Zoff um ein Pop-up-Fenster: Der Streit zwischen Facebook und Apple eskaliert

Das Logo von Facebook.

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Hannover. Auf den ersten Blick unterschiedet Apple und Facebook nicht viel voneinander: Beides sind Milliardenkonzerne, beide haben Millionen Nutzerinnen und Nutzer, beide prägen das digitale Leben. Doch einen kleinen, aber wichtigen Unterschied gibt es schon: das Geschäftsmodell.

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Facebook verdient sein Geld seit jeher mit Daten und Werbeanzeigen. Apple hingegen mit ziemlich teuren Endgeräten. Und bislang war das auch kein allzu großes Problem, weder für Nutzer noch für die Unternehmen selbst. Die Betonung liegt auf „bislang“. Denn nun tobt ein Streit zwischen den Unternehmen, der zum Ende des Jahres endgültig zu eskalieren droht.

Ein Pop-up sorgt für Ärger

Grund für den Zoff ist eine nicht ganz unbedeutende Änderung in Apples Betriebssystem iOS 14, die auch den Facebook-Konzern und seine Apps betreffen wird. Konkret geht es um ein kleines Pop-up-Fenster. Dieses soll den Nutzer künftig fragen, ob eine App seine Daten sammeln darf. Lehnt der Nutzer das ab, wird das Tracking unterbunden.

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Bislang war das anders: Wer eine App auf seinem iPhone installierte, stimmte bisher dem Tracking automatisch zu – es sei denn, er unterband es manuell in den Einstellungen. Daraus wird nun eine sogenannte Opt-in-Option: Apple verhindert standardmäßiges Tracking und der Nutzer muss im Vorfeld ausdrücklich seine Zustimmung geben. Erste Screenshots der Dialogfenster kursieren bereits im Netz.

Für iPhone-User dürfte das grundsätzlich erfreulich sein – schließlich wäre dies ein weiterer Schritt zu mehr Datenschutz und Transparenz. Nicht so erfreulich ist das hingegen für das Unternehmen, das fast ausschließlich sein Geld mit Daten und Tracking verdient: Facebook.

Facebook initiiert große Werbekampagne

Dessen Apps, etwa Facebook, Whatsapp und Instagram, gehören zu den meistgenutzten iPhone-Programmen überhaupt – und das Unternehmen kennt seine Nutzer genau. Unzählige Firmen schalten deshalb innerhalb dieser Apps personalisierte Werbung. Und die geplante Opt-in-Funktion für das Tracking sieht der Konzern als so große Gefahr, dass er seit Anfang der Woche mit einer großflächigen Kampagne dagegen vorgeht.

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In mehreren US-amerikanischen Zeitungen, darunter in der „New York Times“, im „Wall Street Journal“ und in der „Financial Times“, erschien eine ganzseitige Werbeanzeige des Konzerns, gleichzeitig ging eine Kampagnen-Website im „Business“-Bereich von Facebook online. In den Fokus dieser Kampagne rückte der Konzern allerdings nicht sich selbst – sondern das vermeintliche Schicksal vieler kleiner Gewerbetreibender, die sich von den Änderungen Apples bedroht sehen.

„Viele kleine Firmen haben ihre Bedenken über Apples neues Software-Update mit uns geteilt“, heißt es in der gedruckten Anzeige. Dieses würde die Möglichkeit, personalisierte Anzeigen zu schalten, für sie deutlich einschränken. Ohne die Möglichkeit der personalisierten Anzeigen müssten Unternehmen deutlich mehr Werbegelder ausgeben, um ihre Zielgruppe zu erreichen, heißt es weiter.

Australien verklagt Facebook
ARCHIV - 25.03.2018, Gro��britannien, London: Das Facebook-Logo ist auf dem Display eines Mobiltelefons zu sehen. (zu dpa "US-Regierung und 48 Bundesstaaten klagen gegen Facebook-��Monopol��") Foto: Dominic Lipinski/PA Wire/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Facebook bekommt noch mehr juristischen Ärger. Am Mittwoch verklagte Australien den US-Konzern wegen des Sammelns von Nutzerinformationen ohne Einwilligung.

„Das wird kleine Geschäfte töten“

Auf der eigens eingerichteten Kampagnenseite im Netz wird es dann noch ein ganzes Stück emotionaler: „Ich weiß wirklich nicht, was wir machen sollen“, sagt beispielsweise die verzweifelte Inhaberin eines Burgerladens in einem Video. „Das wird kleine Geschäfte töten“, ist sie sich sicher. Für ihr Unternehmen sei es essenziell, personalisierte Werbung zu schalten. „Ich wüsste nicht, wo mein Unternehmen heute wäre, wenn das nicht möglich wäre“, betont sie.

Ein Betreiber eines Kaffeeladens erzählt, dass kleine Firmen ohnehin schon mit den Folgen der Corona-Pandemie zu kämpfen hätten. Und jetzt komme auch noch „dieses andere Ding“ hinzu, nämlich das Update für Apples Betriebssystem iOS.

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„Das Update hat das Potenzial, mein Geschäft zum völligen Stillstand zu bringen“, sagt eine Unternehmerin. Eine andere glaubt, die neue Funktion würde sie künftig mehr Geld kosten – und eine weitere findet das Update einfach nur „sneaky“, also „hinterhältig“. Zum Ende des Videos rufen die Unternehmer Mitstreiter dazu auf, gemeinsam die Stimme gegen Apples Pläne zu erheben.

Facebook-Mitarbeiter kritisieren Kampagne

Auf viel Gegenliebe stößt die Kampagne bislang nicht – vor allem nicht bei den Mitarbeitern des Facebook-Konzerns. Die Website „Buzzfeed News“ zitiert aus internen Chats, in denen Mitarbeiter die Kampagne gar als „Heuchelei“ bezeichnen. „Es fühlt sich so an, als würden wir versuchen, eine schlechte Sache zu rechtfertigen, indem wir uns mit einer sympathischen Botschaft hinter Menschen verstecken“, soll ein Entwickler dort mitunter geschrieben haben.

Der Streit zwischen Facebook und Apple um den Datenschutzhaken brodelt derweil schon länger. Bereits seit einigen Jahren bewirbt Apple seine Produkte gezielt mit dem herausragenden Datenschutz, bezeichnet diesen gar als „grundlegendes Menschenrecht“. Bei Apples eigener Karten-App beispielsweise würden Navigationsdaten – anders als etwa bei Google Maps – nicht mit dem Nutzer in Verbindung gebracht.

Apple-Chef Tim Cook hatte in der Vergangenheit des Öfteren das Geschäftsmodell von Facebook kritisiert, etwa 2014. In einem Interview sagte Cook: „Wenn sie Geld verdienen, indem sie hauptsächlich personenbezogene Daten sammeln, haben Sie meines Erachtens das Recht, sich Sorgen zu machen.“ Und diese Sorgen treten jetzt, fast sieben Jahre später offenbar tatsächlich ein. Und Apple macht keine Anzeichen, von seinem Plan abzurücken.

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Warum Apple und Facebook einander nicht leiden können

Apple und Facebook liegen im Clinch – und der Streit eskaliert gerade so sehr, dass nichts nach Einigung aussieht. Das könnte Folgen für die Nutzer haben.

Apple hält an Plänen fest

„Es ist bereits klar, dass einige Unternehmen alles tun werden, um die Funktion zur Transparenz der App-Verfolgung zu stoppen“, so Craig Federighi, Software-Chef von Apple, kürzlich in einer Rede. „Wir brauchen die Welt, um diese Argumente für das zu sehen, was sie sind: ein dreister Versuch, den datenschutzinvasiven Status quo aufrechtzuerhalten.“

Tim Cook twitterte am 18. Dezember: „Wir glauben, dass Benutzer die Wahl haben sollten, welche Daten über sie gesammelt werden und wie sie verwendet werden. Facebook kann Benutzer weiterhin wie bisher über Apps und Websites hinweg verfolgen. Für die Transparenz der App-Verfolgung in iOS 14 müssen sie lediglich zuerst um Ihre Erlaubnis bitten.“

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Facebook selbst veröffentlichte im November ein Statement mit folgenden Worten: „[Apple behauptet], es gehe um Privatsphäre, aber es geht um Profit.“ Apple versuche gar, das „freie Internet hin zu bezahlten Apps und Dienstleistungen zu bewegen, wovon sie profitieren.“

Was bedeutet der Streit für die Nutzer?

Nun scheint der Streit zwischen den Unternehmen also zu eskalieren. Doch geht es hier wirklich nur um einen Kampf zweier Giganten? Oder hat der Zoff am Ende möglicherweise sogar Auswirkungen für die Nutzer?

Ganz auszuschließen wäre das zumindest nicht, denn mit Ähnlichem hat Facebook bereits gedroht. „Apples Updates können das Audience Network auf iOS 14 so ineffektiv machen, dass es möglicherweise keinen Sinn mehr ergibt, das auf iOS 14 anzubieten“, warnte der Konzern kürzlich. Im Klartext: Zumindest in der Theorie könnten Instagram, Whatsapp und Co. einfach aus dem App-Store verschwinden, wenn es Facebook zu bunt wird. Für viele Nutzerinnen und Nutzer wäre das die reinste Katastrophe.

Dass es tatsächlich so weit kommt, ist jedoch eher unwahrscheinlich. Denn für einen solchen Schritt sind beide Unternehmen viel zu sehr voneinander abhängig. Facebook würde mit einem Schlag eine enorme Anzahl von Kunden wegbrechen, Apple hätte fortan mit wütenden iPhone-Nutzern zu kämpfen, die die Hälfte ihrer beliebtesten Apps nicht mehr verwenden könnten – und im schlimmsten Fall zur Konkurrenz abwandern.

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Nicht der erste Fall dieser Art

Wahr ist aber auch, dass es solche Fälle in der Vergangenheit schon einmal gegeben hat. Anfang der 2010er-Jahre etwa mussten iPhone-Nutzer zeitweise ohne Youtube-App und ohne Google Maps auskommen, die bis dato standardmäßig im Betriebssystem iOS implementiert waren. Grund war damals ein Streit mit dem Unternehmen Google: Steve Jobs hatte dem Unternehmen vorgeworfen, das Betriebsystem Android von iOS abgekupfert zu haben.

Auch bei anderen Tech-Unternehmen gab es solche Vorfälle bereits: Ein jahrelanger Streit zwischen Google und Amazon beispielsweise führte dazu, dass die Streaming-Angebote des jeweils anderen nicht auf Geräten wie dem Amazon Fire TV oder dem Google Chromecast zu finden waren. Im Frühjahr 2019 legte man den Streit schließlich bei.

Wann genau Apples Datenschutzoption starten soll, ist übrigens nicht ganz klar. Ursprünglich war das Feature in iOS 14 schon für den Herbst 2020 angekündigt. Nach heftiger Kritik auch vieler App-Betreiber hatte Apple die Maßnahmen jedoch auf Anfang 2021 verschoben. An den Plänen wolle man jedoch festhalten, hieß es damals.

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