt „Moskito-Küste“ als künstlerisch anspruchsvolle Unterhaltung. Die brillanten Bilder wären auch auf einer Kinoleinwand ein Vergnügen.
„Moskito-Küste“, sieben Episoden ab 30. April bei Apple TV, von Neil Cross, mit Justin Theroux, Melissa George