“Jenke-Experiment” zeigt, wie Plastik uns krank macht

Jenke von Wilmsdorff in Bergen von Müll. Sein neues „Jenke-Experiment“ zeigt, wie sehr uns Plastik krank macht.

Jenke von Wilmsdorff in Bergen von Müll. Sein neues „Jenke-Experiment“ zeigt, wie sehr uns Plastik krank macht.

Köln. Dieser Selbstversuch hatte es in sich: RTL-Reporter Jenke von Wilmsdorff hat sich in seiner Reihe „Das Jenke-Experiment“ die volle Dröhnung Plastik gegeben – und gezeigt, wie sehr uns der Müll krank macht. Das Experiment hatte für die Gesundheit des Reporters Folgen.

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„Es ist ein Experiment, das so noch niemand gewagt hat. Ich werde mich gewissermaßen selbst vergiften“, sagte der Reporter schon zu Beginn der Sendung. „Es könnte mich krank machen.“

Einen Monat lang steigerte er also unter ärztlicher Begleitung seinen Konsum an Pflege- und Lebensmitteln, die mit Plastik in Kontakt stehen. 64 Fertiggerichte und Snacks, Wurstaufschnitt und Muscheln sowie fettige Konserven standen auf dem Speiseplan des 53-Jährigen. Er konsumierte Fast Food in der Packung, trug Wäsche aus Kunstfasern, kaufte in Plastik verpackte Lebensmittel aus dem Supermarkt, trank ausschließlich Wasser aus Plastikflaschen und verwendete jede Menge Strohhalme, Duschgels oder Cremes in Plastikbehältnissen.

Ständige Kopfschmerzen

Das Ergebnis: Schon in den ersten Tagen des Experiments klagt der Reporter über ständige Kopfschmerzen. Später stellt er fest: „Ich habe das Gefühl, ich habe keine Vitamine mehr im Körper.“ Ein Laborergebnis zeigt: Schon nach zwei Wochen haben sich einige Giftstoffe im Blut des Reporters um das Zehnfache erhöht.

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Aufgeben will von Wilmsdorff aber nicht – er zieht die „Plastikdiät“ bis zum Ende durch. Nach vier Wochen stellt Biochemiker Stefan Moellhausen eine 200-fache Erhöhung von Weichmachern im Urin des Moderators fest. Im Blut ist es sogar eine 400-fache Erhöhung. Im Blut des Reporters fanden sich zudem auf einmal auch Aluminium „und andere Sachen, die da nicht hingehören“. Von Wilmsdorffs Fazit: „Alter, ist das krass.“

Krank sei der RTL-Reporter durch das Experiment zwar nicht geworden, seiner Gesundheit hat er damit jedoch keinen Gefallen getan. Die Weichmacher in von Wilmsdorff könnten noch gesundheitliche Folgen haben. Die Giftstoffe stehen im Verdacht, Diabetes und Krebs auszulösen.

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Auch Kinder haben Plastik im Blut

Doch diese Feststellung ist nicht das einzige Erschreckende in der Reportage. Für die Sendung wurden auch Kindergartenkinder auf Weichmacher untersucht. In einer Kita in Rösrath fand der Reporter zehn Familien, die bereit waren, ihre Kinder im Alter von drei bis fünf Jahren auf Weichmacherwerte untersuchen zu lassen. Die Ergebnisse: schockierend.

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Selbst verbotene Bisphenole wurden im Labortest nachgewiesen. Erstaunlicherweise fanden sich auch Rückstände von Weichmachern, die aus Herstellungszeiten stammen, in denen die Kleinen noch gar nicht auf der Welt waren. „Total erschreckend“, so eine entsetzte Mutter. „Ich bin total lost und weiß erst mal nicht, was ich machen soll.“

Das Problem bestätigt auch eine Studie des Robert-Koch-Instituts (RKI). Die Forscher stellten fest, dass viele Kinder Inhaltsstoffe von Plastik in sich tragen. Dafür wurden Urinproben von 2500 Studienteilnehmern im Alter zwischen drei und 17 Jahren ausgewertet. In 97 bis 100 Prozent der Proben seien Rückstände von Plastikinhaltsstoffen gefunden worden, insbesondere von Weichmachern.

„Unsere Studie zeigt eindeutig, dass Plastikinhaltsstoffe mit steigender Produktion auch vermehrt im Körper auftreten“, erklärte Marike Kolossa-Gehring, eine der Autorinnen der Studie und Toxikologin beim Umweltbundesamt, dem „Spiegel“. „Dabei ist wirklich besorgniserregend, dass die jüngsten Kinder als die sensibelste Gruppe am stärksten betroffen sind.“

Verbraucherzentrale warnt vor Plastik

Auch die Verbraucherzentrale warnt vor Plastikprodukten. Eine Laborstudie der Forschungsgruppe Plast X, die im September veröffentlicht wurde, zeigt, dass viele Alltagsgegenstände wie Joghurtbecher, Trink- und Shampooflaschen aus einem regelrechten Chemiemix bestehen. 34 Gegenstände haben die Forscher untersucht, in drei von vier getesteten Produkten waren Substanzen enthalten, die im Laborversuch Zellen schädigten. Von mehr als 1400 entdeckten Chemikalien konnten die Wissenschaftler außerdem nur 260 identifizieren.

„Das heißt, wir wissen zum Großteil nicht, womit wir es in den Kunststoffprodukten zu tun haben. Und wenn wir die Chemikalien nicht kennen, können wir auch nicht bestimmen, ob sie sicher für Mensch und Umwelt sind“, erklärt die Erstautorin der Studie, Lisa Zimmermann. Sie verweist auf durchgeführte Zelltests, in denen die Forscher „deutlich negative Auswirkungen“ beobachten konnten.

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Tiere sterben durch Plastik

Ganz nebenbei hat Plastik aber auch verheerende Folgen für die Umwelt: Kaum eine Bedrohung der Meere ist heute so sichtbar wie die Belastung durch Plastikabfälle, warnt der Nabu. In knapp 100 Jahren habe das Material den Planeten unwiederbringlich verändert. Wurden in den 1950er-Jahren knapp 1,5 Millionen Tonnen Plastik pro Jahr produziert, sind es heute fast 300 Millionen Tonnen. Und ein viel zu großer Teil davon landet im Meer.

Die Überbleibsel kosten laut Nabu jedes Jahr bis zu 135.000 Meeressäuger und eine Million Meeresvögel das Leben. „Die Tiere verhungern mit vollen Mägen, da Plastik den Verdauungsapparat verstopft, Wale und Delfine, aber auch Schildkröten verfangen sich in alten Fischernetzen, ertrinken oder erleiden schwere Verletzungen bei Befreiungsversuchen“, so die Organisation.

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Ein Leben ohne Plastik: Ist das möglich?

Doch wie gelingt ein Leben ohne schädliches Plastik? Das „Jenke-Experiment“ gab einige Tipps: Frisch gekochte Nahrung und keine Fertiggerichte, Kleidung aus naturbelassenen Stoffen statt aus Kunstfasern sowie der Verzicht auf Plastikgeschirr. Außerdem solle man im Supermarkt auf alle Produkte verzichten, die sinnlos in Plastik eingepackt sind.

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Die Verbraucherzentrale rät: „Sofern möglich, sollten Sie vor allem Lebensmittel unverpackt einkaufen. Biobasierte Kunststoffe wie Polymilchsäure, Papier und Karton sind nicht unbedingt sicherer. Lebensmittelverpackungen aus Kunststoff sollten besser nicht erhitzt werden, weil dann noch leichter Chemikalien auf den Inhalt übergehen können.“ Entwarnung gaben die Wissenschaftler lediglich bei zwei von acht untersuchten Kunststoffen: HDPE und PET. „Wenn unklar ist, aus welchem Material der Joghurtbecher besteht, bleibt Joghurt in Pfandgläsern als Alternative.“

RND/msc

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